So verlief die erste TV-Debatte zwischen Harris und Trump
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Beschuldigungen und Lügen:So verlief die erste TV-Debatte zwischen Harris und Trump

Harris trocknete Trump in der Debatte ab – jetzt auch in den Umfragen
Nur ein einziger Swing State hält dem Ex-Präsidenten die Stange

Wer hat am meisten von der TV-Debatte profitiert – Kamala Harris oder Donald Trump? Ein Blick in die neuesten Umfragewerte zeigts. Und nicht nur das: Aktuell wiederholt sich ein Wahlkampf-Szenario aus 2020.
Publiziert: 05.09.2024 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 15:43 Uhr

Die Demokratin Kamala Harris ist die klare Siegerin der TV-Debatte der vergangenen Woche. Das zeigen auch die neusten Umfragewerte aus den USA. Aktuell führt sie in fünf von sieben Swing States vor dem republikanischen Kandidaten Donald Trump. In einem der US-Bundesstaaten liegen die beiden Kontrahenten gleichauf. Damit wiederholt sich beinahe exakt das Wahlkampf-Szenario 2020, als Trump noch gegen den aktuellen US-Präsidenten Joe Biden antrat.

14:01 Uhr

Harris profitiert in Umfragen von TV-Debatte

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Mit Argusaugen beobachte ich seit letztem Dienstag die Umfragewerte von Kamala Harris (59) und Donald Trump (78). Die TV-Debatte zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten versprach, die Zahlen nochmal richtig durcheinanderzuwirbeln. Tatsächlich lassen sich jetzt, etwas mehr als eine Woche nach der Debatte, erste Folgen ebendieser in den Umfragen erkennen. Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen – du hoffentlich auch?

Das sagen die Zahlen zur TV-Debatte

Laut neuesten Daten der Analyseplattform FiveThirtyEight führt Harris in fünf von sieben Swing States – zumindest haarscharf: In Michigan erhält die Demokratin 48,2 Prozent Zustimmung, Trump 45,7 Prozent. In Nevada kommt Harris auf 47,3 Prozent der Stimmen, Trump überzeugt nur 46,2 Prozent der potenziellen Wähler. In North Carolina ist es ein richtiges Kopf-an-Kopf-Rennen: 47,5 Prozent sind für Harris. 47,3 Prozent für Trump.

In Pennsylvania und Wisconsin liegt Harris jeweils beinahe zwei Prozentpunkte vor ihrem Kontrahenten. Harris’ Erfolg in Pennsylvania ist besonders überraschend: Der US-Bundesstaat gehört zu den am härtesten umkämpften Staaten – und hat eher einen republikanischen Touch.

Trump in nur einem Swing State in Führung

In einem Bundesstaat (Arizona) liegen Harris und Trump gleichauf – beide erhalten 47,1 Prozent der Stimmen. Und in nur einem der sieben Staaten führt Trump noch immer: Georgia. Hier sichert sich der Republikaner einen winzigen Vorsprung, mit 47,5 Prozent zu 47,2 Prozent. Klar, bei den Daten von FiveThirtyEight muss beachtet werden, dass es sich um Durchschnitte von einer Vielzahl anderer Umfragen handelt, und es daher ein Annäherungsversuch an die Realität ist.

Trotzdem sind die neuesten Zahlen beeindruckend. Harris’ Debatten-Sieg ist somit glasklar. Vor der Debatte schrieb ich noch, dass solche TV-Auftritte kaum einen Einfluss auf die (Un-)Beliebtheit von Kandidaten hätten – ausser natürlich im Fall von US-Präsident Joe Biden (81), der aufgrund der TV-Debatte gegen Trump aus dem Rennen ausstieg. Wenn ich mir aber die aktuellen Umfragewerte so anschaue, muss ich meine Prä-Debatten-Aussage wohl revidieren.

Wie schneidet Harris im Vergleich zu Biden ab?

Wir alle sind immer wieder erstaunt von Harris’ Umfragenerfolg in den Swing States. Kein Wunder: In allen diesen Bundesstaaten lag Biden hinter Trump, bevor er das Rennen verliess. Aber wie sah es im Jahr 2020 aus, als Biden das erste Mal gegen Trump antrat – und die Wahlen gewann? Interessanterweise ziemlich ähnlich – das macht den Demokraten Hoffnung.

Biden gewann damals die Swing States Arizona, Michigan, Nevada, Pennsylvania, Georgia und Wisconsin – North Carolina verlor er an Trump. Bei Harris sieht es ganz ähnlich aus, mit dem Unterschied, dass sie in Georgia hinter Trump liegt – dafür in North Carolina vor dem Republikaner. Das ist an sich aber kein Problem: Beide Staaten kommen auf 16 Wahlmännerstimmen. Somit spielt es, salopp gesagt, keine Rolle, welche der beiden Harris für sich entscheiden kann – solange sie mindestens einen der beiden gewinnt.

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Sehr knapp könnte es dafür in Arizona werden. Laut FiveThirtyEight liegen Harris und Trump gleichauf. 2020 gewann Biden den Staat mit nur 0,31 Prozent Vorsprung vor Trump. Aber 0,31 Prozent liegen in den aktuellen Umfragen in der Messungenauigkeit. In Ohio und Florida, die 2020 ebenfalls als Swing States galten, verlor Biden gegen Trump. Auch Harris liegt aktuell auf dem letzten Platz in diesen beiden Staaten. Kurzum: Die jetzigen Wahlen sehen beinahe identisch aus wie die 2020. Die Interpretation dieser Erkenntnis überlasse ich an dieser Stelle dir.

05.09.2024, 18:30 Uhr

Latinos strömen zu Trump ­– und jeder Siebte kann sich nicht entscheiden

Von Samuel Schumacher, Ausland-Reporter

Nicht, dass sie seine Unterstützung angestrebt hätte, aber: Wladimir Putin (71) hat sich gerade als Kamala-Harris-Fan geoutet. «Wir werden sie unterstützen. Ihr ansteckendes Lachen ist ein Zeichen dafür, wie gut es ihr geht», spasste der Kriegsverbrecher und Kreml-Herrscher am Donnerstag im russischen Fernsehen.

Putin – das zeigen jüngste Berichte amerikanischer Geheimdienste – wird auch 2024 wieder kräftig bei den amerikanischen Wahlen mitmischen. Trotz seines jüngsten Kamala-Kommentars: Die Vermutung liegt nahe, dass er und seine virtuellen Schergen mit Hackerangriffen und Desinformationskampagnen (wie schon 2020) alles daran setzen werden, Donald Trump (78) an die Macht zu bringen.

Latinos strömen zu Trump

Auch unter den offiziell Wahlberechtigten (und dazu gehört Putin zum Glück nicht) gibt es laut Umfragen überraschenden Support für den Republikaner. Unter den Latinos – mit 36,2 Millionen Stimmberechtigten die mächtigste Minderheit in den USA – steigen die Zustimmungswerte auf Rekordlevel. Mehr als jeder dritte Wählende mit lateinamerikanischen Wurzeln will am 5. November für Trump einwerfen.

Mike Madrid, ein kalifornischer Wahlkampfstratege, bezeichnet die Latinos in seinem Buch «The Latino Century» als «die neuen Reagan Demokraten»: von der Gesinnung her liberal, aber wirtschaftlich voll auf republikanischer Linie. Vor allem jüngere Latino-Männer würden sich von Trumps Wirtschaftspopulismus blenden lassen. Ein Beispiel: In Nevada, einer Latino-Hochburg, setzt sich Trump für die Abschaffung der Steuern auf Trinkgelder ein.

Keinen Bock auf «mentale Plantage»

Auch bei den schwarzen Wählerkreisen kann Trump noch einmal zulegen. Als ich bei den Midterm-Wahlen im November 2022 in Georgia mit schwarzen Teilnehmern einer Rallye für den schwarzen Senats-Kandidaten Hershel Walker plauderte, sagte mir einer: «Wir haben es satt, von den Demokraten auf einer mentalen Plantage gehalten zu werden.» Schwarze seien frei in ihrer Wahl, und er wolle nichts mehr hören von den Demokraten.

Rund 12 Prozent der schwarzen Wählerschaft stellt sich laut Umfragen 2024 hinter Trump (und wohl ein Grossteil der 7 Prozent, die bis vor Kurzem Robert Kennedy Junior unterstützten). Zusammengenommen wären das Rekordzahlen für einen republikanischen Kandidaten – und das ausgerechnet im Rennen gegen die erste schwarze Präsidentschaftskandidatin. Schwarze Unterstützer betonen in Interviews oft, dass es ja die Grand Old Party war, die sich einst für die Abschaffung der Sklaverei einsetzten (lange her, aber stimmt).

Jeder Siebte ist noch unentschlossen

Trump selbst setzt auf ein weiteres Argument, um die Schwarzen abzuholen: Nach seiner (noch nicht rechtskräftigen) Verurteilung im New Yorker Schweigegeldprozess (wir erinnern uns: Stormy Daniels und so) zog er öffentlich über die unfaire Justiz her und rief den Schwarzen zu: Seht her, ihr und ich, wir sind beide Opfer dieser Inquisitoren!

Natürlich hat auch Kamala Harris Unterstützer aus überraschender Ecke: Die prominente Ex-Republikanerin Liz Cheney, Tochter von George W. Bushs Vize Dick Cheney, oder den einstigen republikanischen Abgeordneten und Irak-Kampfjetpiloten Adam Kinzinger, der als einziger Republikaner am Parteitag der Demokraten gesprochen hat. Dass Harris bald noch deutlich mehr Republikaner hinter sich versammeln könnte, darauf arbeitet die Gruppe «Republican Voters Against Trump» hin. Seit Dienstag buttert sie 11,5 Millionen Dollar in Anti-Trump-Werbung in wichtigen Swing States.

Fast am überraschendsten aber ist der Umstand, dass offenbar noch immer jeder siebte Wahlberechtigte keinen Schimmer hat, wen er oder sie am 5. November wählen will. Der Kontrast zwischen den beiden Kandidierenden könnte grösser ja kaum sein.

03.09.2024, 16:57 Uhr

Knapp, knapper, US-Wahlen – Georgia und North Carolina sorgen für Überraschungen

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Langsam wird es richtig spannend, meine Lieben: Die Demokratin Kamala Harris (59) und der Republikaner Donald Trump (78) haben noch neun Wochen Zeit, die US-Bevölkerung von sich zu begeistern. Dann stehen im November schon die Wahlen an. Es ist ein wahnsinnig enges Rennen: Laut «FiveThirtyEight», einer US-Analyseplattform, liegt Harris im Durchschnitt aller nationalen Umfragen nur 3,3 Prozent vor Trump.

Nicht nur bei den nationalen Umfragen, auch bei den Wahlmännerstimmen ist es eng: Laut der Plattform «270 To Win» hat Harris Stand Dienstag erst 98 von 270 benötigten Stimmen sicher in der Tasche, Trump dagegen 118 Stimmen. Ganze 140 Wahlmännerstimmen sind noch nicht vergeben. Je 16 davon in den US-Bundesstaaten Georgia und North Carolina – und dort könnte es jetzt noch zu einem richtigen Wahlkrimi kommen.

Die Situation in Georgia

Umfragen der «New York Times» und dem Siena College im August ergaben, dass Trump in Georgia aktuell ganze vier Prozent vor Harris liegt. Das ist für diesen Wahlkampf viel – aber andere Umfragen sagen etwas ganz anderes: Laut dem Umfrage-Durchschnitt von «FiveThirtyEight» ist es in Georgia sogar noch knapper – Harris liegt aber mit 46,6 Prozent haarscharf vor Trump mit 46,0 Prozent. Ihr seht: Es ist alles super verwirrend.

Das ist auch bei den Wahlmännerstimmen in Georgia so: Der Bundesstaat ist ein sogenannter «Toss Up» – man weiss also immer noch nicht, welcher Kandidat oder welche Kandidatin den US-Bundesstaat für sich entscheidet – oder ob das überhaupt einer der beiden schafft bis im November.

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Bei den letzten Wahlen ging Georgia an die Demokraten. Aber es war wahnsinnig knapp. US-Präsident Joe Biden siegte mit 0,23 Prozent Vorsprung (49,47 Prozent der Stimmen) vor seinem Widersacher Donald Trump. Das Ergebnis war so knapp, dass die Stimmen sogar ein zweites Mal ausgezählt wurden. Es ist also alles andere als sicher, dass Harris dieses Jahr ebenfalls ein Sieg gelingen wird.

Die Situation in North Carolina

Laut der US-Tageszeitung «Politico» ist North Carolina, das Trump sowohl 2016 als auch 2020 gewonnen hat, der einzige «Swing State» in dem der ehemalige Präsident in allen Umfragedurchschnitten führt. Aber dieser Vorsprung beträgt nur etwa 1 Prozent. Auch in North Carolina sind die 16 Wahlmännerstimmen noch nicht vergeben. Hier wird ebenfalls von einem «Toss Up» gesprochen. Sicher ist also auch hier absolut gar nichts.

Im Jahr 2020 wurde ein Sieg für Biden in North Carolina vorhergesagt – der sich allerdings nicht bewahrheitete. Trump gewann North Carolina mit 49,93 Prozent der Stimmen, Biden verlor knapp mit 48,59 Prozent. Es war Trumps knappster Sieg bei den US-Wahlen 2020 – kann er dieses Ergebnis 2024 reproduzieren? Wer weiss.

Und das alles bedeutet …?

Der erste Montag im September – der US-Feiertag «Labour Day» – ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu den US-Wahlen, und Harris hat ihn mit einem geringen Vorsprung vor Trump erreicht. Laut Wahlsimulationen von «FiveThirtyEight» gewinnt Harris in 57 von 100 Fällen die US-Wahlen. Doch die Umfragen liegen in allen US-Bundesstaaten ausserordentlich eng beieinander, es könnte sich also noch einiges tun.

Foto: keystone-sda.ch

Aber: Bei modernen US-Präsidentschaftswahlen ist der Stand des Rennens am «Labour Day» in der Regel ziemlich genau so, wie er nach den Wahlen im November aussieht.

22.08.2024, 13:57 Uhr

Kennedys Wahlkampf-Aus könnte Harris-Traum zunichte machen

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Da warens nur noch zwei – oder zumindest fast. Robert F. Kennedy Jr. (70) wird am Freitag wahrscheinlich das Aus seiner – zugegebenermassen skurrilen – Präsidentschaftskampagne bekanntgeben. Robert wer? Er ist ein Neffe des ehemaligen US-Präsidenten John F. Kennedy (1917-1963) und versuchte sein Glück zuerst als demokratischer, dann als unabhängiger Kandidat im US-Wahlkampf 2024. Betonung auf versuchte.

Wirklich erfolgreich war die Sache nicht: Laut der Umfrageplattform «FiveThirtyEight» erhält er auf nationaler Ebene im Schnitt nur 4,9 Prozent der Stimmen. Seine Höchstform erreichte er im Mai mit 10 Prozent Zustimmung. Ein weiteres Problem für Kennedy: Er steht nur in drei wichtigen «Swing States» – das sind die US-Bundesstaaten, in denen noch unklar ist, welche Partei gewinnen wird – auf den Wahlzetteln. Dass er dazu auch noch mehr Geld für den Wahlkampf ausgab, als er einnahm, kommt noch erschwerend hinzu.

Kennedy will Wahlkampf beenden – schliesst er sich Trump an?

Jetzt soll Schluss sein, verrät zumindest Kennedys Vize-Kandidatin Nicole Shanahan (38). Sie erklärt kürzlich in einem Podcast: «Für uns gibt es zwei Optionen: Entweder, wir bleiben im Rennen und riskieren eine Präsidentschaft von Harris und Walz, weil wir Stimmen von Trump abziehen», sagte sie. «Oder wir ziehen uns zurück und verbünden uns mit Trump.»

Besonders die zweite Option klingt für mich sehr realistisch. Schliesslich kündigte Kennedy für Freitag eine Rede in Phoenix, der Hauptstadt von Arizona, an. Auch der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump (78) hält sich gerade in Phoenix auf. Schicksal? Ich bin mir da nicht so sicher. Schliesslich verriet Trump am Dienstag, dass er sich eine politische Zusammenarbeit mit Kennedy gut vorstellen könnte. Und Shanahan behauptet ja, dass ein Austritt Kennedys dem Republikaner gegen seine demokratische Kontrahentin Kamala Harris (59) helfen würde. Aber was sagen die Zahlen dazu? Nur so viel im Voraus: Es ist komplexer, als es aussieht.

Abgang von Kennedy wird für Harris gefährlich

Was allemal klar ist: Das republikanische Publikum mag Kennedy mehr, als die Demokraten. In einer nationalen «NBC»-Umfrage vom Juli (also bevor US-Präsident Joe Biden (81) seinen Rückzug bekanntgab) waren 33 Prozent der Kennedy-Wähler eigentlich republikanisch, nur 15 Prozent demokratisch. Da ist es naheliegend, dass ehemalige Kennedy-Wähler im November ihr Kreuzchen bei Trump setzen werden.

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Neueste Zahlen zeigen ausserdem, dass Harris in Umfragen besser abschneidet, wenn Kennedy mit einbezogen wird. Der Grund: Kennedy erhielt anfangs die Unterstützung vieler Demokraten, die mit Biden als Kandidat unzufrieden waren. Diese Wähler kehren jetzt, da Harris als Kandidatin antritt, zu den Demokraten zurück. Heisst: Die demokratischen Wähler, die für Kennedy waren, sind grösstenteils bereits wieder zu ihrer ursprünglichen Partei zurück.

Aktuell leidet also vor allem Trump unter Kennedys Kandidatur. Das zeigt sich auch in den hart umkämpften «Swing States»: Kennedy steht zwar nur in Georgia, Michigan und North Carolina auf den Wahlzetteln, spielt aber auch in anderen «Swing States» eine ziemlich grosse Rolle. Für diese Analyse stütze ich mich auf die nationalen Umfragedurchschnittswerte, die «FiveThirtyEight» regelmässig publiziert und konzentriere mich auf die «Swing States» Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin.

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Diese sechs US-Bundesstaaten werden aktuell von Demokratin Harris angeführt. In Arizona liegt Harris mit 45,6 Prozent nur knappe 1,2 Prozent vor Trump – Kennedy verzeichnet 5,2 Prozent Zustimmung im Südstaat. Bedeutet: Wenn tatsächlich einige der aktuellen Kennedy-Wähler zu Trump-Wählern werden, hat Harris das Nachsehen. Ähnlich sieht es auch in Georgia aus. Hier führt Harris mit minimalen 0,7 Prozent vor Trump, Kennedy schnappt sich 3 Prozent der Stimmen. Auch in Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin würde ein Abgang Kennedys das Blatt wohl ganz knapp zugunsten Trumps wenden. Klar, es gibt auch noch die Wähler, die nach einem Kennedy-Abgang nicht wählen werden oder sich doch noch für Harris entscheiden würden. Aber das dürfte ein sehr kleiner Teil sein.

Dass Kennedy seine Unterstützung für Trump ernst meint, zeigt auch der Zeitpunkt der Rücktritts-Gerüchte. Aktuell findet in Chicago der Parteikonvent der Demokraten statt (heisser Tipp am Rande: Mein Kollege und USA-Experte Peter Hossli ist vor Ort und liefert spannende Insights – reinlesen lohnt sich!). Wie das «Center for Politics» analysiert, erhalten die Kandidaten nach ihrem jeweiligen Parteikonvent ein bisschen mehr Zustimmung. Die Nachricht, dass Kennedy aus dem Rennen zurücktreten wird, könnte Harris’ «convention bump» überschatten. Fies, nicht? Naja, die Demokraten taten genau dasselbe: Nur drei Tage nach dem republikanischen Parteitag kündigte Biden an, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen.

15.08.2024, 16:25 Uhr

Kamala Harris hängt Trump immer weiter ab

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Im US-Wahlkampf dreht sich aktuell alles nur um die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris (59). Das ist absolut verständlich – schliesslich legte sie einen Traumstart in ihren Wahlkampf hin. Seit US-Präsident Joe Biden (81) seinen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen bekanntgab, befinden sich die Demokraten auf der Überholspur.

Heisst für mich in der Umkehrung: Die Republikaner rund um ihren Kandidaten Donald Trump (78) verlieren – und zwar hart. Aber ist das wirklich so? Schliesslich war der exzentrische Republikaner über Monate hinweg der Favorit eines jeden Polit-Experten. Da stelle ich mir die Frage: Sieht es wirklich so unglaublich schlecht aus für Trump – oder wollen wir ihm einfach keinen Sieg gönnen und feiern Harris deswegen «zu sehr»?

Trump hat in den Umfragen keine Chance gegen Harris

Werfen wir einen Blick in die Zahlen. Am Mittwoch erschien der «Cook Political Report», der in regelmässigen Abständen Umfragen zum Wahlverhalten der Amerikaner analysiert. Darin liegt Harris mit 48 Prozent Zustimmung zu 47 Prozent Zustimmung vor Trump. Auch in sechs von sieben «Swing States» (also den US-Bundesstaaten, die weder traditionell demokratisch noch republikanisch wählen) hat Harris die Nase vorn. Zu einem noch viel krasseren Ergebnis kommt die Analyseplattform «FiveThirtyEight». Im Durchschnitt aller nationalen Umfragen führt Harris mit sage und schreibe 2,7 Prozent die Tabelle an.

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Republikanische Wähler wenden sich ab

Es gibt aber einen sehr interessanten Faktor in der Gleichung: Weisse Personen ohne höheren Schulabschluss – aus der «Working Class». Diese demografische Gruppe wird (zumindest in den «Swing States») matchentscheidend sein. Und eigentlich, so erklärt der US-Sender CNN, gehören diese Personen zu Trumps «Kern-Zielgruppe». Eigentlich. Denn auch hier verkleinert Harris ihren Rückstand auf Trump. Laut einer Umfrage der US-Zeitung «New York Times» und dem Siena College erhielten die Republikaner im Juli 25 Prozent mehr Stimmen aus der «Working Class» als die Demokraten. Damals trat Trump noch gegen Biden an. Im August, also kurz nach dem Harris ihren Wahlkampf startete, sackte dieser Vorsprung auf 14 Prozentpunkte ab.

Eine weitere Hiobsbotschaft erreichte die Republikaner aus dem «roten» US-Bundesstaat Ohio, wie das US-Magazin «Rolling Stone» am Mittwoch berichtet: Demnach verliert Trump auch in traditionell republikanischen Bundesstaaten an Zustimmung. Das erfuhr das Magazin von drei anonymen Quellen aus seinem Wahlkampf-Team. Konkrete Zahlen wurden in dem Bericht allerdings keine genannt. Trotzdem zeigt diese Anekdote einen für die Republikaner bedenklichen Trend auf.

Neue Strategie? Nein, danke!

Und wenn es dir immer noch an Beweisen für Trumps miserable Lage mangelt: Frank Luntz (62), langjähriger Berater und Meinungsforscher der Republikaner schreibt auf X: «Wenn es so weitergeht, müssen wir damit rechnen, dass die Demokraten gewinnen. Noch nie in meinem Leben haben sich die Umfragen in kürzester Zeit so stark gedreht.» Uff. Also wenn du mich fragst, ist Harris’ Mega-Erfolg kein «wishful thinking» der Trump-Gegner. Sondern die traurige Realität der Republikaner. 

Aber woran liegt es, dass Trump so sehr abstürzt in den Umfragen? Für mich ist klar: Trump hat nicht damit gerechnet, eine ernstzunehmende Gegnerin zu haben. Wie eingangs erwähnt, hatte Biden kaum eine Chance gegen den Republikaner. Dementsprechend locker nahm es Trump. Gegen das «Traumpaar» Kamala Harris und ihren Vize Tim Walz (60) müsste er sich aber eine ernsthafte Strategie überlegen. Hat er aber nicht – wie er selbst zugibt. «Ich habe meine Strategie nicht überdacht», sagte er letzte Woche an einer Pressekonferenz. Stattdessen beruft er sich auf das, was er am besten kann: Seine politischen Gegner beleidigen. Das zieht bei vielen Wählern aber nicht mehr. Höchste Zeit also, dass sich Trump was Neues ausdenkt.

05.08.2024, 16:10 Uhr

Aufholjagd in den Swing-States

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

«14 Tage Wahlkampf, 0 Fehler»: Der These meines Kollegen und US-Experten Peter Hossli ist eigentlich nichts beizufügen. Kamala Harris (59), aktuelle US-Vizepräsidentin und wohl bald offizielle Präsidentschaftskandidatin, legte einen makellosen Start in den Wahlkampf hin. Wie makellos dieser Start wirklich war, zeigt sich in neuesten Umfragen. Am Sonntag veröffentlichte «CBS News» eine neue Umfrage, in der Harris einen ganzen Prozentpunkt vor Republikaner Donald Trump (78) liegt – zumindest auf der nationalen Ebene. Auch «ABC News» berichtet: Nach neuesten Umfragen erhält Harris 45 Prozent Zustimmung, Trump «nur» 43,5 Prozent. Das finde ich erstaunlich. Schliesslich lag Trump eigentlich immer um einige Prozentpunkte vor seinem ehemaligen Widersacher, US-Präsident Joe Biden (81).

Die Gründe für das Harris-Beben sind vielfältig: Sie haucht den Demokraten wortwörtlich neues Leben ein, mit der «weird»-Kampagne macht sie die Republikaner sprachlos. Mit Harris' Vorsprung auf nationaler Ebene konzentriert sich das Rennen um das Weisse Haus erneut auf nur sechs oder sieben hart umkämpfte Bundesstaaten – die «Swing States».

Der «Rostgürtel» wird die US-Wahlen entscheiden

Die «Swing States» – also die Bundesstaaten, die weder traditionell demokratisch noch republikanisch wählen – sind: Arizona, Nevada, North Carolina und Georgia im Süden (auch «Sonnengürtel» genannt) und der «Rostgürtel» im Norden mit Michigan, Pennsylvania und Wisconsin. In den «Sonnengürtel»-Staaten liegt Harris laut der CBS-Umfrage einzig in Nevada vorne (50 Prozent zu 48 Prozent). In Arizona (49 Prozent zu 49 Prozent), North Carolina (47 Prozent zu 50 Prozent) und Georgia (ebenfalls 47 Prozent zu 50 Prozent) liegt Harris noch immer hinter Trump – die Demokraten konnten aber gehörig aufholen. Im «Rostgürtel» sieht das ganze ähnlich aus: Hier liegt Harris in Michigan gleichauf mit Trump mit je 48 Prozent, genauso wie in Pennsylvania mit je 50 Prozent. In Wisconsin liegt sie mit 49 Prozent einen Prozentpunkt hinter Trump.

Und dabei werden ausgerechnet diese drei Staaten im Norden der USA die Wahlen entscheiden. Denn wenn es Harris gelingt, alle drei «Rostgürtel»-Staaten für sich zu gewinnen, käme sie auch ohne den «Sonnengürtel» auf 270 Wahlmännerstimmen – genau so viele Stimmen, wie es für einen Wahlsieg braucht. Vorausgesetzt natürlich, sie gewinnt auch alle anderen Staaten, die traditionell demokratisch wählen. Dasselbe gilt natürlich umgekehrt auch für die Republikaner und Trump.

Kann Harris überzeugen?

Die grosse Frage lautet für mich also: Kann Harris den «Rostgürtel» für sich entscheiden? Ja, denn seit den 1980ern gab es nur eine demokratische Kandidatin, die alle drei «Rostgürtel»-Staaten an die Republikaner verlor. Ja, Kandidatin – Hillary Clinton im Jahr 2016. Clinton fokussierte sich damals zu stark auf urbane Wähler und zu wenig auf die Arbeiterklasse und Mittelschicht der mehr ländlichen Bundesstaaten. Eine Taktik, die auch Harris nahegelegt wurde. Schliesslich überzeugt sie vor allem junge und urbane Wähler.

Foto: keystone-sda.ch

Doch es gibt Hoffnung für Harris: Eine Umfrage des Emerson College von Ende Juli zeigt, dass sie im «Rostgürtel» besser abschneidet als Biden. Harris schneidet auch bei älteren Wählern und weissen Männern ohne Hochschulabschluss genauso gut wie Biden ab, wenn nicht sogar besser. Das sind zwei wichtige demografische Gruppen in den Rostgürtelstaaten, die die Wahl entscheiden könnten. Ein gutes Zeichen also dafür, dass sie das Blatt in diesen Schlüsselstaaten noch zu ihren Gunsten wenden kann. Denn es gilt natürlich zu beachten, dass Harris erst seit zwei Wochen als Präsidentschaftskandidatin gilt. Einige potenzielle Wähler müssen sich daher erst noch an die neue Aufstellung gewöhnen. 

30.07.2024, 15:12 Uhr

Biden macht Rückzieher – jetzt ist Harris dran

von Guido Felder, Auslandredaktor

Ehrlich jetzt: Was hast du von Kamala Harris (59) schon gehört? Vielleicht, dass sie die erste US-Vizepräsidentin der USA ist, dass sie in der Migrationsfrage eine blasse Figur macht und dass sie Mitte Juni die USA an der Bürgenstock-Konferenz vertreten hat.

Zu deinem Trost: Du bist nicht der einzige, der von Joe Bidens (59) Vize nur wenig weiss. Selbst die Amerikaner haben von ihr – und noch mehr – von erfolgreichen Taten bisher wenig gehört. Dennoch dürften die US-Demokraten wahrscheinlich sie zu Bidens Nachfolgerin küren und sie ins Rennen um den Einzug ins Weisse Haus schicken.

Warum setzen die Demokraten auf Harris?

Dass sie auf Harris setzen, liegt darin, dass sie in Umfragen Boden gutgemacht hat und vor allen andern möglichen Kandidatinnen und Kandidaten liegt. Im imaginären Duell gegen Donald Trump (78) erreicht sie zum Teil sogar höhere Werte als Biden, gegen den sie vor allem bei jungen Wählern und Frauen besser abschneidet.

Bei den jüngsten Erhebungen von Real Clear Politics lag Harris landesweit um 1,7 Punkte hinter Trump zurück, Biden 3 Punkte. Besonders wichtig für Harris ist, dass sie in den Swing States zulegen konnte. In Pennsylvania liegt sie nur noch einen Punkt hinter Trump, und in Virginia, wo Biden nur hauchdünn führte, liegt sie mit satten 5 Punkten vor Trump.

Nach Bidens Rückzugs-Ansage gingen für Harris zudem innerhalb nur weniger Stunden gegen 50 Millionen Dollar an Spenden ein. So viel Geld innerhalb so kurzer Zeit zeigt für mich die Zuversicht der Demokraten, dass Harris die richtige Person ist, um für die Demokraten die Kohlen aus dem Feuer zu holen.

Harris punktet bei Wählern

Warum die Demokraten Harris trotz mangelnden Leistungsausweises derart unterstützen, hat zwei Gründe: Einerseits ist ihre Enttäuschung über den alternden Präsidenten Biden so gross, dass sie sich als Kontrast eine gesunde, energiegeladene Person wünschen. Andererseits schliessen sich immer mehr führende Politiker zusammen und sagen Harris ihre Unterstützung zu. So hat sich zum Beispiel Thron-Anwärter Gavin Newsom (56) selber aus dem Rennen genommen, um sich hinter Harris zu stellen.

Foto: Keystone/AP/Julia Nikhinson

Der aus Schaffhausen stammende und 1986 nach Kalifornien ausgewanderte Vinz Koller (60) hat schon bei mehreren Präsidentschaftswahlen als Wahlmann der Demokraten amtiert. Er ist ein Bewunderer von Harris und ist davon überzeugt, dass sie noch für Überraschungen sorgen wird. Er sagte mir kurz nach Bidens Mitteilung am Montag, dass die ehemalige Staatsanwältin mit ihren rhetorischen Fähigkeiten und ihrem juristischen Wissen einem «Betrüger wie Trump» Paroli bieten werde.

Harris muss Vertrauen gewinnen

Koller rechnet zudem damit, dass Trump Fehler macht, die Harris Punkte bringen. Zum Beispiel dann, wenn er Harris als Frau angreift und damit andere Frauen desavouieren würde. Koller sagt mir mit Überzeugung: «Kamala Harris wird als kämpferische Identifikationsfigur für Frauen viele weibliche Stimmen holen.»

Jetzt gilt es für Harris, das Vertrauen ihrer Anhänger nicht zu enttäuschen. Um auf sich aufmerksam zu machen und zu punkten, braucht es ausgefallene Aktionen und Entscheidungen, die der Mehrheit der Amerikaner gefallen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass sie sich an der Südgrenze medienwirksam inszeniert und noch schärfere Massnahmen gegen die illegale Migration ankündigt.

Und wer weiss: Vielleicht kommen bei ihr plötzlich unbekannte Qualitäten zum Vorschein, wenn Biden sie aus seinem Schatten hervortreten lässt.


03.07.2024, 14:29 Uhr

Nur Michelle Obama hätte eine Chance

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Am Mittwoch publizierte der US-Sender CNN eine repräsentative Umfrage zum Wahlverhalten der US-Bürger, durchgeführt vom US-Meinungsforschungsinstitut SSRS. Und da kam Erstaunliches raus: In der Studie hiess es, dass die Zustimmung für US-Präsident Joe Biden (81) unter demokratischen Wählern von 85 Prozent auf 91 Prozent angestiegen ist. Und das trotz Bidens desaströsem CNN-Auftritt gegen seinen republikanischen Kontrahenten Donald Trump (78) vergangenen Donnerstag. Da habe ich nicht schlecht gestaunt. War die darauffolgende demokratische Krise also umsonst?

Jein. Denn trotz dieses kleinen Triumphs sieht es im Grossen und Ganzen nicht rosig aus für Biden. Seine landesweite Zustimmungsrate ist laut der Umfrage auf einen neuen Tiefstand gefallen – nur 36 Prozent aller Amerikanerinnen und Amerikaner wollen ihn noch als Präsidenten. Es kommt aber noch schlimmer für Biden: 75 Prozent aller Befragten sind der Meinung, dass Biden aus dem Rennen ums Weisse Haus aussteigen und einem neuen Kandidaten – oder einer neuen Kandidatin – Platz machen soll. Unter den Wählern, die im November gesichert demokratisch wählen werden, sind es immerhin 43 Prozent, die diese Meinung vertreten. Muss Biden also doch gehen?

Auch die Alternativen sind keine Alternativen

Es ist ein schwieriges Unterfangen, einen Präsidentschaftskandidaten so kurz vor der offiziellen Nominierung (diese findet für die Demokraten vom 19. bis 22. August statt) zu einem Rücktritt zu bewegen. Und auch wenn Biden die Bühne jemand anderem überlassen würde – wer käme da überhaupt infrage? Viele Namen, die gerade als möglicher Biden-Ersatz gehandelt werden, sind zwar beliebter als Biden – aber noch immer viel unbeliebter als Trump.

Foto: IMAGO/UPI Photo

Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom (56) erzielt in der Umfrage 43 Prozent Zustimmung, Trump liegt im direkten Vergleich bei 48 Prozent Zustimmung. Ähnlich sieht es bei US-Verkehrsminister Pete Buttigieg (42) aus – er liegt ebenfalls mit 43 Prozentpunkten ganze fünf Prozent hinter Trump, der 48 Prozent Zustimmung erhält. Und von US-Vizepräsidentin Kamala Harris (59) ganz zu schweigen – ihre Zustimmung liegt bei lediglich 29 Prozent. Für die Demokraten stehen die Chancen auf einen Wahlsieg also auch schlecht, wenn Biden gehen sollte.

Am beliebtesten unter den Demokraten ist eine Person, die sich gar nie für ein politisches Amt beworben hat: die ehemalige First Lady, Michelle Obama (60). Laut einer Reuters/Ipsos-Umfrage übertraf nur Michelle Obama, die Ehefrau des ehemaligen demokratischen Präsidenten Barack Obama (62), Biden. Und nicht nur das: Würde sie jetzt gegen Trump antreten, würde sie laut Reuters 50 Prozent der Stimmen holen, Trump nur 39 Prozent. Aber (und es ist ein grosses Aber): Obama hat wiederholt gesagt, dass sie nicht beabsichtigt, für das Präsidentenamt zu kandidieren.

Kleiner Hoffnungsschimmer für die Demokraten

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Einen (wenn auch in meinen Augen kleinen) Lichtblick für die Demokraten gibt es in der ganzen Sache aber. Unentschlossene Wähler – also die, die sich noch nicht für eine Partei entschieden haben – sind eher bereit, demokratisch zu wählen, wenn der Kandidat nicht Joe Biden heisst. Demnach würden sich jeweils im direkten Vergleich 47 Prozent für Harris und 34 Prozent für Trump, 42 Prozent für Newsom und 36 Prozent für Trump sowie 42 Prozent für Buttigieg und 35 Prozent für Trump entscheiden.

Falls sich Biden davon überzeugen lässt, aus dem Wahlkampf auszuscheiden, wäre das – rein von den Zahlen her – der Schlüssel zum Erfolg für die Demokraten. Denn die unentschlossenen Wähler und die Wähler in den «Swing States» sind in diesen Wahlen wichtiger, denn je. Doch aktuell sieht es ganz danach aus, als wolle Biden um jeden Preis nochmal um das Weisse Haus kämpfen.


27.06.2024, 16:33 Uhr

Biden sorgt für Umfragebeben

von Chiara Schlenz, Auslandredaktorin

Vor etwas mehr als zwei Wochen habe ich über die überraschende Aufholjagd von US-Präsident Joe Biden (81) in den «Swing States» (also den US-Bundesstaaten, die weder traditionell demokratisch noch republikanisch wählen) geschrieben. Damals lag er in den sechs Bundesstaaten Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin nur noch maximal einen Prozentpunkt hinter seinem republikanischen Kontrahenten Donald Trump (78). Warum Biden plötzlich so gut dasteht, kannst du weiter unten nachlesen.

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Diese Woche erreichte die Demokraten eine noch viel bessere Nachricht: In zwei der sechs Bundesstaaten – Michigan und Wisconsin – überholte Biden Trump in den Umfragewerten, in Pennsylvania liegen die beiden Rivalen nun gleichauf. Das zeigen neueste Daten von «538». Ja, ich bin genauso überrascht wie du. Zwar handelt es sich bei den beiden Werten nur um weniger als einen Prozentpunkt, aber wie bereits im letzten «Wahlbeobachter» besprochen: In einem so knappen Rennen, wie es der US-Präsidentschaftswahlkampf 2024 eben ist, zählt jede Stimme, jede Stelle nach dem Komma. Und in diesem Mikro-Kosmos der Mini-Vorsprünge hat Biden aktuell die Oberhand. Laut «Fox News» sind diese Umfragewerte sogar die höchsten seiner ganzen Präsidentschaft.

Kann Biden in der Debatte überzeugen?

Doch die Freude der Demokraten könnte nur von kurzer Dauer sein. Denn in der Nacht auf Freitag (Schweizer Zeit) findet die erste TV-Debatte dieses Wahlkampfs statt, ausgestrahlt vom US-Sender CNN. Mein Kollege Samuel Schumacher hat es bereits treffend gesagt: Bei dieser Debatte könnte die Vorentscheidung im Rennen um das mächtigste Amt der Welt fallen. Und Bidens minimaler Vorsprung steht auf wackeligen Beinen.

Foto: KEYSTONE

Nicht nur muss er in dieser Debatte beweisen, dass er nicht zu alt für das Amt des US-Präsidenten ist oder, dass er mindestens genauso schlagfertig ist, wie Trump. Nein, es geht auch um Themen, wie den Zustand der amerikanischen Demokratie. Die beiden wichtigsten Themen für die Wähler sind die Zukunft der amerikanischen Demokratie und die Wirtschaft, wie eine aktuelle Umfrage von «Fox News» zeigt. An zweiter Stelle stehen Stabilität und Normalität, gefolgt von Einwanderung und Gesundheitsfürsorge. Fast die Hälfte sagt, dass Abtreibung und Waffen für ihre Stimmabgabe extrem wichtig sind.

Trump hat in wichtigen Themen die Oberhand

Das sind eigentlich genau die Themen, die laut «Washington Post» von Biden dominiert werden. Eigentlich. Denn wie die US-Zeitung schreibt, vertraut ein Grossteil der US-Bürger Trump mehr, was die Rettung des demokratischen Amerikas angeht. Auch in den wichtigen «Swing States». Dies ist ein beunruhigendes Zeichen für Biden, der darauf angewiesen ist, dass Wähler, die von seiner Kandidatur nicht begeistert sind, sich gegen Trump entscheiden, um Amerikas Regierungssystem zu erhalten. Bidens grosse Aufgabe an dieser Debatte lautet also: Amerika davon überzeugen, dass Trump der Totengräber der amerikanischen Demokratie ist. Nur so kann er sich seinen Vorsprung weiter sichern.

Ganz generell kann man sagen: Diese Debatte wird spannender als jeder Krimi. Mein Kollege Samuel Schumacher wird das Spektakel live mitverfolgen und dich mit den wichtigsten Infos versorgen – einschalten lohnt sich also allemal.

11.06.2024, 15:23 Uhr

Jetzt holt Joe Biden in den «Swing States» auf

Willst du wissen, welche Nachricht aus dem US-Wahlkampf mich diese Woche am meisten überrascht hat? Diese hier: US-Präsident Joe Biden (81) heftet sich in den sogenannten «Swing States» (also den US-Bundesstaaten, die weder traditionell demokratisch noch republikanisch wählen) an die Fersen seines republikanischen Widersachers Donald Trump (77). Gemäss Daten der Analyse-Plattform «FiveThirtyEight» verliert Trump in den sechs Bundesstaaten Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, Pennsylvania und Wisconsin einige Stimmen.Bei Biden geht es dafür bergauf. Glaubst du mir nicht? Schau selbst:

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Du fragst dich jetzt bestimmt, warum ich aus einer Fliege einen Elefanten mache. Schliesslich sackt Trump maximal um ein Prozent ab, Biden steigt gleichfalls nur um rund ein Prozent auf. Können ja ignoriert werden, solche mickrigen Zahlen, oder? Falsch gedacht, sage ich da nur. Da die meisten anderen US-Bundesstaaten schon vorhersehbar für eine Partei stimmen, entscheiden die «Swing States» oft über den Wahlausgang, da dort die entscheidenden Wählerstimmen gewonnen oder verloren werden können. Und in einem so knappen Rennen, wie es der US-Präsidentschaftswahlkampf 2024 eben ist, zählt jede Stimme, jede Stelle nach dem Komma.

Umfragen ergeben: Biden hat gute Chancen

Ausserdem legt eine repräsentative Umfrage der «New York Times» nahe, dass sich der abzeichnende Aufwärtstrend Bidens weiter fortsetzen könnte. Mein Kollege Guido Felder hat kürzlich fünf Möglichkeiten zusammengefasst, mit denen Biden bei der Wählerschaft punkten könnte. Hat Biden also plötzlich seine Politik geändert? Nein – der Schlüssel zu Bidens Erfolg liegt ausserhalb seiner Macht: Trumps Verurteilung im Schweigegeldprozess.

Die «New York Times» fragte rund 2000 Amerikanerinnen und Amerikaner, wie sie zu Trump vor und nach der Verurteilung stehen. Bevor Trump verurteilt wurde, sagten 48 Prozent der Befragten, dass sie Trump wählen würden – und 45 Prozent für Biden. Nach dem Urteil stand es 47 zu 46 Prozent. Biden sammelt also zuverlässig all diejenigen Stimmen ein, die Trump durch seinen Rechtsstreit verliert. Das deckt sich auch mit Ergebnissen weiterer Umfragen von Reuters und Ipsos.

Foto: AFP

Und vielleicht steckt auch einfach etwas Tradition hinter Bidens Aufschwung in den «Swing States»: Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2020 konnte Biden diese Bundesstaaten knapp für sich entscheiden, nachdem Trump sie 2016 noch gewonnen hatte. Vorangegangene Umfragen hatten Trump jedoch in den Schlüsselstaaten vorne gesehen. Wir sehen: Die Geschichte wiederholt sich immer wieder.

Sind Europawahlen Omen für Trump?

Ein Sieg Bidens ist aber noch bei Weitem nicht gesichert – Trump könnte es immer noch schaffen, der nächste US-Präsident zu werden. Schliesslich ist ein Grossteil der Bevölkerung demokratischer Länder unzufrieden mit der «etablierten Politik». Die als unkontrollierbar empfundene Migration, den Schmerz der Wähler angesichts hoher Preise und die Kosten, die der Kampf gegen den Klimawandel für den Einzelnen mit sich bringt: Was passiert, wenn die Wähler unzufrieden sind, hat sich bei den Europawahlen gezeigt.

Grosse, etablierte Parteien wurden für ihre bisherige Politik abgestraft, populistische und rechtsradikale Parteien erlebten einen Aufschwung.

Auch Trump setzt in seinem Wahlkampf auf genau diese Themen. Und das mit Erfolg. Die Frage, ob es auch in den USA im Herbst zu einem Rechtsrutsch kommen wird, ist also naheliegend. Freudensprünge müssen sich die Demokraten also noch verkneifen. Schliesslich ist dieses Rennen unglaublich knapp – nur ein Prozent Zustimmung trennen Joe Biden und Donald Trump aktuell. Und bis November sind es doch noch fünf Monate. Bis dahin fliesst noch viel Wasser den Mississippi herunter.


Die TV-Debatte spielt nun auch eine Rolle in den nationalen Umfragewerten. Wem hat sie mehr genützt – Donald Trump oder Kamala Harris?
Foto: Anadolu via Getty Images
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