Akanjis dicker Bentley ist zu klein für den grossen Koffer
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Nati-Stars in Bad Ragaz:Akanjis dicker Bentley ist zu klein für den grossen Koffer

Nati-Spieler üben Bescheidenheit
Kein PS-Protz mehr unter Murat Yakin!

Sponsoren-Parade statt PS-Protz bei der Nati-Zusammenkunft Ende September in Bad Ragaz! Angeordnet hat das automobile Downsizing Murat Yakin höchstpersönlich. Nicht alle Stars halten sich an den VW-Dresscode – und auch Yakin selbst liebts auf der Strasse gerne zügig.
Publiziert: 24.11.2022 um 05:08 Uhr
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Aktualisiert: 21.06.2024 um 15:31 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Was für ein Schaulaufen der Schweizer Nati-Spieler beim Trainingscamp Ende Mai in Bad Ragaz SG! Eintracht-Frankfurt-Star Djibril Sow (25) und sein damaliger Teamkollege Steven Zuber (30, AEK Athen) fahren im 610 PS starken Ferrari GTC4 Lusso vor. Wert des vierplätzigen Supersportwagens: mindestens 267'000 Franken! Zauberwürfel Xherdan Shaqiri (30) und sein Mittelfeldkollege Denis Zakaria (25) lassen sich ebenfalls nicht lumpen und kommen jeweils im mindestens 650 PS starken Lamborghini Urus angebrettert. Marktwert des XXL-Prollo-SUVs: 250'000 Franken aufwärts.

Auch einige Porsche-Limos wie der 700 PS starke Panamera Turbo S E-Hybrid Sport Turismo sind in der Ostschweiz mit von der Partie. Mainz-Verteidiger Silvan Widmer (29) hat für die Plug-in-Rakete rund 250'000 Franken nach Stuttgart (D) überwiesen. Ein schönes Sümmchen haben auch Breel Embolo (25) und Yvon Mvogo (28) in die süddeutsche Autometropole transferiert: Während Embolo am Steuer des rund 200'000 Franken teuren Mercedes-AMG G 63 angestürmt kommt, schwebt Torhüter-Kollege Mvogo in der mindestens 160'000 Franken teuren Luxuslimousine Mercedes S-Klasse nach Bad Ragaz.

Schluss mit der PS-Show

Bevor Kritiker zum verbalen Foulspiel ansetzen, müssen wir an dieser Stelle klarstellen: Das eben Beschriebene ereignete sich tatsächlich beim Trainingscamp der Schweizer Nati in Bad Ragaz – allerdings im EM-Jahr 2021 (Diese Nati-Stars haben die teuersten Autos)! Denn seit Cheftrainer Murat Yakin (48) das Steuer bei der Schweizer Nati in der Hand hält, gibt er nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz die Richtung vor. Und die lautet: Weg von imageschadenden PS-Shows an den gemeinsamen Zusammenkünften.

Schluss mit protziger PS-Show bei den Nati-Zusammenzügen! Coach Murat Yakin (Mitte) will seinen Sprösslingen – hier Xherdan Shaqiri (l.) und Ruben Vargas – mehr Bescheidenheit bei öffentlichen Auftritten antrainieren.
Foto: TOTO MARTI
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Stattdessen sollen die Spieler auf Fahrzeuge von Nati-Sponsor Volkswagen wechseln: «Wenn man einen so starken Partner hat wie Volkswagen, dann muss man diese Partnerschaft auch pflegen, schauen, dass beide Seiten maximal davon profitieren können. Eine bessere Plattform als unsere Zusammenzüge, bei denen die Spieler bei der Ankunft fotografiert und gefilmt werden, kann es für einen Autosponsor fast nicht geben», sagte Yakin im Interview mit dem Schweizer Volkswagen-Magazin.

Von AMG bis Bentley

Beim ersten Zusammenzug in diesem Jahr zum Nations-League-Trainingscamp in Bad Ragaz im Mai war die Message des automobilen Downsizings noch nicht bis zu allen Spielern vorgedrungen: BVB-Keeper Gregor Kobel (24) und Renato Steffen (31), damals noch in Wolfsburg tätig, nun spielt er in Lugano, fuhren im fetten Mercedes AMG G 63 vor, Monaco-Stürmer Breel Embolo liess sich in der luxuriösen Elektro-Limousine EQS, ebenfalls aus dem Hause Mercedes, nach Bad Ragaz chauffieren. Seiner Vorbildfunktion kam auch Nati-Captain Granit Xhaka (30) nicht nach, der in einem schon leicht betagten, aber ordentlich aufgepimpten Porsche Cayenne Turbo beim Luxus-Resort aufkreuzte. Die automobile Krone setzte sich an diesem Tag aber ManCity-Star Manuel Akanji (27) auf, der ganz unbescheiden den Auftritt im mindestens 215'000 Franken teuren Bentley Continental GTC suchte.

Nati auf einmal bescheiden

Komplett anders das Bild Ende September beim finalen Zusammenzug der Nati vor der WM in Katar. Die Worte von Trainer Murat Yakin scheinen gewirkt zu haben: Der aktuell für Chelsea auflaufende Denis Zakaria, 2021 noch in einer 810 PS starken Spezial-Version des Lamborghini Urus von Tuner Mansory vorgefahren (Preis weit über 400'000 Fr.), entsteigt einem VW Golf. Wert: ab knapp 32'000 Franken. Abwehrspieler Ricardo Rodriguez (30), aktuell beim FC Turin unter Vertrag, hat mit dem VW Polo sogar ein noch kleineres Auto gewählt. Als 210 PS starker GTI steht der Mini-Sportler mit rund 36'000 Franken in der Preisliste.

Fettnäpfchen und Vorbilder

Doch es gab sie doch noch, die automobilen Fouls aus Sicht von Sponsor VW: Silvan Widmer sattelte vom letztjährigen Porsche Panamera auf einen nicht minder luxuriösen Range Rover um. Nach einem Abschiedsküsschen brauste Ehefrau Celine im mindestens 162'000 Franken teuren Mega-SUV wieder davon. YB-Stürmer Cedric Itten (25) hatte demgegenüber das bessere Händchen und kam im Audi Q3 vorgefahren – der ab 46'000 Franken kostende Kompakt-SUV ist immerhin ein Produkt von VW-Importeur Amag. Newcomer Ardon Jashari (20) dagegen setzte sich ins automobile Fettnäpfchen und wählte für die Fahrt in die Ostschweiz das BMW 2er Gran Coupé – mit einem Preis ab rund 43'000 Franken zwar kein Proll-Bolide, aber eben auch kein VW.

Der Luzerner Mittelfeld-Youngster hätte sich ein Vorbild an Stammgoalie Yann Sommer (33) nehmen sollen: Sommer wählte wie immer ganz brav einen VW-SUV – anstelle des elektrischen ID.4 GTX wie bei den letzten beiden Zusammenzügen diesmal den konventionell betriebenen Tiguan. Arsenal-Star Granit Xhaka hingegen liess sich vors Grand Resort chauffieren und entstieg mit obligatem Louis-Vuitton-Rucksack über der Schulter einem Mercedes-Van.

Yakin mag es wild

Und Nati-Trainer Murat Yakin, der dem PS-Protz einen Riegel geschoben hat? Liess sich ganz bescheiden in einem VW Multivan nach Bad Ragaz bringen und war sich auch nicht zu schade, bei seiner Ankunft Fotos mit den angereisten Nati-Fans zu machen. Doch auch der 48-jährige Yakin war mal so jung wie seine heutigen Spieler – und nicht nur auf dem Platz gerne wild unterwegs. Früher habe ihr Mann auch mal einen Ferrari besessen, sagte Yakins Frau Anja kürzlich in einem Artikel der «NZZ». Inzwischen fahre Murat privat mit dem Mini herum, den er ihr vor einiger Zeit zum Hochzeitstag geschenkt hat. «Ich habe so Sorge getragen zu diesem Auto, und er fährt ihn wild wie ein Gokart», beschreibt Anja Yakin den Fahrstil ihres Gatten.

Dass der Basler Erfolgscoach auf der Strasse gerne zügig unterwegs ist, bestätigt eine Aufnahme aus dem Jahr 2011: Damals war Yakin gerade als neuer Coach von Super-League-Klub Luzern vorgestellt worden, als Jaguar Schweiz ihn als Markenbotschafter ans Steuer holte. Als Dienstwagen krallte sich Yakin den brandneuen XKR-S – der damals schnellste und stärkste Jaguar der Firmengeschichte – mit 550 PS und einer Spitze von 300 km/h. Trainer Yakin analysiert nach der Probefahrt: «Der Jaguar XKR-S beeindruckt durch ein genussvolles Fahrerlebnis – vom Granturismo in Reinkultur bis zum ultimativen Jaguar-Sportwagen.»

Stark ja, protzen nein

Den einen Traumwagen gebe es für ihn heute nicht mehr, sagte Yakin wiederum im VW-Magazin: «Ich durfte in meiner Karriere schon fast alles fahren, da gibt es keinen Traumwagen mehr. Für mich gehts darum, komfortabel von A nach B zu kommen, protzen muss ich mit einem Auto nicht.» Einen vernünftigen Motor dürfe es aber gerne haben, sein Auto, ergänzt der Nati-Coach. Und so fiel seine Wahl auf VWs Luxus-SUV Touareg – mit bis zu 340 PS und einem Preis ab rund 90'000 Franken definitiv kein Brot-und-Butter-Auto. Doch für den Chef der Schweizer Nati angemessen, wie wir finden. Und wohl auch für ihn reserviert: Einen Spieler sah man im Touareg jedenfalls nicht in Bad Ragaz vorfahren.

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