Historic Ice Trophy 2018
Heiss auf Eis

Wirds Oldie-Fahrern im Winter vor Langeweile zu wohl, gehen sie aufs Eis. SonntagsBlick-Redaktor Robert Tomitzi startete im 30jährigen Porsche 924 S an der Historic Ice Trophy in Österreich.
Publiziert: 03.02.2018 um 19:42 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:45 Uhr
Mit dem Porsche 924S an der Historic Ice Trophy
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BLICK fühlt das Eis:Mit dem Porsche 924S an der Historic Ice Trophy
Robert Tomitzi

Was bloss tue ich hier? Es ist Samstagmorgen, kurz vor sieben Uhr, draussen herrschen minus zehn Grad. Nicht deshalb bin ich am Zittern: Ich sitze in einem dreissig Jahre alten Porsche, der nicht mir gehört, und unter mir knirscht das Eis. Gleich soll ich mit anderen Oldies um die Wette übers blanke Eis flitzen. Gegen lauter Verrück… , äh, Gleichgesinnte in Klassikern ohne ABS, ESP oder Allrad. Immerhin sind die Reifen mit Spikes bestückt. Ich stehe am Start zum Sechsstunden-Rennen der Historic Ice Trophy (HIT) im österreichischen Altenmarkt.

Die Historic Ice Trophy in Altenmarkt (A) findet vor einer grossartigen Kulisse statt.
Foto: Francesco Toso
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Eisiges Kurvenlabyrinth

Aber der Reihe nach: Den meisten Oldie-Liebhabern ists im Winter langweilig, weil der Klassiker wohlbehütet vor Streusalz die Garage hütet. Deshalb scharen sich Ende Januar einige zusammen, um ihrer Leidenschaft trotzdem zu frönen; heuer zum 13. Mal. Wochenlang präpariert das organisierende Orga-Team um Liesl Weitgasser eine Weide mit einer 20-Zentimeter-Eisschicht und erstellt darauf ein 2,5 Kilometer langes Kurvenlabyrinth. Das simple Reglement: Allrad ist verboten, zulässig sind vier Spikereifen-Typen. Zwei bis vier Fahrer wechseln sich bei drei Pflichtstopps ab.

Mit vier Fahrern teilt sich das Team von BLICK-Autoredaktor Robert Tomitzi das Sechsstunden-Rennen der Youngtimer auf.
Foto: Francesco Toso

Teamentscheidung

Für mich beginnt das Abenteuer mit dem Anruf eines alten Kumpels. «Wir starten mit meinem Porsche 924 S an der HIT. Du gehörst zum Team!» Eine Teamentscheidung quasi – da kann man nicht nein sagen. Wochen später, vor Ort. Freies Training. Schnell gewöhne ich mich an den Porsche. Der 160 PS starke Klassiker von 1988 hat natürlich Heckantrieb und bietet dank hinten liegendem Getriebe (Transaxle) viel Grip. Doch selbst im vierten Gang drehen auf Eis die Räder durch. Ständig will das Heck mit Lenkkorrekturen gebändigt sein. Uff – das erfordert volle Konzentration und strengt an. Nach dem Training steht das Qualifying für eine gute Startposition an. Fahren solls – ich; wieder ein einsamer «Teamentscheid». Da das Qualifying bei Dunkelheit stattfindet, beginnen meine Nerven leicht zu flattern, und der lakonische Kommentar eines erfahrenen HIT-Teilnehmers «Wenns dunkel wird, kommt auch der Nebel», trägt auch nicht zu meiner Beruhigung bei.

Im Qualifying sitzt Porsche-Eigner Christian neben mir und behält die Übersicht im dunklen Kurvenlabyrinth. Langsam werden wir schneller und ich schliesse auf einen roten Saab auf. In einer engen Rechtskurve treibts den Frontriebler nach aussen. Meine Chance zum Überholen – doch plötzlich bleibt der Schwede im Schnee stecken. Ich touchiere ihn mit meinem Heck. Wumms! «'Tschuldigung», stammle ich nur, doch Christian bleibt trotz Kollateralschaden an seinem 924er cool. Im Ziel der Jubel meiner drei Teamkollegen: «Startplatz sieben von 47!» Viel besser, als wir Anfänger uns das vorgestellt hatten. Abends besprechen wir bei einem Bier die Renntaktik. «Du fährst den Start!», meinen die Jungs unisono zu mir. Immer diese Teamentscheidungen … .

Querfahren sieht zwar spektakulär aus, ist aber nicht immer die schnellste Linie.
Foto: Simon Lamm

Nur nicht abfliegen

Der nächste Morgen, sieben Uhr, jetzt wirds ernst! Nach der Einführungsrunde gehts mit fliegendem Start ins Rennen. Ich mache eine Position gut, aber noch ehe ich mich über Rang sechs freuen kann, kommt von hinten ein silberner BMW angeflogen. Jetzt nur nicht schon zu viel riskieren – ich lasse den wilden Dreier vorbei. Schon nach fünf Runden geht es ans Überrunden von Langsameren. Fast alle machen gerne Platz, aber an zwei Italienern auf Fiat und Alfa müssen wir uns regelrecht vorbei quetschen. Ständig ändert sich der Belag: Scheint die Sonne auf eine Kurvenpassage, wird das Eis dort weich und griffiger; andere Abschnitte werden schlüpfriger. Macht Spass – und strengt an!

Im Rennen hat das Porsche-Team unfreiwilligen Kontakt mit dem Alfa Romeo GTV.
Foto: Francesco Toso

Alfa mit Bodycheck

Nach eineinhalb Stunden endlich Fahrerwechsel. Ich konnte Rang sieben halten. Schulterklopfen, ich schwitze und brauche trotzdem einen wärmenden Kaffee. Erst ist Tom mit viel Rennerfahrung dran und ziehts routiniert durch, um auf Platz acht an Christian zu übergeben. Jetzt bin ich Copilot. Ich coache Christian wie er mich zuvor im Qualifying und versuche, ihn dabei nicht zu arg abzulenken. Vor uns ein Alfa mit wild schwänzelndem Heck – und auf einmal steht er quer, blockiert die Piste. Christian kommt mit einem leichten Bodycheck an ihm vorbei, ist aber so perplex, dass er sich einen Dreher leistet – und schon steckt unsere Porsche-Front im Schnee fest. Ich sprinte aus dem Auto und schiebe, aber diese Aktion kostet uns eine Minute und drei Plätze. So schnell gehts … .

Happy mit Platz neun im Sechsstunden-Rennen der Historic Ice Trophy: Das Porsche 924S-Team (vo. li.) Tom Schwarzmeier, Christian Sternecker, BLICK-Autoredaktor Robert Tomitzi und Ingo Staudinger.
Foto: Bärbel Schmid

Top Ten trotz Schaden

Nun kommt unser Schlussfahrer Ingo zum Zug – und holt alles aus dem 924er heraus. Zieleinlauf: Platz neun! Wir jubeln – die Top Ten machen die kleinen Blechschäden vergessen. Auf dem Podest landen übrigens Porsche 911, Porsche 944 S2 und Saab 96. Als wir nach dem Rennen das Auto auf den Hänger laden, verkündet mein Team: «Bei der Historic Ice Trophy 2019 bist Du wieder mit dabei.» Gerne! Endlich mal ein gescheiter Teamentscheid!

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