Vier Ex-US-Präsidenten und eigene Freunde fahren Trump an den Karren
«Drei Jahre ohne reife Führung»

Er sei ein Spalter, seine Kommentare wenig hilfreich: Donald Trumps Vorgehen in der jüngsten Krise sorgt selbst in den eigenen Kreisen für Entrüstung. Sogar die vier noch lebenden Ex-Präsidenten melden sich kritisch zu Wort.
Publiziert: 04.06.2020 um 18:22 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2020 um 11:07 Uhr
Guido Felder

Donald Trump (73) bläst ein eisiger Wind entgegen. Nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd (†46) fahren ihm gewichtige Politiker an den Karren – selbst Parteifreunde kritisieren sein hartes Vorgehen, seine Wortwahl und die Drohung, das Militär loszuschicken.

US-Verteidigungsminister Mark Esper (56) wehrt sich gegen einen Militäreinsatz. Die Option, aktive Einsatzkräfte des Militärs in einer Strafverfolgungsrolle einzusetzen, «sollte nur als letztes Mittel und nur in den dringendsten und schlimmsten Situationen genutzt werden», mahnte er und betonte: «Wir sind derzeit nicht in einer solchen Situation.»

«Wütend und entsetzt»

Trumps früherer Verteidigungsminister James Mattis (69) bezeichnet Trump sogar als «Spalter». Trump sei der erste Präsident, den er erlebe, der sich nicht darum bemühe, das Land zu einen, sondern seit drei Jahren versuche, das Land zu spalten, schrieb Mattis im US-Magazin «The Atlantic». «Wir sind Zeugen der Konsequenzen von drei Jahren ohne reife Führung», schrieb der pensionierte General. Die Ereignisse dieser Woche hätten ihn «wütend und entsetzt» zurückgelassen.

Verachtung gegenüber Trump: Ex-Verteidigungsminister James Mattis (l.) bezeichnet den Präsidenten als «Spalter».
Foto: AFP
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Mattis war wegen Meinungsverschiedenheiten mit Trump Anfang 2019 nach zwei Jahren als dessen Verteidigungsminister zurückgetreten, hatte den Präsidenten seither aber bislang nicht öffentlich kritisiert.

Kritik der Senatoren

Auch bei den republikanischen Senatoren wird Kritik gegen ihren Präsidenten laut. John Thune (59, South Dakota) erachtet Trumps Tweets als «nicht hilfreich», John Cornyn (68, Texas) und Shelley Moore Capito (66, West Virginia) fordern eine einheitlichere Botschaft, Pat Toomey (58, Pennsylvania) wünscht sich eine andere Tonalität, Susan Collins (67, Maine) erwartet mehr Effort im Kampf gegen Rassendiskriminierung. Tim Scott (54, South Carolina), der einzige schwarze Republikaner im Senat, bezeichnete die Tweets ebenfalls als «nicht konstruktiv».

Selbst die noch lebenden vier ehemaligen US-Präsidenten kritisieren den amtierenden Präsidenten in Statements mehr oder weniger direkt.

Ex-Präsidenten melden sich

Barack Obama (58, Demokrat): «Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, ist die Wahl nicht entweder Protest oder Politik. Wir müssen beides tun. Wir müssen mobilisieren, um das Bewusstsein zu schärfen, und wir müssen unsere Stimmzettel organisieren und abgeben, um sicherzustellen, dass wir Kandidaten wählen, die auf Reformen reagieren.»

George W. Bush (73, Republikaner): «Es ist Zeit für Amerika, unsere tragischen Misserfolge zu untersuchen.» – «Wir können die Realität der Bedürfnisse Amerikas nur sehen, wenn wir sie mit den Augen der Bedrohten, Unterdrückten und Entrechteten sehen.»

Bill Clinton (73, Demokrat): «Warum passiert das immer wieder? Was kann ich machen? Menschen mit Macht sollten diese Fragen zuerst beantworten, ihre eigene Schuld eingestehen und Verantwortung übernehmen.»

Jimmy Carter (95, Demokrat): «Menschen mit Macht, Privilegien und moralischem Gewissen müssen aufstehen und zu einem rassendiskriminierenden Polizei- und Justizsystem, unmoralischen wirtschaftlichen Unterschieden zwischen Weissen und Schwarzen sowie Regierungsmassnahmen, die unsere einheitliche Demokratie untergraben, ‹nie wieder› sagen.» – «Wir brauchen eine Regierung, die so gut ist wie ihr Volk, und wir sind besser als dies.»

Einen hat er noch

Steht denn gar niemand mehr hinter Trump? Doch. Zum Beispiel Senator Tom Cotton (43, Arkansas). In einer Kolumne in der New York Times forderte er den Präsidenten auf, die Armee loszuschicken, um Anarchie zu verhindern und Ordnung wieder herzustellen. Die Veröffentlichung sorgte innerhalb der Redaktion für grosse Empörung.

Dass selbst enge Vertraute es wagen, den Präsidenten zu kritisieren, zeigt: Trump befördert sich mit seinem Vorgehen in einer der grössten Krise der USA immer mehr selber ins Abseits.

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Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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