Interview mit Olivier Rihs, Direktor des Genfer Autosalons
«Es gab keine Chance für einen Plan B»

Nach der Absage der Geneva International Motor Show GIMS stellen sich einige Fragen: Warum gab es keine Alternative? Und wie sieht es mit Entschädigungen aus? Der abtretende Salondirektor Olivier Rihs nimmt Stellung.
Publiziert: 03.03.2020 um 12:33 Uhr
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Aktualisiert: 04.03.2020 um 19:03 Uhr
Interview: Raoul Schwinnen

Herr Rihs, wie hart trifft die GIMS die kurzfristige Absage durch den Bundesrat?
Olivier Rihs: Sie trifft uns sehr hart. Allerdings gibts zwei Aspekte. Einerseits den finanziellen, den wir nun erst in den nächsten Tagen genauer unter die Lupe nehmen können. Andererseits den moralischen. Viele Leute behaupten, wir hätten es anders lösen und den Autosalon trotz allem durchführen können. Nur: Uns hätte nicht nur das Publikum gefehlt, sondern zum Schluss auch die Aussteller. Denn diese waren über die Absage erleichtert und begrüssten sie.

Wie siehts mit Entschädigungen für Aussteller und Besucher aus?
Wir machen nun die Auslegeordnung und besprechen dies in den nächsten Tagen. Ich kann nur soviel versprechen: Wir lassen die Aussteller nicht hängen und wollen den Schaden möglichst minimieren. Und den Besuchern, die im Vorfeld bereits Eintrittstickets gelöst haben, werden wir diese zurückerstatten.

Warum gabs keinen Plan B? Mit zunehmender Verbreitung des Coronavirus wurde eine Absage doch immer wahrscheinlicher?
Glauben Sie mir, wir haben alles versucht und diverse Szenarien durchgespielt. Aber bei allen Varianten, zum Beispiel den Salon nur für Journalisten durchzuführen, die Pressekonferenzen nur virtuell abzuhalten oder die Pressetage zu verlängern und so die 5300 akkreditierten Journalisten durchzuschleusen oder diese zu minimieren, wären wir in jedem Fall an der 1000-Personen-Hürde gescheitert.

Ein bitterer Moment: Salondirektor Olivier Rihs (l.) und Salonpräsident Maurice Turrettini verkünden offiziell die Absage der GIMS 2020.
Foto: keystone-sda.ch
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Warum boten Sie den Ausstellern nicht die Plattform für eine virtuelle Show? Die technischen Standbauten waren doch praktisch fertig.
Das stimmt nicht. Die Standbauten sind jeweils erst wenige Stunden vor Türöffnung zum ersten Pressetag komplett fertig. Zudem wollten die internationalen Hersteller gar nicht mehr nach Genf anreisen. Es hätte folglich an Technikern, Standpersonal, aber auch an den mächtigen Managern und Vertretern der Hersteller gefehlt.

Nun zeigen die Autohersteller ihre Neuheiten im Netz. Keine Angst, dass dies Schule macht und nächstes Jahr die Hersteller nicht mehr nach Genf kommen?
Diese Problematik ist nicht neu. Wir kennen die Konkurrenz durchs Internet. Und wir hatten mit unserem neuen Konzept für dieses Jahr entsprechend Gegensteuer gegeben und viele neue, attraktive Gefässe für Aussteller und Besucher geschaffen. Leider konnten wir dies nun nicht demonstrieren. Zudem erinnern mich diese virtuellen Übertragungen im Netz – wie beispielsweise die Car-of-the-Year-Preisverleihung am Montag – ohne Journalisten an die blutleeren Geisterspiele in der Eishockey-Meisterschaft. Es fehlen die Emotionen. Ich hoffe, das sehen die Aussteller genauso.

Stirbt der Genfer Autosalon am Coronavirus?
Ich bin kein Hellseher, aber ich hoffe es nicht. Ich wünsche mir, dass wir mit unseren für dieses Jahr geplanten Neuerungen die Hersteller auch für eine Teilnahme an der GIMS 2021 gewinnen können.

Sie übernahmen erst einen Monat nach der GIMS 2019 ihren Posten und treten nun, ohne je einen Autosalon durchgeführt zu haben, wieder ab. Frustrierend?
Klar. Aber das ist nicht so gravierend. Gravierender ist die Absage für alle, die direkt betroffen sind und deswegen wirtschaftliche Probleme bekommen. Ich denke da nicht zuletzt an all die vielen Dienstleister vor Ort. Ich weiss, dass es da zu Tränen gekommen ist. Das sind Schicksale – und nicht mein persönlicher Frust.

Persönlich: Olivier Rihs

Der «bilingue» Westschweizer Olivier Rihs (50) war von 2002 bis 2018 in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als CEO beim Schweizer Online-Marktplatz Scout24 Schweiz. Danach gründete er sein eigenes Beratungs- und Consulting-Unternehmen, ehe er im Frühling 2019 als Direktor zur Geneva International Motor Show GIMS wechselte. Dieses Amt gibt Olivier Rihs nach gut einem Jahr bereits wieder ab und wechselt per 1. Mai 2020 nach Zürich zur TX Group, wo er die Leitung des neuen Geschäftsfeldes «Classifiedes & Marketplaces» übernimmt.

Der «bilingue» Westschweizer Olivier Rihs (50) war von 2002 bis 2018 in verschiedenen Funktionen tätig, zuletzt als CEO beim Schweizer Online-Marktplatz Scout24 Schweiz. Danach gründete er sein eigenes Beratungs- und Consulting-Unternehmen, ehe er im Frühling 2019 als Direktor zur Geneva International Motor Show GIMS wechselte. Dieses Amt gibt Olivier Rihs nach gut einem Jahr bereits wieder ab und wechselt per 1. Mai 2020 nach Zürich zur TX Group, wo er die Leitung des neuen Geschäftsfeldes «Classifiedes & Marketplaces» übernimmt.

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