Autobranchen-Experten fordern synthetische Treibstoffe
Nur Elektro reicht nicht

Branchenexperten sind sich an einem deutschen Kongress einig: Das Elektroauto allein könne das Klima nicht retten, die Politik müsse deshalb nun synthetische Treibstoffe fördern.
Publiziert: 25.01.2020 um 07:35 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2020 um 16:33 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Der Kongress «Der Antrieb von morgen» der Motoren-Fachzeitschrift «MTZ» in Hanau (D) versammelte diese Woche 140 Entwickler, Wissenschaftler und Manager von Autobauern, Zulieferern und Unis. Fazit der Experten gemäss einem Bericht der Branchen-Newsplattform «Auto-Medienportal.net»: Das Elektroauto könne die Klimaziele nicht erreichen – zumindest nicht allein. Es brauche Hybride und für Verbrenner die E-Fuels (synthetische Treibstoffe).

Auch wenn die Lage in der Schweiz schon wegen des weit «grüneren» Stroms bezüglich der CO2-Bilanz von Elektroautos anders ist und am Kongress vor allem etablierte deutsche Marken, Zulieferer und eben Motorenbauer waren: Es lässt aufhorchen, wenn die Experten unisono sagen, Elektro allein könne das Klima nicht retten.

Elektro ist nicht genug

Der Ex-Vorstand des Zuliefer-Riesen Schaeffler, Peter Gutzmer, rechnete das Ziel durch, bis 2030 zehn Millionen Elektroautos und Plug-in-Hybride auf den deutschen Strassen zu haben. «Dadurch werden wir rund 22 Millionen Tonnen CO2 einsparen», sagt Gutzmer: «Um das Klimaziel zu erreichen, müssen wir bis 2030 die Emissionen jedoch um 80 Millionen Tonnen reduzieren.» Deshalb brauche es zur CO2-Senkung auch E-Fuels für die Diesel und Benziner.

Gemäss deutschen Auto-Branchenvertretern reichen E-Autos (Bild) alleine nicht, um die Klimaziele zu erreichen.
Foto: zvg
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Warnung vor E-Hype

Vor einem Elektrohype warnt Stefan Pischinger, der CEO des Motoren- und Antriebsentwicklers FEV: Die Hersteller sollten nicht VWs Beispiel folgen und sich ganz aufs E-Auto fokussieren. Auch in China werde das E-Auto kritischer gesehen, seit die überwiegend auf Kohle basierende Energieerzeugung mitbetrachtet werde. «In der Realität kommt es nicht auf die Antriebsart an. Es kommt auf die Energiekette an», sagt Jochen Schröder, Leiter E-Mobilität bei Schaeffler: «Man kann Strom aus Kohle gewinnen und fährt mit dem E-Auto keineswegs CO2-frei. Man kann Otto oder Diesel mit synthetischem Kraftstoff betreiben, der mit Sonnenenergie gewonnen wird, und fährt CO2-frei.»

Diesel längst nicht tot

Das E-Auto sei nicht die beste Lösung für alle Segmente, meint dazu auch Christoph Danzer, Manager Antriebstechnik der VW- und Continental-Tochter IAV. Laut IAV reduziere die komplette Umstellung auf Elektroautos den CO2-Ausstoss um maximal 50 Prozent – bei 81 Prozent höheren Fahrzeugkosten. Ein Mix aus Elektro, Hybrid und effizienten Verbrennern senke das CO2 um 26 Prozent bei ein Drittel höheren Kosten. Eine «offene Technologiediskussion» fordert Danzer: «Auch der Diesel hat weiter seine Berechtigung.»

Wasserstoff dauert

Und die Brennstoffzelle, die aus Wasserstoff emissionsfrei Strom für den E-Motor erzeugt? Die dauere zu lange, um noch in diesem Jahrzehnt bei den Klimazielen zu helfen. Jürgen Jablonski, Volkswagen-/Audi-Chefentwickler Brennstoffzelle, kündigt an: 2022 oder 2023 komme eine Kleinserie bei Audi, die grosse Serie aber frühestens 2030. Zwar könnte VW laut Jablonski Fuel-Cell-Autos schon bauen (wie etwa Honda, Hyundai, Toyota). Aber die Kosten der Brennstoffzelle seien noch zu hoch, und erst ab einer Jahresproduktion von 100'000 Stück mache es für Volkswagen Sinn.

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