Republikaner am Parteikongress
«Ich will keinen Schmusekater als Präsidenten»

Die Republikaner diskutieren in Milwaukee ihre politische Plattform. Was sie eint, ist der Wunsch nach tiefen Steuern, sicheren Grenzen – und Donald Trump.
Publiziert: 15.07.2024 um 20:55 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 11:26 Uhr
Von Peter Hossli (Text) und Nathalie Taiana (Fotos) aus Milwaukee

Julie Harris (54) ist bereits zum fünften Mal auf einem republikanischen Parteikongress. Sie leitet die Delegation aus Arkansas und trägt einen roten Mantel – die Farbe der Republikaner. «Seit ich denken kann, bin ich in der Partei», sagt sie, weil die Partei für ihre Werte stehe. Sie setzt sich für Israel ein, ehrt das ungeborene Leben und hält die Ehe für heilig.

Sie ist eine von 2500 Delegierten, die diese Woche in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump nominieren und das politische Programm verabschieden.

Es ist ein politisches Spektakel sondergleichen, das Einblick in die Befindlichkeit einer Partei gibt. Was alle vereint: Sie stehen hinter Donald Trump.

Duane Schwingel (65) bezeichnet sich als «Trumps Uncle Sam». Er begleitet den New Yorker seit vier Jahren bei seinen Auftritten.
Foto: Nathalie Taiana
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Julie Harris (54) ist Delegierte aus Arkansas: «Unser Geschäft läuft unter republikanischer Führung besser als unter den Demokraten.»
Foto: Nathalie Taiana

Harris hat fünf Kinder und elf Enkel. Zu Hause in Arkansas betreibt sie ein Geschäft. Sie richtet Bäder und Küchen ein. «Unser Geschäft läuft unter republikanischer Führung besser als unter den Demokraten», sagt sie, «weil die Republikaner weniger Vorschriften haben und die Mittelschicht weniger besteuern.»

Stolz sein auf Amerika

Was gefällt ihr an Trump? Sie klopft sich aufs Herz und sagt: «Sein Charakter». Das habe auch der Mordanschlag auf ihn wieder gezeigt. «Er ist sofort aufgestanden und hat sich an die Menge gewandt – um weiter für Amerika zu kämpfen.»

Trump bringe den amerikanischen Exzeptionalismus zurück, die Sonderstellung der USA in der Welt. «Das heisst nicht, dass wir besser sind als der Rest der Welt. Es bedeutet nur, dass wir stolz auf uns sein können.» Die Welt sei «ein besserer Ort mit einem starken Amerika – und das bringt Donald Trump».

Sie widerspricht dem Argument, dass eine zweite Präsidentschaft Trumps die Welt gefährde. «Viele hatten Angst, dass er Kriege anzettelt, aber nichts dergleichen ist passiert.»

Ein Einwanderer gegen Einwanderung

Aus Oregon ist der 64-jährige Solomon Yue nach Milwaukee gekommen. Er trägt eine bunte Krawatte und trotz der drückenden Hitze einen dunklen Anzug. Vor mehr als vierzig Jahren kam er aus China in die USA, wo er politisches Asyl erhielt. «Wegen der Freiheit», sagt Yue. Heute ist er Direktor der «Republicans Overseas» und versucht, die neun Millionen Amerikaner, die ausserhalb der USA leben, als Wähler zu gewinnen. «Wo sonst auf der Welt kann ein politischer Dissident eine solche Karriere machen?»

Solomon Yue (64) ist Delegierter der Republikaner aus Oregon und CEO der «Republicans Overseas». Für ihn ist Trump der erste Politiker überhaupt, der als Präsident seine Wahlversprechen eingehalten hat.
Foto: Nathalie Taiana

Er hoffe, dass der Parteitag das gespaltene Land zusammenbringe. Trump werde eine gemässigtere Rede halten – «und ich hoffe, dass die Demokraten die persönlichen Angriffe auf unseren Kandidaten einstellen».

Für den Einwanderer aus China ist die Sicherheit an der Südgrenze der USA das zentrale Thema. «Biden hat eine Million Illegale ins Land gelassen, diese Leute müssen komplett abgeschoben werden.»

Ein wichtiges Thema für ihn sind auch Steuersenkungen, nicht für Unternehmer, wie er selbst einer war, sondern für Kellnerinnen und Kellner. «Es ist an der Zeit, Trinkgelder von der Besteuerung auszunehmen, das würde Millionen Menschen helfen.»

Für ihn ist Trump der erste Politiker überhaupt, der als Präsident seine Wahlversprechen gehalten hat. Im Gegensatz zu früheren republikanischen Präsidenten wie den beiden Bushs. «Er versteht, was Demokratie ist – dass man zum Regieren die Zustimmung der Regierten braucht.»

Die Präsidentin von «Vote America First», Martha Fain: «Wir wählen hier den Oberbefehlshaber unserer Nation, wir wählen keinen Priester oder Rabbi, um die USA zu führen.»
Foto: Nathalie Taiana

Martha Fain hat in der Lobby des Hyatt Hotels Platz genommen. Sie stammt aus Florida und leitet in Washington D.C. die Organisation «Vote America First». Sie unterstützt besonders patriotische republikanische Kandidatinnen und Kandidaten.

Ein Oberbefehlshaber, kein Priester oder Rabbi

Es war Trump, der sie ins republikanische Lager holte, als er 2015 die Rolltreppe im New Yorker Trump Tower hinunterfuhr. «Er hat mich begeistert, weil er kein Berufspolitiker war. Wer sein Leben lang nur Staatsangestellter ist, vergisst die hart arbeitenden Menschen in unserem Land.»

Stört es sie nicht, wie sexistisch Trump über Frauen spricht, wie er sie in der Vergangenheit behandelt hat? «Wissen Sie, wir wählen hier den Oberbefehlshaber unserer Nation, wir wählen keinen Priester oder Rabbi, um die Vereinigten Staaten zu führen.»

Sie habe nichts gegen die aggressive Art des New Yorkers. «Ich will keinen Schmusekater als Präsidenten. Ich will einen Mann, der seine Meinung sagt, ohne sie zu beschönigen, und der mit jedem Atemzug für uns alle kämpft. Und das ist Präsident Donald John Trump.»

Reporter Peter Hossli (links) befragt am Parteikongress von Milwaukee Duane Schwingel (65), der sich als «Trumps Uncle Sam» bezeichnet.
Foto: Nathalie Taiana

Auf einem Segway rollt Duane Schwingel (65) zum Fiserv Forum, der Sporthalle, in der der Kongress stattfindet. Er trägt einen Sternenbanner-Anzug und hält eine US-Flagge in der Hand. «Ich bin Trumps Uncle Sam», stellt er sich vor. Seit vier Jahren reist er zu möglichst vielen Auftritten Trumps, um für dessen Politik zu werben. «Weil er als Aussenseiter den politischen Sumpf in Washington austrocknet.»

Mit den Demonstranten reden

Besonders wichtig sei ihm, das künstliche Opiat Fentanyl aus den USA fernzuhalten, das in vielen Städten eine Drogenkrise ausgelöst hat.

Er habe sich vorgenommen, in dieser Woche so viel wie möglich mit den Menschen zu sprechen, die hier in Milwaukee gegen Trump demonstrieren. Der Dialog sei wichtig. «Hey, das ist Amerika, hier darf jeder seine Meinung sagen», sagt er und braust davon.

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