Amag-CEO Morten Hannesbo über WLTP-Verbrauchszyklus, Diesel-Zukunft und E-Mobilität
«Der VW-Konzern hat die WLTP-Umstellung unterschätzt»

Die Amag blieb auch 2018 Marktführerin im Schweizer Neuwagenmarkt, obwohl ein neuer Verbrauchszyklus und sinkende Kauflaune sie unter Druck setzten. Aber der Dieselskandal scheint überwunden, und auch sonst sieht CEO Morten Hannesbo das Unternehmen im Aufwind.
Publiziert: 20.01.2019 um 09:06 Uhr
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Aktualisiert: 28.05.2024 um 14:28 Uhr
Amag-CEO Morten Hannesbo (l.) stellt sich den Fragen von Autoredaktor Andreas Faust.
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

BLICK: Letztes Jahr hat die Amag 70 Jahre VW in der Schweiz gefeiert. Was wiegt im Rückblick auf 2018 schwerer: der Jubel oder die Bremsklötze im Geschäftsverlauf?
Morten Hannesbo: Wir feiern, wenn es etwas zu feiern gibt. Das Fest in Interlaken war ein voller Erfolg; unter anderem waren sieben Händler dabei, die uns seit Beginn die Treue halten. Das Jahr 2018 war aber auch insgesamt aus unserer Sicht ein gutes Jahr. Es hatte ein paar Steine im Weg, aber wir konnten darüber hinwegfahren oder drum herumkurven. Insgesamt hat das Jahr für uns gepasst.

Gepasst im Sinne von: Es ist nicht so schlimm geworden wie erwartet?
Es war ein Jahr mit vielen Unsicherheiten. Wir wussten seit dem Frühling, dass wir wegen der Umstellung auf den neuen WLTP-Verbrauchszyklus Lieferschwierigkeiten haben würden. Dank guter Planung konnten wir aber eine Punktlandung hinlegen und ein paar Fahrzeuge mehr ausliefern, als wir erwartet haben.

Aber die Amag hat insgesamt etwa 1,1 Prozent Marktanteil verloren; bei den absoluten Verkäufen sind es rund acht Prozent weniger.
Aber es wurden dann doch über 89'000 Neuwagen eingelöst, es ist also ein gutes Jahr. Zur Hälfte können wir den Rückgang auf den des Gesamtmarktes um vier Prozent zurückführen, der Rest liegt an der WLTP-Problematik.

Wie haben die Kunden auf das Thema WLTP-Umstellung reagiert?
Ich habe heute Morgen den Brief eines Kunden erhalten, der seit neun Monaten auf seinen Polo wartet und wohl noch weiter wird warten müssen, weil wir nicht liefern können. Das ist unschön, und da müssen wir Lösungen suchen. Aber wir werden viele schon bestellte Autos im ersten Halbjahr ausliefern können und dann in den Verkaufszahlen wieder aufholen, was wir im letzten Jahr verloren haben.

Also überwog das Unverständnis der Kunden?
Die meisten haben verständnisvoll reagiert, denn sie wollen ja ein Auto auf dem aktuellen Stand der Technik und warten dann auch gerne. Ärgerlich wird es, wenn es länger dauert als gedacht. Der eine oder andere Kunde springt dann ab, aber damit müssen wir leben. Das ist leider Teil des Spiels.

Aber warum diese Lieferschwierigkeiten?
Der VW-Konzern hat insgesamt die WLTP-Umstellung unterschätzt. Die grossen Vorteile des Konzerns sind die Modellvielfalt und die Flexibilität, jedes Auto genau so zu bauen, wie es der Kunde wünscht. Diese Komplexität ist uns zum Verhängnis geworden. In einem Jahr mit vielen Modellwechseln musste jede Variante von NEFZ auf WLTP umgestellt werden. Damit hatte der Konzern überall Lieferschwierigkeiten, nicht nur in der Schweiz.

Im 2017 löste der Skoda Octavia den VW Golf als meistverkauftes Auto des Schweiz ab. In diesem Jahr ist der Abstand mit 1200 Exemplaren sehr deutlich. Erleben wir die Golf-Dämmerung?
Eher eine Veränderung im Gesamtmarkt. Der steuert klar Richtung SUVs und Kombis, der Kunde fragt nach Allrad und Automatikgetrieben – und das ist genau das Profil des Octavia: Kombi. Der Octavia ist ein ausgezeichnetes Auto und steht dem Golf in nichts nach, weder bei der Qualität noch bei der Ausstattung. Die Gründe für die Golf-Einbussen liegen aber auch in der SUV-Initiative von VW. Der Touareg ist das Lieblingsauto der Schweizerinnen und Schweizer geworden. Der Tiguan konnte bis auf 500 Fahrzeuge an den Golf herankommen. Zudem haben wir den T-Roc neu lanciert, bei dem viele Kunden der Meinung sind, dass er genau die gleiche Funktionalität bietet wie der Golf. Ausserdem kommt Ende Jahr der neue Golf; auch das spielt eine Rolle. Ich freue mich für Skoda und über jeden Golf, den wir verkauft haben.

Der Amag-CEO Morten Hannesbo persönlich

Morten Hannesbo (57) wurde in Dänemark geboren. Der gelernte Schifffahrts-Kaufmann mit MBA stieg schon früh ins Autogeschäft ein: Erst war er für Toyota und Nissan in Dänemark tätig, ab 2000 für Ford in Frankreich und England, ab 2006 als CEO in der Schweiz. Im August 2007 wechselte er zur Amag und übernahm die Leitung des Importgeschäfts. Seit Oktober 2009 ist er CEO der Amag-Gruppe und per 1. Januar 2018 CEO der neu geschaffenen Amag Group AG. Der Fussballfan Hannesbo ist verheiratet, hat drei erwachsene Söhne und fährt in seiner Freizeit leidenschaftlich Rennrad, Mountainbike und Ski.

Morten Hannesbo (57) wurde in Dänemark geboren. Der gelernte Schifffahrts-Kaufmann mit MBA stieg schon früh ins Autogeschäft ein: Erst war er für Toyota und Nissan in Dänemark tätig, ab 2000 für Ford in Frankreich und England, ab 2006 als CEO in der Schweiz. Im August 2007 wechselte er zur Amag und übernahm die Leitung des Importgeschäfts. Seit Oktober 2009 ist er CEO der Amag-Gruppe und per 1. Januar 2018 CEO der neu geschaffenen Amag Group AG. Der Fussballfan Hannesbo ist verheiratet, hat drei erwachsene Söhne und fährt in seiner Freizeit leidenschaftlich Rennrad, Mountainbike und Ski.

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Verschiebt sich damit nicht die Bedeutung der einzelnen Marken für die Amag?
Ich bin jetzt zwölf Jahre bei der Amag. In dieser Zeit haben wir nie derart Einfluss genommen, dass wir zum Beispiel Skoda bremsen, weil VW mehr Platz im Markt braucht. Ich sage VW stattdessen: «Jetzt musst du Gas geben, sonst zieht Skoda vorbei.» Die Marken sollen sich möglichst weit voneinander wegbewegen in ihrer Markenpositionierung. Dazu gehört die klare Markentrennung, die wir bei den Händlern konsequent umsetzen. Das ist ganz wichtig für uns. Andere Importeure zeigen ihre Markenvielfalt unter einem Dach, aber das ist nicht unsere Strategie.

Der nächste grosse Wandel bei VW steht mit den ersten Elektromodellen unter dem Label I.D. bevor. Was verspricht sich dieAmag von der Elektro-Offensive – ein Imageprojekt oder den Einstieg in die Elektromobilität im grossen Stil?
Sowohl als auch. Derzeit haben Benzin und Diesel einen Anteil von rund 90 Prozent; dazu kommen noch ein wenig Wasserstoff, CNG-Modelle, Plug-in-Hybride und batterieelektrische Autos (BEV). Letztere werden eine deutlich grössere Rolle spielen in den nächsten Jahren. Wie schnell, das bleibt abzuwarten. Wir sagen: Die Steckerfahrzeuge – also Plug-in-Hybride zum Laden an der Steckdose und rein elektrische Modelle – möchten wir bis zum Jahr 2020 auf zehn Prozent im Neuwagenmix bringen. Das ist sehr ehrgeizig, und ich bin mir nicht sicher, ob wir das schaffen. Eine flächendeckende Ladeinfrastruktur zum Beispiel fehlt ja noch. Um 2025 werden wir vielleicht auf 25 Prozent oder mehr kommen. Dazu 40 bis 50 Prozent Benzin, 25 Prozent Diesel – das könnte dann der Mix sein.

Mehr Modelle, mehr unterschiedliche Antriebe – wie bereitet sich die Amag darauf vor?
Es ist eine grosse Herausforderung für die gesamte Branche. Derzeit machen die BEV nur 1,8 Prozent am Markt aus. Wir werden zunächst wenige Händler in grossen Städten zu unseren ersten Elektrospezialisten machen. Elektrofahrzeuge sind ja generell nicht gerade günstig. Es wird noch einige Jahre dauern, um sie zu demokratisieren: Erst wenn sie preislich gleichauf liegen mit vergleichbaren Benzin- oder Diesel-Modellen, werden wir im Händlernetz in die Breite gehen. Dann gibt es auch so viel Volumen, dass sich die nötigen Investitionen für jeden Händler lohnen. Es ist eine neue Welt mit enormen Möglichkeiten und vielen Herausforderungen. Zumal unser aktuelles Programm noch parallel läuft. Und die neue, elektrifizierte Modellpalette bringt vielleicht auch neue Kunden zu uns.

Welche Rolle spielen Leuchtturm-Modelle wie Audis neuer E-Tron?
Wer kann sich schon ein Auto für 80'000 oder 90'000 Franken leisten? Einige sicher, aber das ist noch keine Demokratisierung der Elektromobilität. Der Audi E-Tron ist ein 500-Kilometer-Fahrzeug, aber er wiegt auch 2,5 Tonnen; alleine die Batterie kommt auf 700 Kilogramm. Deswegen passt sie nicht in einen VW Golf. Wir brauchen aber 500-Kilometer-Autos für 30'000 Franken, damit der Kunde wirklich frei wählen kann. Aber schon in zwei, drei Jahren werden wir staunen, wie viele gute Elektrofahrzeuge es geben wird. VW bringt einige davon, und auch die koreanischen Marken sind schon sehr weit.

Die Amag hat einen guten Draht nach Wolfsburg. Wünschen Sie sich dort nicht manchmal ein schnelleres Umsteuern?
Man kann die Entwicklungsprozesse zwischen den koreanischen, US-amerikanischen und deutschen Herstellern nicht vergleichen. Der deutschen Automobilindustrie und uns ist Nachhaltigkeit wichtiger als Schnelligkeit. Der VW-Konzern war manchmal Erster bei Innovationen, aber immer ein sehr guter Zweiter. Den SUV-Markt zum Beispiel hat er nicht gerade als Pionier entdeckt, ist dann aber schnell Marktführer geworden, weil er die Erfahrungen aus den Pioniertagen aufnehmen konnte. Ich bin beeindruckt, wie schnell VW diesen Wandel angeht. Der Konzern entwickelt Facelifts für Audi A4, VW Passat, Audi Q7; bringt neue Modelle wie Audi A1, Q3 und Q5. Der VW Golf kommt bald neu, dazu Seat Leon, Skoda Scala und Octavia und so weiter. Und nebenbei wird dann noch eine ganze Palette von Elektrofahrzeugen aufgegleist. Das muss man erst einmal können. Und nebenbei müssen noch die Zahlen stimmen. Ich bin beeindruckt, wie gut der VW-Konzern das alles im Griff hat.

Wie wollen Sie dem Elektroauto kommerziell zum Durchbruch verhelfen?
Wir werden neue Vertriebsmodelle entwickeln. Der Schritt vom Verbrenner zum Elektroantrieb wird vielen Kunden zu gross sein. Die Lösung könnten Abo-Modelle sein, damit der Kunde Elektromobilität ausprobieren kann. Man mietet das Fahrzeug sechs, zwölf oder 18 Monate und kann nach dieser Zeit wieder wechseln. Das hat auch Kostenvorteile für den Kunden. Als Amag sind wir gross genug und haben die Möglichkeit, dem Markt solche neuen Lösungen anzubieten. Wenn der Kunde erste elektrische Erfahrungen sammeln konnte, vielleicht auch Ladeinfrastruktur zu Hause hat, dann ist der Schritt zum eigenen Elektroauto deutlich einfacher.

Wird I.D. als eigene Marke geführt werden?
I.D. wird unter dem VW-Dach bleiben. Aber wir werden eine Trennung sicherstellen müssen, die wohl nur bei den grossen Betrieben möglich sein wird. Ich bin auch nicht sicher, ob die E-Fahrzeuge auf dem Land schnell grossen Marktanteil gewinnen werden – allein schon weil die bergigen Strassen den Stromverbrauch tendenziell erhöhen. Aber wir wissen es nicht – in wenigen Jahren kann das schon anders sein. Wenn jeder überall leicht eine Ladesäule finden kann, dann werden wir den Wendepunkt erreicht haben. Dann werden sich die Kunden zwischen Diesel, Benzin und Strom entscheiden können und das wählen können, was am besten zu ihnen passt.

Und wenn ich als Elektrofahrer dann doch mal einen Benziner oder Diesel für die 2000-Kilometer-Urlaubstour brauche?
Dafür prüfen wir heute schon Angebote: Man mietet beispielsweise einen E-Golf als Alltagsauto und kann für die grossen Ferien in Spanien einen Sharan mit Turbodiesel nehmen.

Sie prognostizieren für 2025 noch immer rund ein Viertel Diesel. Ist das realistisch angesichts der Stimmung im Markt?
Der Diesel wurde in den letzten drei Jahren schlechtgeredet. Dabei sind die neuen Euro-6-Diesel in jeder Hinsicht hervorragend. Ich gebe zu, dass der VW-Konzern sicher seinen Anteil hat – was sie verursacht haben, hat dem Diesel nicht geholfen. Aber das ändert nichts daran, dass der Turbodiesel auch heute noch die sauberste und sparsamste Möglichkeit des Autofahrens ist. Mancher Leser wird jetzt verständnislos reagieren, aber es ist tatsächlich so: Im Hinblick auf den CO2-Ausstoss und bei der Betrachtung der ganzen Kette, von der Treibstoffproduktion bis zur Strasse, ist der Diesel die sauberste Lösung. Diesel haben ausserdem den Vorteil der hohen Reichweite, des angenehm hohen Drehmoments und des geringen Verbrauchs auch in grossen Autos. Allerdings: Er ist wegen der Abgasnachbehandlung teurer als ein Benziner. Was nach dem Motor kommt, kommt heute teurer als der Motor selber.

Ist der Dieselskandal für die Amag abgehakt?
Die Amag hat alle betroffenen und in der Schweiz zugelassenen EA189-Dieselfahrzeuge dem Nachrüstungsplan entsprechend abgearbeitet.

Welche Möglichkeiten sehen Sie zur Hebung des Diesel-Images?
Zum einen muss man das Thema differenziert betrachten und nicht immer CO2- und NOx-Emissionen in einen Topf werfen. Im Hinblick auf den CO2-Ausstoss sind Diesel sehr effizient. Und in den neuen Motoren sind auch die NOx kein Problem mehr. Wir brauchen den Diesel, und der Kunde will ihn – der Anteil lag im Markt im letzten Jahr noch immer bei über 30 Prozent. Das ist das 15-Fache von Elektrofahrzeugen.

Werden Sie den Diesel offensiver vermarkten?
Der Kunde soll den Antrieb wählen, der zu ihm passt. Dass wir Diesel verschenken, können wir uns nicht leisten. Auch wenn wir ihn im Hinblick auf den CO2-Ausstoss brauchen.

Wie steht die Amag in dieser Hinsicht da?
Wir nehmen an, dass wir im Markenverbund mit Bentley, Lamborghini und Porsche 2018 ohne oder eventuell mit einer kleinen Busse davonkommen. Wir wissen es aber noch nicht. Eine kleine Busse ist natürlich nicht das, was wir wollen, aber wir könnten damit leben: Die Einhaltung der Grenzwerte im verkauften Mix lässt sich nicht so genau steuern. 2019 wird ähnlich herauskommen, aber hinter 2020 steht ein Fragezeichen. Ab dann gelten 95 statt 130 g/km CO2 als Grenzwert, und zwar nach WLTP-Werten. Das gleiche Auto, von NEFZ auf WLTP geändert, stösst zehn bis zwölf Prozent mehr CO2 aus. Das kann mathematisch nicht aufgehen. Wir fördern daher Gas, Hybride und Elektrofahrzeuge und haben grösstes Interesse daran, dass die lokal emissionsfreien BEVs schnell kommen, weil wir sie für die CO2-Ziele brauchen. Jedes Auto zählt.

Wie beurteilen Sie die politische Diskussion dazu in der Schweiz?
Ich halte die Forderung eines Wegfalls des Phasing-in, also der schrittweisen Einbeziehung der effizientesten Modelle eines Herstellers in die Berechnung des Flottenausstosses, für extrem schädlich. Grosse Motoren werden dann als sogenannte junge Occasionen aus dem Ausland kommen – ausserhalb der CO2-Berechnung. Man sollte lieber den ganzen Markt – EU und die Schweiz – als einen Markt sehen. Die Fahrzeuge stossen ja grenzüberschreitend CO2 aus.

Die Amag ist also dafür, sich 1:1 an die EU-Vorgaben anzulehnen ohne Schweizer Sonderweg?
Ich plädiere seit Jahren dafür, dass man EU-plus-Lösungen macht – EU plus Schweiz. Also: dass die Schweiz voll mit einbezogen wird. Das wäre die bessere Lösung. Da gibt es zwar Widerstand vom politisch linken Flügel: Die Schweiz könne schliesslich ein Vorreiterland sein. Das stimmt, zugegeben. Aber CO2 macht nicht vor Grenzen halt. Wir sollten CO2-Emissionen im gesamteuropäischen Raum regeln.

Noch verkauft die Amag Autos. Aber welche Bedeutung bekommen neue digitale Services?
Wir teilen unsere Aktivitäten auf in «Now», das Jetzt, «Next», die Weiterentwicklung des heutigen Geschäfts, und «New». Letzteres ist unser Lab. Seine 20 Mitarbeiter haben recht freie Hand, können neue Ideen testen und geben dann dieses Know-how weiter. Das «New»-Lab erklärt also regelmässig den «Now»-Kollegen, wie sich das Geschäft verändern kann. Ein Beispiel einer solchen Innovation wäre das Abo-Modell im Vertrieb. Daneben gibt es die Ventures, bei denen wir mit anderen Unternehmen kooperieren, um neue Märkte zu besetzen, zum Beispiel beim Car- oder Ride-Sharing wie mit Sharoo. Wir möchten natürlich als Erste in diesem Zukunftsmarkt dabei sein.

Wird die Digitalisierung den Vertrieb verändern?
Irgendwann werden wir Autos online verkaufen. Aber eine Occasion zu kaufen, eine Finanzierung abzuschliessen – das ist online noch zu komplex.

Wie kommen «New»-Themen bei den «Now»-Mitarbeitern an?
Es gibt schon die eine oder andere Reibung. Im Now-Teil müssen wir viele Themen einfach abarbeiten; dort bleibt keine Zeit für Neues wie Fast Modelling und digitale Projekte. Heute hat man nicht mehr die Zeit, zwölf Monate über Lösungen zu diskutieren – man muss sie in drei Tagen liefern. Vielleicht testet man mehrere Alternativen – und verwirft sie wieder. Dazu braucht es andere Mitarbeiter, die sich darauf einlassen können.

Welchen Anteil wird das am Geschäft haben?
Keine Ahnung. Die Amag macht 4,6 Mrd. Franken Umsatz, und der Anteil von «New» wird in den nächsten fünf Jahren nicht sehr gross sein. Das Problem dieser neuen Ideen ist: Noch verdient niemand damit Geld, und das wäre schon unser Anspruch. Wir investieren in solche Ideen ein bestimmtes Budget und bewerten dann: Lohnt es sich oder nicht? Kann man etwas verdienen, ja oder nein. Nein? Dann lassen wir es wieder.

Das heisst: Das Lab kann auch mal Geld in den Sand setzen?
Genau. Wenn man danach weiss, dass und warum es so nicht geht. Geführt wird das Lab von einem erfahrenen Team. Aber nur ein Drittel hat Amag-, also Auto-Background. Zwei Drittel kommen aus dem Datamining, Marketing oder Banking.

Wie funktioniert solch ein Start-up in einem Grossunternehmen?
Unternehmen wie die Amag oder VW bauen auf zentralisierte Prozesse. Mit dem Lab können wir neue Methoden entwickeln, weil es ausserhalb der Amag im Zürcher Hardturmareal angesiedelt ist. Wir haben für drei Jahre die Räume gemietet. 2021 sehen wir dann weiter: Im Herbst ziehen wir mit der Hauptsitz um nach Cham, dann haben wir möglicherweise Platz, das Lab auch dort hinein zu holen.

Warum ist das Geld für den neuen Hauptsitz in Cham gut angelegt?
Unser Geld bleibt überall in der Schweiz angelegt – wir ziehen ja nicht alles um, sondern nur die Verwaltung. Die Logistik bleibt in Buchs und Birrfeld. Warum Cham? Wir wollten einen Bürokomplex, der fünf Unternehmensteile mit 930 Mitarbeitern aus verschiedenen Standorten so vereinen kann, dass sich Kommunikation und Problemlösungskompetenz verbessern. Wir führen dazu neue Arbeitswege und -methoden ein, um die Flexibilität zu erhöhen. Wir möchten uns schneller verändern können. Der VW-Mitarbeiter soll vom Skoda-Kollegen lernen können und umgekehrt. Der Vorteil von Cham ist die Nähe zu Zürich und dass es dort genau die Mitarbeiter gibt, die wir brauchen. Autoverkäufer und Techniker gibt es überall. Aber der Grossraum Zürich bietet die Finanzleute, Marketing-Spezialisten oder Kundenbetreuer, die wir brauchen. Und in unmittelbarer Nähe haben wir auch eine Amag-Garage. So haben wir den Kunden fast direkt im Haus und können besser seine Erwartungen spüren.

Schauen wir auf 2019. Bleibt WLTP ein Thema?
Modellvielfalt und viele Modellwechsel – das WLTP-Thema wird uns vor allem bei Audi bis zum Jahresende verfolgen. Die Marke ist wirklich hart getroffen. Bei den übrigen sieht es besser aus, dort werden wir im ersten Halbjahr WLTP abhaken können.

Und was erwarten Sie für den Gesamtmarkt?
Er wird höher ausfallen als 2018 – ich denke, es werden 310'000 bis 315'000 Fahrzeuge werden – also plus etwa vier Prozent. In diesem Jahr lagen wir bei fast 90'000 Autos – das werden wir toppen können. Leider gehen die leichten Nutzfahrzeuge nicht in die PW-Statistik ein. Dabei sind wir Marktführer mit dem «Bulli» T6. Das geht oft vergessen. Aber: Man sieht es auf der Strasse.

Rückgang bei allen Marken: AMAG-CEO Morten Hannesbo ist dennoch zufrieden mit dem Jahr 2018.
Foto: Philippe Rossier

Amag: Der WLTP drückt auf Stimmung und Ergebnis

Die Amag-Gruppe der Familie Haefner erzielte im abgelaufenen Jahr einen konsolidierten Umsatz von 4,6 Milliarden Franken und beschäftigt 6508 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit.

Marke20172018DifferenzMarktanteilDifferenz
Audi20'61818'378-10,9 %6,1 %-0,5 %
Seat12'05311'468-4,9 %3,8 %0,0 %
Skoda20'58219'190-6,9 %6,4 %-0,2 %
VW35'97532'949-8,4 %11,0 %-0,5 %
Total AMAG*89'22881'955-8,2 %27,5 %-0,9 %

* ohne Nutzfahrzeuge, Quelle: auto-schweiz/ASTRA/MOFIS

Audi: Nach einem Plus von über fünf Prozent 2017 litt Audi 2018 besonders unter den Folgen der WLTP-Umstellung und büsste fast elf Prozent ein. Im Prestigeduell mit Mercedes und BMW bleibt die Marke Dritter und wird Amag-intern erstmals von Skoda überholt.

Seat: Mit Rückenwind durch die neuen SUVs konnte die spanische VW-Tochter den Rückgang auf fast fünf Prozent begrenzen und 2018 ihren Marktanteil halten.

Skoda: Der Octavia bleibt auch 2018 das bestverkaufte Auto der Schweiz. Doch WLTP und der um 4,6 Prozent gesunkene Gesamtmarkt hinterlassen bei Skoda Spuren und verursachen ein Minus von knapp sieben Prozent.

VW: Nach dem Verkaufseinbruch von fast 15 Prozent im Jahr 2017 büsste VW im letzten Jahr durch WLTP-bedingte Verzögerungen etwa 4000 bis 5000 Fahrzeuge ein und verliert 8,4 Prozent.

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