Streit um Immigrationsgesetz
Frankreichs Regierung tritt zurück

Die französische Mitte-Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne ist zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast in Paris am Montag mit.
Publiziert: 08.01.2024 um 18:21 Uhr
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Aktualisiert: 09.01.2024 um 05:52 Uhr

Die französische Mitte-Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne (62) ist zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast in Paris am Montag mit. Es war erwartet worden, dass Präsident Emmanuel Macron nach den jüngsten Schwierigkeiten mit dem Immigrationsgesetz die Regierung neu aufstellt. Wann eine neue Regierung steht und wer sie anführen wird, war zunächst unklar. Borne hatte das Amt der Premierministerin seit Mitte Mai 2022 inne.

Formell ist der Rücktritt des Premierministers in Frankreich an den Rücktritt der gesamten Regierung gekoppelt. Wie Borne sind sämtliche Ministerinnen und Minister daher zunächst nur noch geschäftsführend im Amt. Erwartet wird aber, dass Macron an vielen der Schwergewichte der bisherigen Regierung festhalten und möglicherweise nur an einigen Stellen Neubesetzungen vornehmen wird.

Der Streit um das Immigrationsgesetz Mitte Dezember hatte Macron unter Druck gesetzt. Das Schlüsselvorhaben Macrons wurde in einer Zitterpartie verabschiedet, nachdem die Regierung den konservativen Républicains massive Zugeständnisse gemacht hatte. Der verschärfte Gesetzestext sorgte aber für heftige Spannungen innerhalb des Macron-Lagers. 20 Abgeordnete aus Macrons Reihen stimmten gegen den Text, 17 enthielten sich. Gesundheitsminister Aurélien Rousseau trat im Anschluss zurück. Gerüchten zufolge hatten vor dem Votum auch weitere Kabinettsmitglieder des linken Flügels erwägt, die Regierung wegen des Textes zu verlassen.

Foto: AFP
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Dass das Paar Macron-Borne kein Traumpaar war, wurde mehrfach deutlich. Borne stellte wiederholt klar, dass sie eigene Standpunkte vertritt – für eine Premierministerin in Frankreich eher ungewöhnlich. Mehrfach prophezeiten ihr die französischen Medien bereits den Rausschmiss. Doch Macron hatte, so schien es zumindest, keine bessere Alternative als die eher kühl auftretende und systematisch agierende Borne parat.

Macron hat keine absolute Mehrheit hinter sich

Die Regierung unter Präsident Macron steckt bereits seit anderthalb Jahren in der schwierigen Situation, keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung mehr zu haben. Sie ist für ihre Vorhaben daher auf Stimmen der Opposition angewiesen. Borne versuchte unermüdlich, Kompromisse zu finden. Einen verlässlichen Partner im Parlament fand die Regierung aber nicht. Macrons Kernprojekt der Rentenreform drückte die Regierung letztlich ohne Endabstimmung in der Nationalversammlung durch.

Erwartet wird, dass Macron vor allem nach den internen Querelen mit einem erneuerten Kabinett gestärkt voranschreiten und sein Lager zusammenhalten will. Immerhin stehen bereits im Frühjahr die Europawahlen an, bei denen Marine Le Pens Rechtsnationale Macrons Truppe deutlich zu überholen drohen.

Mit den Olympischen und Paralympischen Spielen in Paris im Sommer kommt auf Frankreich zudem eine organisatorische Herausforderung zu – und ein Moment, an dem das Land sich nach Aussen hin geeint und handlungsfähig zeigen will. (SDA)

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