Wie Corona die Merkel-Nachfolge durcheinanderwirbelt
Kann dieser Mann Kanzler?

Armin Laschets Kanzlerkandidatur war schon zum Greifen nahe. Dann kam Corona.
Publiziert: 02.05.2020 um 23:44 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2020 um 15:18 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Ende Februar schien es ziemlich klar, wie es mit Deutschland weitergeht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (65) galt anderthalb Jahre vor dem offiziellen Ende ihrer Amtszeit als «lame duck», CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (57) war nach dem Wahl-Knall in Thüringen demontiert.

Ihr wahrscheinlichster Nachfolger stand schon in den Startlöchern: Der Merkel-loyale Armin Laschet (59), Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen (18 Millionen Einwohner), wollte sich Ende April auf dem Parteitag als Vorsitzender wählen lassen – um dann die Bundeskanzlerin spätestens 2021 zu beerben.

Laschet war der Favorit

Gefährlich werden konnte Laschet höchstens der mit einem erstaunlichen Talent für den zweiten Platz gesegnete Friedrich Merz (64). Auf einem Aussenseiterposten bewarb sich zudem Ex-Umweltminister Norbert Röttgen (54).

Armin Laschet macht als Krisenmanager keine gute Figur.
Foto: imago images/Sven Simon
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Zwei Monate später scheint das alles eine Ewigkeit her, und nichts ist mehr klar. Corona hat die Welt, Deutschland und damit auch die Debatte um die Merkel-Nachfolge durcheinandergewirbelt. Der CDU-Parteitag ist auf Dezember verschoben. Merz und Röttgen spielen praktisch keine Rolle mehr – und Favorit Laschet ist völlig demontiert. Wie konnte das passieren?

Die Sache mit Merz und Röttgen ist schnell erklärt. Beide haben kein Regierungsamt – sie können sich in der Corona-Krise kaum profilieren. Laschet hingegen hätte wie Angela Merkel, die als «Krisen-Kanzlerin» gewissermassen ihr Comeback feierte, von der Pandemie profitieren können.

Sogar mit Merkel verpatzte er es sich

Laschet war früh mit der Corona-Krise konfrontiert, die Gemeinde Heinsberg – das deutsche Epizentrum der Krise – liegt in Nordrhein-Westfalen. Doch eine gute Figur machte er beim Krisenmanagement nicht. Das am Gründonnerstag veröffentlichte Zwischenergebnis einer Studie zur Virusverbreitung wurde von der Fachwelt auseinandergenommen. Laschet beklagte Alleingänge anderer Bundesländer, preschte dann aber selbst mit schnellen Lockerungen voran.

Das sorgte selbst bei der Kanzlerin für Unmut. In einer Telefonkonferenz kritisierte Merkel die «Öffnungsdiskussionsorgien». Sein Auftritt in der TV-Sendung von Anne Will am vergangenen Sonntag geriet zum traurigen Höhepunkt von Laschets Selbstdemontage.

Zum Beweis für Laschets Verantwortungslosigkeit wird gerade auch eine alte Peinlichkeit wieder aufgewärmt: Als Uni-Dozent leistete er sich 2015 einen Noten-Skandal. Er hatte Klausuren verschlampt und dennoch Zensuren vergeben, um seinen Fehler zu vertuschen. Kann so jemand Kanzler?

Bayerns Ministerpräsident klaut Berset-Zitat

Als neuer Stern am Himmel dieser Geschichte, die nur Helden und Sündenböcke kennt, erscheint nun Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (53, CSU). Auch er war wegen der Grenznähe früh mit Corona konfrontiert, setzt auf strenge Corona-Massnahmen und trägt – nach österreichischem Vorbild – stets Mundschutz. An der Seite von Angela Merkel sprach er am Donnerstag druckreife Sätze wie: «Corona ist ein Marathon.»

Dass das Bundesrat Alain Berset (48) schon am 25. März und der deutsche Chef-Virologe Christian Drosten (48) sogar noch mal zwei Wochen früher sagten: geschenkt. Söder macht sich solche Sätze mit einer Selbstverständlichkeit zu eigen, wie er das möglicherweise auch mit der Kanzlerkandidatur machen könnte. Am Auftritt dafür feilt er bereits – das nächste Mal heute Abend bei Anne Will, wo Laschet vor einer Woche versagte.

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