Streit hinter den Kulissen
So bremste der Bundesrat den Autosalon aus

Es nützt nichts: Auch der grösste Schweizer Publikums-Event, die für den 5. bis 15. März 2020 geplante 90. Geneva International Motor Show, fällt dem Coronavirus zum Opfer. Der Genfer Autosalon ist abgesagt. Zuvor kam es zu einem heftigen Ringen hinter den Kulissen.
Publiziert: 28.02.2020 um 23:26 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2020 um 10:04 Uhr
Raoul Schwinnen

Noch am Mittwochabend zeigten sich die Autosalon-Organisatoren vom immer stärker um sich greifenden Coronavirus Covid-19 scheinbar unbeeindruckt und verschickten ein Mailing, in dem sie selbstbewusst bestätigten, dass die Geneva International Motor Show (GIMS) 2020 trotzdem wie geplant stattfinden werde.

Damit schufen sich die Salon-Organisatoren in der Autobranche keine Freunde. Die Kritik am sturen Festhalten an der Durchführung wurde immer lauter. Immer mehr Autofirmen weigerten sich, ihr Personal und ihre Führungskräfte nächste Woche in die Palexpo-Messehallen in Genf zu entsenden.

Aussteller sprachen sich ab

Als dann auch noch die deutlich später an gleicher Stelle stattfindende Genfer Uhrenmesse abgesagt wurde, war das Aus für den Genfer Autosalon eigentlich besiegelt – zumal die grossen Aussteller hinter den Kulissen längst abgesprochen hatten, der Messe fernzubleiben. Aus gut unterrichteten Quellen ist zu erfahren, dass Aussteller dem Veranstalter quasi ein Ultimatum gestellt und gedroht haben sollen, von sich aus ihr Fernbleiben zu verkünden, falls die GIMS 2020 nicht bis Freitagmittag ganz offiziell abgesagt werde.

Letztes Jahr war die Salon-Welt noch in Ordnung: Bundesrat Alain Berset (M.) und Salon-Präsident Maurice Turrettini (2. v. r) beim Autosalon-Rundgang im März 2019.
Foto: Philippe Rossier
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Bundesrat nahm Entscheid ab

Insofern nahm der Bundesrat mit seinem Entscheid vom Freitagmorgen, bis zum 15. März keine Grossveranstaltung in der Schweiz mehr zuzulassen, den GIMS-Veranstaltern die Entscheidung ab. Und zwang diese zur definitiven Absage des Genfer Autosalons 2020. «Die heutige Bundesrats-Entscheidung zwingt uns leider dazu, die 90. Ausgabe der GIMS abzusagen», sagte Salon-Präsident Maurice Turrettini an der offiziellen Pressekonferenz bedauernd. Und fügte noch an: «Natürlich akzeptieren wir diesen Bundesratsbeschluss.»

Späte Absage irritiert

Die Entscheidung, den Autosalon abzusagen, überrascht nicht. Einzig der späte Zeitpunkt und das Festhalten der Organisatoren an der Durchführung irritierten viele Betroffene. Denn nicht nur zahlreiche Aussteller – einige begannen bereits am Donnerstag mit Abbauarbeiten – wären ferngeblieben, sondern auch viele der sonst gut 10'000 Medienschaffenden und wohl auch viele der über 650'000 erwarteten Besucher.

Keine Chance auf Schadenersatz

Der Veranstalter wird mit der Absage leben können – er dürfte versichert sein. Auf die Frage von Ausstellern nach Schadenersatz blieb Salon-Präsident Turrettini cool und antwortete an der Ausstellerkonferenz: «Das ist ein Fall von höherer Gewalt. Ich denke nicht, dass Sie mit einer Schadenersatzklage Erfolg hätten.» Und fügte an: «Die Regierung in Bern hat das entschieden. Sie können ja versuchen, die zu verklagen. Viel Glück.» Ob sich der GIMS-Präsident mit solchen Aussagen Freunde unter den Ausstellern schafft, sei dahingestellt.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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