Diese Massnahmen sollen Touristen im Zaum halten
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Andrang wird zum Problem:Diese Massnahmen sollen Touristen im Zaum halten

Von Mallorca bis Venedig
Hier regt sich jetzt Widerstand gegen den Massentourismus

Sie saufen, randalieren, hinterlassen Müll. Sie besetzen die Strände, behindern den Verkehr. Und: Sie sind schlicht viel zu viele. In Europas Ferienparadiesen regt sich der Widerstand gegen den Massentourismus. Blick zeigt, wo Gäste zunehmend unerwünscht sind.
Publiziert: 04.09.2023 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 05.09.2023 um 10:15 Uhr
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Myrte MüllerAussenreporterin News

In der Hochsaison stösst die legendäre Gastfreundschaft der Südländer an ihre Grenzen. Ob in Spanien, Italien, Griechenland – überall wächst die Aggression gegen Touristen. Selbst im aufgeschlossenen Amsterdam will man vor allem Party-Exzessen einen Riegel vorschieben. Städte und Gemeinden begegnen dem Massentourismus mit strickten Verboten und hohen Gebühren.

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In Barcelona wächst der Hass auf Touristen

Am Park Güell, einer der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Barcelonas, brodelt es. Menschenmassen schieben sich durch die Gassen zu den Sehenswürdigkeiten. Sie verstopfen die Läden, rauben den Anwohnern ihren friedlichen Alltag. «Man sollte sie alle zum Teufel jagen, am besten die Grenzen dichtmachen!», schimpft eine Rentnerin, die sich mit ihren Einkaufstaschen durch die Menge kämpft (Blick berichtete). Sie teilt die Wut mit anderen. Ein älterer Herr ruft der Frau zu: «Von meinem Balkon spucke ich auf das Gesindel.» Hier und da wird auch sabotiert. Schilder etwa, die zu den Aussichtsplattformen führen, werden absichtlich verdreht, um so Touristen in die Irre zu führen. Barcelona hat rund 1,6 Millionen Einwohner und mehr als 27 Millionen Touristen pro Jahr. Die überlaufen nicht nur das Zentrum, sie treiben auch Preise und Mieten in die Höhe. «Wir können nicht unendlich viele Touristen aufnehmen», sagt Ada Colau (49) gegenüber der «Times». Die Bürgermeisterin von Barcelona verzichtet nun auf die Erweiterung des Flughafens, lässt den Bau neuer Hotels verbieten und will die Zahl der anlegenden Kreuzfahrtschiffe reduzieren.

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Hohe Strafen in Rom gegen Dolce Vita

Die ewige Stadt lockt jährlich Millionen an. Doch für ahnungslose Touristen werden Roms historische Monumente schnell zu teuren Fallen. Das bekam ein US-Amerikaner kürzlich zu spüren. Weil er auf der Piazza della Madonna dei Monti ein Glacé schleckte, musste er 450 Euro Strafe zahlen. Denn in der Altstadt im Freien zu snacken, ist verboten. Auch am Trevi-Brunnen oder auf der Spanischen Treppe darf man nicht sitzen. In der Sixtinischen Kapelle darf nicht mit Blitz fotografiert werden. Es drohen Bussen von 400 bis 1000 Euro. Die Massnahmen sollen Touristen abschrecken. Und davon gibt es auch in Rom viele. Allein in diesem Jahr waren es 13 Millionen – ein neuer Rekord.

Bad in der Menge: Am Trevi-Brunnen versammeln sich täglich Hunderte von Menschen. Ein Bad im Becken, wie in der Schlüsselszene aus dem Film «La dolce Vita», kann sehr teuer werden. Denn das ist in Rom strengstens verboten.
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Venedig – die erste Stadt, die Eintritt nimmt

Auch in Venedig haben die Menschen genug vom Massentourismus. Immer wieder protestieren die Venezianer. Gegen die Kreuzfahrtschiffe. Gegen den Boom der B&Bs. Gegen zu hohe Mieten. Gegen Wohnungsnot. Gegen den unzureichenden ÖV. Knapp 50'000 Menschen leben in der Lagunenstadt, 23 Millionen Touristen besuchen sie jedes Jahr. Das Leben hier sei unzumutbar, schimpft Elena Barbaro, Präsidentin der Künstlervereinigung von Burano. «Die Vaporetti sind vollgestopft wie Viehtransporter. Man steht immer in der Warteschlange». Es gäbe sogar Staus in den Kanälen. Als erste Stadt Europas will Venedig jetzt nur noch Besucher reinlassen, die vorher reserviert haben. Wer kein Hotel bucht, soll zwischen drei und zehn Euro Eintritt pro Tag zahlen. Die Gebühr wird voraussichtlich im kommenden Jahr eingeführt.

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Amsterdam: Britisches Party-Volk soll zu Hause bleiben

Dass Touristenmassen ein Fluch sein können, hat auch die niederländische Metropole Amsterdam festgestellt. Vor allem bei Partygängern ist Amsterdam beliebt, nicht nur wegen der freizügigen Cannabis-Beizen. Britische, meist männliche Touristen im Alter von 18 bis 35, die zum Feiern anreisen, sind nun in Amsterdam unerwünscht. Mit der Online-Kampagne «Stay Away» sollen lästige Besucher ferngehalten werden. «Besucher bleiben willkommen, aber nicht, wenn sie sich daneben benehmen und Ärger machen», mahnt Stadtrat Sofyan Mbarki. Weitere Massnahmen: frühere Sperrstunde für Lokale, eingeschränkter Alkoholverkauf und Kiff-Verbot im Freien.

Mallorca will keine Ballermänner mehr

Meist bleibt es nicht bei Sonne, Strand und Party. Junge Touristen saufen, grölen und randalieren. Davon haben die Bewohner von Mallorca die Nase voll. «In diesem Sommer gab es Vergewaltigungen, Messerstechereien, Diebstähle, Drogen ... ein Desaster», sagt der Präsident des Hotelierverbandes der Playa de Palma auf Mallorca, Pedro Marìn. Er fordert «gute Touristen» und eine «harte Hand» gegen die schlechten. Auch viele Insulaner haben dem nervigen Massentourismus den Kampf angesagt. Heimlich aufgestellte Fake-Tafeln an Stränden warnen auf Englisch vor angeblichen gefährlichen Quallen oder vor Steinschlag. Somit sollen die Strände touristenfrei bleiben.

Griechen rebellieren gegen Strandmafia

Sie stehen zwischen den Liegen und Sonnenschirmen am Strand Santa Maria. Und sie wollen alles andere als ein Sonnenbad. Einwohner der griechischen Insel Paros protestieren gegen Strandbars, die die öffentlichen Strände für ihre Touristen besetzen. Auf Transparenten der Demonstranten steht: «Wir fordern unsere Strände zurück». Die sogenannte Handtuch-Bewegung ist mittlerweile auf Rhodos, der Halbinsel Chalkidiki, Korfu, Kefalonia, Mykonos und Santorin übergesprungen.

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