Warum spannen Putin und Lukaschenko zusammen?
Das steckt wirklich hinter dem Militär-Pakt

Belarus und Russland machen gemeinsame Sache und bilden eine Truppengruppe, um Druck auf die Ukraine zu erhöhen. Doch das ist nicht der einzige Grund für die Zusammenarbeit.
Publiziert: 12.10.2022 um 20:17 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2022 um 20:50 Uhr

Alexander Lukaschenko (68), der Diktator von Belarus, hat während des Krieges in der Ukraine einen vorsichtigen Balanceakt vollzogen. Am 24. Februar stürmten russische Truppen, die sich in Belarus versammelt hatten, über die Grenze in die Ukraine – und nutzten so Lukaschenkos Land als Aufmarschgebiet für die grösste Invasion in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.

Danach wurde es ruhig um den belarussischen Machthaber und seine Einmischung im Krieg gegen die Ukraine. Bis jetzt. Lukaschenko hat am Montag erklärt, dass Belarus und Russland eine gemeinsame militärische Gruppe aufstellen werden und dass in den kommenden Tagen Tausende von russischen Truppen zu Übungen in sein Land kommen werden.

Lukaschenko will «die Truppengruppe einsetzen, wenn das Bedrohungsniveau das derzeitige Level erreicht» – und beschuldigte Kiew, einen Angriff auf Belarus zu planen, wie ihn die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitiert. Für Experten bedeutet ein gemeinsamer Truppenverband aber nicht notwendigerweise einen Kriegseinsatz. Wohl eher gehe es in erster Linie darum, den Druck auf die Ukraine zu erhöhen.

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Foto: imago/UPI Photo
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Belarus liefert Unmengen an Waffen an Russland

Doch sollte die belarussische Armee tatsächlich in den Krieg gegen die Ukraine eintreten, dürfte das den Russen nur bedingt helfen. Denn Experten schätzen die militärische Schlagkraft von Lukaschenkos Truppen als gering ein. Politikwissenschaftler Michael Staack (63) etwa sagt zu Blick: «Die belarussische Armee ist begrenzt kampffähig, für Offensivoperationen ist sie nicht einsetzbar. Sie wird Russland nicht entscheidend helfen können. Sie kann höchstens eine neue Front eröffnen für die Ukraine.»

Und auch «The Institute for the Study of War» (ISW) erklärte bereits im Mai, dass ein direkter Kriegseintritt von Belarus nicht wahrscheinlich sei. Lukaschenko wolle nicht das Risiko eingehen, «sein Militär in einem ins Stocken geratenen und sich verschlechternden russischen Krieg in der Ukraine zu verlieren».

Wie «Bild» nun berichtet, liege aber eine ganz andere Idee dem Pakt von Wladimir Putin (70) und Lukaschenko zugrunde. Es sei viel wahrscheinlicher, dass Russland versucht, seine Fronten mit belarussischem Gerät zu stärken. Darauf deuten die vielen Transporte von belarussischem Kriegsmaterial auf die Krim hin. Zudem sollen noch weitere Waffen und Munition nach Russland gebracht werden.

Experten, wie Nico Lange (47), bis 2021 Leiter des Leitungsstabs im Bundesverteidigungsministerium, fürchten laut der Zeitung: Mit diesem Kriegsmaterial will Russland seine 300'000 mobilgemachten Reservisten bewaffnen, um seine Front zu stabilisieren – und gegebenenfalls weiter in die Ukraine einzudringen. Auf gut Deutsch heisst das also: Putin nutzt das belarussische Militär, um seine Truppen vor einer weiteren Niederlage zu schützen.

Nato sieht keine Hinweise auf belarussischen Kriegseintritt

Auch die Nato sieht keine Hinweise darauf, dass sich Belarus aktiv am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligen will. Trotz der Stationierung von Truppen an der Grenze zur Ukraine, sei man noch immer der Ansicht, dass das Land nicht offiziell in den Krieg eingreifen wolle, sagte ein Vertreter des Militärbündnisses am Mittwoch am Rande eines Verteidigungsministertreffens in Brüssel. Als einen möglichen Grund nannte er die dann drohenden Sanktionsmassnahmen des Westens.

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Mit Blick auf den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko sagte er: «Ich glaube nicht, dass wir daran zweifeln sollten, dass Lukaschenko versteht, dass die volle Wucht der Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden, auch gegen Belarus angewandt werde, wenn die belarussischen Streitkräfte dieselbe Art von Operationen gegen die Ukraine durchführen würden.» Nach Auffassung des Westens dient Belarus Russland allerdings als Aufmarsch- und Rückzugsgebiet.

Belarus sei mitschuldig am Kampf gegen die Ukraine, weil es die Stationierung russischer Truppen zugelassen habe, betonte der Nato-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. Es habe unter anderem zugelassen, dass im Laufe des Krieges Boden- und Luftangriffe von belarussischem Territorium aus gestartet worden seien. (chs/SDA)

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