Milliardär rast mit 417 km/h über Autobahn
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In einem Bugatti Chiron:Milliardär rast mit 417 km/h über Autobahn

Mit 417 km/h über die Autobahn
Setzt es eine Busse für die Raserei?

Der tschechische Milliardär Radim Passer hat mit seinem 1500 PS starken Bugatti Chiron unfassbare 417 km/h erreicht – doch nicht auf einer Rennstrecke, sondern auf der deutschen Autobahn! Das steckt hinter dem irren Highspeed-Run.
Publiziert: 22.01.2022 um 04:38 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2022 um 13:37 Uhr
Andreas Engel

Wittenberg dürfte vor allem Protestanten ein Begriff sein. In der ostdeutschen Universitätsstadt hat Reformator Martin Luther 1517 seine 95 Thesen an den Eingang der Schlosskirche geschlagen. Vielleicht ein Grund mehr, warum Radim Passer (58) sein spezielles Vorhaben in Wittenberg startete. Der tschechische Milliardär ist tiefgläubig und hat ein Faible für teure und schnelle Autos. In aller Herrgottsfrühe bricht Passer mit seinem Team an einem Sonntagmorgen im Juli 2021 auf, es ist 3.55 Uhr. Seine Mission: Die magische 400-km/h-Marke auf öffentlicher Strasse knacken.

Gelingen soll das Vorhaben mit einem Sportwagen der Superlative: dem mindestens drei Millionen Franken teuren Bugatti Chiron. Unfassbare 1500 PS wuchtet dessen mächtiges Sechszehn-Zylinder-Triebwerk mit vier Turboladern auf die Hochleistungs-Pneus, die in den USA auf einem Prüfstand für Flugzeugreifen für die gigantischen Geschwindigkeiten getestet wurden. Das Monster hinter dem Piloten mit acht Litern Hubraum sorgt für Beschleunigungen wie auf einer Raketen-Abschussrampe: Von 0 auf 300 km/h benötigt der Chiron gerade einmal 13,6 Sekunden! Die elektronisch begrenzte Spitze liegt bei 420 km/h.

Schon einmal 400 km/h geknackt

Genau die will Radim Passer an diesem Sommermorgen erreichen. Er wäre der erste Fahrer weltweit, der diese Geschwindigkeit mit einem Chiron auf öffentlichen Strassen schaffen würde. Umso penibler sind seine Vorbereitungen. Der zehn Kilometer lange Autobahnabschnitt der A2 bei Wittenberg ist schnurgerade, dreispurig und meist wenig befahren, erst recht am frühen Sonntagmorgen – ideale Voraussetzungen, findet Passer.

Der tschechische Milliardär Radim Passer ist tiefgläubiger Christ – und zugleich Fan besonders teurer und schneller Autos.
Foto: Instagram / radim_passer_jr
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Ausserdem kennt der Tscheche diesen Teil der Autobahn bereits: Neben dem Bugatti Chiron besitzt er auch den 1001 PS starken Vorgänger Veyron, mit dem Petrolhead Passer im Mai 2015 die 400-km/h-Marke knackte. Nach zwei gescheiterten Versuchen 2011 und 2012 – einmal war es zu kalt, ein anderes Mal zickte das Getriebe – zeigte das Messgerät beim dritten Anlauf unglaubliche 402,5 km/h an. Damals der Weltrekord auf öffentlichen Strassen – doch für Passer scheinbar noch nicht genug.

417 km/h auf der Autobahn – gefährlich und rücksichtslos?

Neben begeisterten Kommentaren und Gratulationen zur Highspeed-Fahrt erreichten Radim Passer und sein Team auch Stimmen, die das Vorhaben als gefährlich und verantwortungslos bezeichneten. Passer entgegnet: «Es war Sonntagmorgen um 4.50 Uhr. Auf den zehn Kilometern Autobahn waren insgesamt zehn andere Autos unterwegs – also ein Auto pro Kilometer. Die Sicht nach vorn betrug rund drei bis vier Kilometer – genug Zeit, um zu reagieren. Der Chiron bremst von 400 auf 0 km/h in neun Sekunden – nach 490 Metern kommt er zum Stehen. Unser Team fuhr die Strecke vorgängig ab, um sicherzustellen, dass nichts auf der Strasse liegt. Entlang der gesamten Strecke ist ein Zaun angebracht, was sicherstellt, dass keine Tiere auf die Fahrbahn rennen. Ausserdem hatten wir auf den drei Brücken entlang der Strecke jeweils Spotter für maximale Sicherheit postiert. Wer dennoch glaubt, die Fahrt war verantwortungslos und gefährlich – nun gut, wir respektieren eure persönliche Meinung.»

Neben begeisterten Kommentaren und Gratulationen zur Highspeed-Fahrt erreichten Radim Passer und sein Team auch Stimmen, die das Vorhaben als gefährlich und verantwortungslos bezeichneten. Passer entgegnet: «Es war Sonntagmorgen um 4.50 Uhr. Auf den zehn Kilometern Autobahn waren insgesamt zehn andere Autos unterwegs – also ein Auto pro Kilometer. Die Sicht nach vorn betrug rund drei bis vier Kilometer – genug Zeit, um zu reagieren. Der Chiron bremst von 400 auf 0 km/h in neun Sekunden – nach 490 Metern kommt er zum Stehen. Unser Team fuhr die Strecke vorgängig ab, um sicherzustellen, dass nichts auf der Strasse liegt. Entlang der gesamten Strecke ist ein Zaun angebracht, was sicherstellt, dass keine Tiere auf die Fahrbahn rennen. Ausserdem hatten wir auf den drei Brücken entlang der Strecke jeweils Spotter für maximale Sicherheit postiert. Wer dennoch glaubt, die Fahrt war verantwortungslos und gefährlich – nun gut, wir respektieren eure persönliche Meinung.»

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Separater Highspeed-Schlüssel

Vor der Rekordfahrt wurde der Bolide in Bugattis Manufaktur in Molsheim (F) gründlich durchgecheckt und für den Topspeed-Run freigegeben. Nachdem der Chiron zur frühen Morgenstunde Betriebstemperatur erreicht hat, muss Passer anhalten und manuell den separaten Highspeed-Schlüssel drehen. Nur so wird es überhaupt möglich, die Rekordgeschwindigkeit im Chiron zu erreichen. Vorher checkt das Auto noch die Lage: Pneu-Alter, Temperatur, Position. Wenns ihm nicht passt, ist der Bolide auf 380 km/h Spitze begrenzt. Ausserdem muss die Strecke schnurgerade sein – wird über einen bestimmten Winkel hinaus gelenkt, schaltet sich sofort der Begrenzer wieder ein.

Um 4.50 Uhr geht es dann auf zum eigentlichen Highspeed-Run – das Video dazu ist in voller Länge auf Youtube zu sehen. Bei Minute 1:13 gibt der Tscheche Gas: Die Zahlen im eingeblendeten Tacho kommen kaum nach – von 200 bis 300 km/h vergehen knapp zehn Sekunden. Selbst als schon weit mehr als 300 km/h erreicht sind – Regionen, in denen andere Supersportler nur noch km/h für km/h beschleunigen – wandert der Tacho weiterhin in 5-km/h-Schritten Richtung Rekordtempo.

Raserei war legal

Bald ist die magische 400-km/h-Grenze erreicht. Bei Minute 2:34 zeigt der GPS-Tacho rechts im Bild die Höchstgeschwindigkeit des heutigen Tages: unglaubliche 417 km/h! Die Fahrer der wenigen Autos, die an diesem Morgen von dem Bugatti überholt werden, dürften sich ungläubig die Augen gerieben haben.

Muss Radim Passer aufgrund seiner Raserei jetzt mit Konsequenzen rechnen? Klare Antwort: Nein! Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AP hat sich das deutsche Bundesverkehrsministerium geäussert: «Alle Verkehrsteilnehmer müssen sich an die Regeln der Strassenverkehrs-Ordnung halten. Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird.» Da auf der A2 weder ein Tempolimit gilt noch Passer andere Verkehrsteilnehmer gefährdet habe, habe er auch gegen keine Regeln verstossen.

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