Lorinser: Aus Alt mach Neu
Deutsche stehen auf Schweizer Armee-Puchs

Das renommierte deutsche Autohaus Lorinser verhilft ausgemusterten Schweizer Armee-Puchs zu neuem Glanz. Ein offenbar lukratives Geschäft, wie sich SonntagsBlick beim Besuch in Waiblingen (D) überzeugte.
Publiziert: 09.02.2020 um 05:15 Uhr
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Aktualisiert: 15.02.2021 um 12:42 Uhr
Raoul Schwinnen (Text) und Philippe Rossier (Fotos)

Wir kennen Lorinser als erfolgreiche Rennsport-Schmiede und Tuningfirma – aber schon am Empfang im riesigen, modernen Neubau aus Glas und Stahl in Waiblingen bei Stuttgart (D) merken wir, dass Lorinser viel mehr als «nur» eine Tuningbude ist. Binnen 90 Jahren wuchs die einst kleine Kfz-Werkstatt zur imposanten Firmengruppe mit rund 200 Beschäftigten und Autohäusern an zwei Standorten (siehe Box). In Waiblingen werden Mercedes-Neu- und Gebrauchtwagen verkauft, es gibt Reparatur- und Service-Werkstätten, eine Tankstelle mit Shop und ein Waschcenter. Im zehn Autominuten entfernten Winnenden befinden sich der Sportservice, also die Tuning- und Rennsportabteilung, und bald auch die in Waiblingen aus allen Nähten platzende Klassik-Abteilung.

Der Grund für unseren Besuch sind aber nicht die auf drei Etagen ins beste Licht gerückten, auf Hochglanz polierten Mercedes-Neuwagen und auch nicht die exklusiven «Mercedes-Benz modified by Lorinser»-Autos, sondern rund 50 eng zusammengepfercht im Keller lagernde Puchs der Schweizer Armee. Thomas Hähnel (60), Leiter Verkauf Gebrauchtwagen, hat sie gekauft. «An einer Auktion im Wallis», verrät er. Dort bietet die Ruag an mehreren Tagen im Jahr in Raron VS ausrangierte Armeemobile zum Kauf an. Inzwischen auch viele Puchs mit Baujahr 1990 bis 1996. So hat sich Hähnel damit eingedeckt.

Schweizer Armee-Puchs sind die besten

«Die Nachfrage ist gross nach diesen Offroadern mit 2,3-Liter-Vierzylinder-Benziner und Viergang-Automatik», verrät Hähnel. Je nach Laufleistung (Hähnel: «Wir haben Fahrzeuge mit 45’000 bis 202’000 Kilometern am Lager.») werden die ausgemusterten Puchs nach einem Service und dem Auswechseln der Schlösser bereits ab 15’200 Euro verkauft. Hähnel: «Vor allem bei Jägern und Waldarbeitern sind diese robusten Allradler beliebt.»

Derzeit lagern rund 50 unbearbeitete Puch G aus früheren Schweizer Armee-Beständen bei der Firma Lorinser und warten auf Service oder eine «Schönheitskur» durch die hauseigene Klassik-Abteilung.
Foto: Philippe Rossier
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Auf Wunsch gibts bei Lorinser für 4000 Euro noch ein kleines Offroad-Tuning-Paket dazu – mit 16-Zoll-Dotz-Geländefelgen, All-Terrain-Bereifung sowie Kotflügelverbreiterungen. Hähnel, der dieses Geschäft seit bald zwei Jahren betreibt und inzwischen rund 150 Ex-Schweizer-Armee-Puchs verkauft hat, wollte auch schon gebrauchte Puchs aus anderen Beständen beschaffen. «Doch die Schweizer Armee-Puchs sind mit Abstand die am besten gewarteten. Zudem haben sie für ihr Alter zum Teil sehr geringe Laufleistungen.»

Veredelte Unikate ab 40'000 Euro

Läuft also dieses Basisgeschäft schon nicht schlecht, kreierte Tuning- und Oldtimer-Spezialist Lorinser zudem die lukrative Idee, die früheren Armee-Puchs zum exklusiven Einzelstück aufzuwerten. «Die ideale Lösung für all jene, die einen puristischen Geländewagen mögen, aber Gebrauchsspuren und Tarnanstrich nichts abgewinnen können», erklärt CEO Marcus Lorinser (52), der mit Hündin Emma zu uns gestossen ist. «Um uns deutlich von den martialischen Originalfahrzeugen abzuheben, erhalten unsere veredelten Lorinser-Puchs bewusst markante Lackierungen in Hellelfenbein, Grüngrau, Sandgelb oder Canyonbeige.» All diese Fahrzeuge gehen zuvor durch die eigene Oldtimer-Werkstatt und werden dort aufs Gründlichste revidiert.

Von rustikal bis hin zu edel

Danach werden sie von Lorinser oder nach Kundenwunsch aufgerüstet. Da erhalten die Dreitürer mit acht Sitzplätzen und Plane oder die Zweisitzer-Hardtops mit Regalen und Tisch hinter der Fahrerkabine schon mal neue Sitze mit Lorinser-Logo, neue Alu-Riffelbleche im Interieur, breitere Rückspiegel, LED-Arbeitsscheinwerfer, Seilwinde oder eine 3,5-Tonnen-Anhängerkupplung. Und natürlich coole Offroad-Felgen mit passender BF-Goodrich-All-Terrain-Bereifung. Die von Hand umgebauten, optional tiefergelegten Einzelstücke gibts je nach Kilometerleistung ab rund 40’000 Euro. «Nach oben offen», ergänzt Lorinser. «Dem Wunsch des Kunden sind keine Grenzen gesetzt.» So entsteht zum Beispiel gerade ein exklusiver Umbau zum Camper.

Nach dem Abschied auf der Rückfahrt überlege ich mir: Es wäre doch lustig, wenn ein Puch, den ich während meiner Militärzeit gefahren bin, bei Lorinser zum exklusiven Einzelstück geadelt würde. Vielleicht nur nicht gerade jenes Exemplar, in dem sich mein Kommandant seines Mageninhalts entledigte.

Lorinser: 90 Jahre Tradition

Am 1. März 1930 gründete der Kraftfahrzeug-Meister Erwin Lorinser im schwäbischen Waiblingen bei Stuttgart (D) eine freie Kfz-Werkstatt. Schon fünf Jahre später bot ihm die damalige Daimler-Benz AG einen Vertrag als «Wiederverkäufer für Personenwagen und Nutzfahrzeuge» für die Region an. Dazu gehörte die werkstattmässige Betreuung.

1961 erwarb Lorinser ein rund 54’000 Quadratmeter grosses Grundstück im damals neu erschlossenen Gewerbegebiet, wo der Betrieb heute noch residiert. 1974 übergab Erwin Lorinser die Geschäftsführung des Autohauses Lorinser an Sohn Manfred. Zwei Jahre später wurde in Winnenden ein Zweigbetrieb eröffnet, in dem noch heute das Tuningunternehmen – der Sportservice – beheimatet ist. Letzterer wurde 1981 gegründet und als eigenständige Firma eingetragen.

Mittlerweile hat der Sportservice weltweit 42 Vertragshändler – und zu den prominenten Kunden, die einen Mercedes-Benz modified by Lorinser fahren, zählen etwa Hollywood-Grössen wie Denzel Washington, Sharon Stone oder Arnold Schwarzenegger sowie Sportler wie Shaquille O’Neal, Alain Prost, Paul Tracy oder Bernie Ecclestone. Vor zehn Jahren übergab Manfred Lorinser die Geschäftsführung der Autohäuser an Sohn Marcus Lorinser (52). Somit wird das Familienunternehmen nunmehr in der dritten Generation fortgeführt.

Am 1. März 1930 gründete der Kraftfahrzeug-Meister Erwin Lorinser im schwäbischen Waiblingen bei Stuttgart (D) eine freie Kfz-Werkstatt. Schon fünf Jahre später bot ihm die damalige Daimler-Benz AG einen Vertrag als «Wiederverkäufer für Personenwagen und Nutzfahrzeuge» für die Region an. Dazu gehörte die werkstattmässige Betreuung.

1961 erwarb Lorinser ein rund 54’000 Quadratmeter grosses Grundstück im damals neu erschlossenen Gewerbegebiet, wo der Betrieb heute noch residiert. 1974 übergab Erwin Lorinser die Geschäftsführung des Autohauses Lorinser an Sohn Manfred. Zwei Jahre später wurde in Winnenden ein Zweigbetrieb eröffnet, in dem noch heute das Tuningunternehmen – der Sportservice – beheimatet ist. Letzterer wurde 1981 gegründet und als eigenständige Firma eingetragen.

Mittlerweile hat der Sportservice weltweit 42 Vertragshändler – und zu den prominenten Kunden, die einen Mercedes-Benz modified by Lorinser fahren, zählen etwa Hollywood-Grössen wie Denzel Washington, Sharon Stone oder Arnold Schwarzenegger sowie Sportler wie Shaquille O’Neal, Alain Prost, Paul Tracy oder Bernie Ecclestone. Vor zehn Jahren übergab Manfred Lorinser die Geschäftsführung der Autohäuser an Sohn Marcus Lorinser (52). Somit wird das Familienunternehmen nunmehr in der dritten Generation fortgeführt.

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