So war Lancia früher
5 Tops und 5 Flops der Nobelmarke

Ab diesem Jahr soll die italienische Traditionsmarke Lancia mit neuen Modellen in die Schweiz zurückkehren. Hier kommt ein wenig Nachhilfe, wenn du von dem 1906 gegründeten Autobauer noch nie gehört haben solltest.
Publiziert: 05.02.2024 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.03.2024 um 14:36 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Lancia kehrt zurück! Noch in diesem Jahr soll mit einer neuen Generation des Kleinwagens Ypsilon rein elektrisch der Startschuss fallen. Danach gehts im Jahrestakt mit grösseren Modellen weiter – wohl einer Elektro-Limousine und einem ebenfalls rein elektrischen SUV. Und schon 2026 soll mit dem aktuellen Ypsilon, der nur noch in Italien verkauft wird, auch die Verbrenner-Produktion der Marke eingestellt werden. Ein erstes Concept Car als Ausblick aufs künftige Lancia-Design enthüllte die Marke erst kürzlich.

Du hast noch nie von Lancia gehört? Gut möglich: Denn seit 2017 gibts die italienische Traditionsmarke nur noch in Italien, wo derzeit noch der in die Jahre gekommene Ypsilon mit erneuertem Hybridantrieb verkauft wird. Allerdings war Lancia auch schon in den Jahren zuvor auf dem absteigenden Ast mit Modellen, bei denen nur das Logo von Schwestermarke Chrysler durch ein Lancia-Emblem ersetzt wurde. Dabei galt Lancia einst als innovativ, fuhr an Rallyes der Konkurrenz um die Ohren und war ein Grosser im Markt der Nobellimousinen. Hier kommen je fünf Tops und Flops der Marke aus den 117 Jahren ihrer Historie.

Top 1: Lancia Lambda (1922–1931)

Der über hundertjährige Lancia Lambda sieht antiquiert aus, aber ist sozusagen die Blaupause für alle modernen Autos. Bis dahin wurden Karosserien auf tragenden Rahmen aufgebaut – sozusagen wie früher beim Kutschenbau. Der Lambda war das erste Fahrzeug mit selbsttragender Karosserie, bei dem die Blechhülle ohne separaten Rahmen in sich stabil war – das spart Gewicht. Dazu gabs Einzelradaufhängung und hydraulische Stossdämpfer wie heute noch bei VW Golf und Co. Je nach Version leistete er 50 oder 70 PS (37 oder 51 kW). Ein Kassenschlager? Wie mans nimmt: Vom nicht ganz günstigen Oberklasse-Modell wurden bis 1931 13'500 Exemplare gebaut.

Im Jahr 1906 gegründet, war Lancia einst eine Marke für Technikfreaks und Motorsportfans, die Boliden wie dem Stratos Rallye und seinen Fahrern zujubelten.
Foto: Zvg
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Top 2: Lancia Aurelia Spider (1954–1955)

Für echte Lancia-Fans ist der schlanke Zweisitzer der schönste Lancia überhaupt. Abgeleitet wurde er aus einer Limousine mit winzigem 1,7-l-V6-Motor mit 56 PS (42 kW), aber das Cabriolet leistete standesgemässe 108 PS (79 kW). Gestylt wurde der flache Flitzer von Pininfarina. Nach 240 Stück innert einem Jahr war Schluss und der Spider wurde vom in Details verbesserten Aurelia Convertible abgelöst. Der Schönheitspreis für die Aurelia half Lancia aber nicht mehr – zu hoch waren die Produktionskosten und zu teuer die Rennsportabteilung: Lancia-Chef Gianni Lancia verkaufte 1955 das Unternehmen und nichts bei Lancia war mehr wie vorher.

Top 3: Lancia Fulvia Coupé (1970–1976)

Foto: Steffs88/Wikimedia Commons

Auch bei der Fulvia gilt: Zu den eher klassisch angehauchten Lancia-Limousinen gabs meist eine hinreissende Coupé-Version, die selbst heute noch erstaunlich modern wirkt. Der dritten Serie ab 1974 genügte ein 1,3-Liter-Vierzylinder mit 90 PS (66 kW) für immerhin 170 km/h Spitze. Mit den Jahren wurde der schlanke Sportwagen immer nobler, aber gleichzeitig sparte sich Lancia mit immer dünneren Karosserieblechen dem qualitativen Abgrund entgegen.

Top 4: Lancia Delta (1979–1994)

Giogetto Giugiaro stylte den Schrägheck-Kompakten, der 15 Jahre lang in gleicher Karosserie produziert wurde. Bloss wandelte er sich dabei: Von einer Art italienischem Golf mit Vierzylindern und 75 oder 86 PS (55 oder 63 kW) hin zum S4 Stradale von 1985. Der war als Rallyebolide mit bis zu 480 PS (353 kW) derart brachial zu fahren, dass nach zahlreichen Crashs die Autos der Rallyeklasse Gruppe B, in der er startete, verboten wurden. Legendärste Version wurde aber der HF Integrale mit Allradantrieb und einem Turbomotor mit bis zu 215 PS (158 kW).

Top 5: Lancia Y10 (1985–1995)

Feuer frei! Den kantigen Kleinwagen auf Basis des Panda von Konzernmutter Fiat trieb Lancias Fire-Motor mit 45, 55 oder im Turbo 85 PS (33, 41 oder 63 kW) flott voran. Der winzige Vierzylinder hiess allerdings nicht so, weil er mächtig Feuer machte. Sondern es war die Abkürzung für Fully Integrated Robotized Engine – auf Deutsch einen hochautomatisiert nur von Robotern gebauten Motor. Der half Lancia, endlich die Kosten in den Griff zu bekommen. Mit seinem Design fuhr der Y10 weit in die Zukunft, sein vergleichsweise hoher Preis drückte allerdings auf die Stückzahlen.

Aber es war auch nicht alles Gold bei der italienischen Traditionsmarke:

Flop 1: Lancia Stratos Stradale (1973–1975)

Einer der brachialsten Rallye-Boliden aller Zeiten soll ein Flop sein? Leider ja – jedenfalls im Fall der Strassenversion mit 195 PS (143 kW), die 248 km/h Spitze schaffte: Von der musste Lancia mindestens 400 Stück für den normalen Verkauf bauen, um in der Gruppe 4 für Rallyes vom Auto-Dachverband FIA zugelassen zu werden. Gebaut wurden wohl um die 500, die sich dann aber bei den Händlern die Pneus platt standen. Die letzten wurden zu Schnäppchenpreisen verhökert, um sie endlich vom Hof zu bekommen. Hätte man das damals gewusst: Heute werden Stratos Stradale für deutlich über eine halbe Million Franken gehandelt.

Flop 2: Lancia Beta Montecarlo (1975–1978)

Foto: Tony Harrison/Wikimedia Commons

Als Fiat mit dem X1/9 die Fans kleiner, leichter Sportwagen eroberte, wollte Lancia etwas Ähnliches. Pininfarina entwarf und entwickelte den Montecarlo mit schwarzer Plastikfront und dreieckigen Finnen am Heck. Immerhin 120 PS (88 kW) leistete sein Zweiliter-Vierzylinder. Doch während der ähnlich konzipierte Fiat in 16 Jahren über 165'000 Mal gebaut wurde, war beim Montecarlo nach 5777 Stück innert vier Jahren Schluss. Doch er kam nochmals zurück: Als Lancia 1980 ein neues Rallyeauto brauchte, zog man das Coupé modernisiert wieder hervor, verkaufte weitere 7600 Stück und leitete den legendären Rallye-Boliden 037 daraus ab.

Flop 3: Lancia Trevi (1980–1984)

Foto: Tony Harrison

Das kommt davon, wenn man das Design aus der Hand gibt: Optisch war der Trevi, bei Konzernmutter Fiat gezeichnet, die wohl fadeste aller Lancia-Limousinen. Bis zur B-Säule im Prinzip identisch mit dem Schrägheck-Modell Beta, trägt das viel zu hoch wirkende Heck einen lieblosen Kofferraum. Bizarr auch das wie durchlöcherte Cockpit, bei dem alle Schalter und Anzeigen versenkt eingebaut waren. Unter der Haube war der Trevi dafür umso spektakulärer dank des ersten Serien-Kompressormotors seit dem Zweiten Weltkrieg mit 135 PS (99 kW). Aber es half alles nichts – nach kaum fünf Jahren und rund 40'000 Autos wurde der Trevi eingestellt.

Flop 4: Lancia Flavia (2011–2014)

Was für ein Name, welch ein Auto: Ausgerechnet an der legendären Limousine Flavia von 1960 vergriff sich Lancia, als man 2011 einen Namen für ein neues Cabriolet suchte. Neu? Relativ: Weil der Fiat-Konzern inzwischen den US-Autobauer Chrysler geschluckt hatte, sah man in dessen Modellen kostengünstige Grundlagen für neue Lancia-Modelle. Und so steckte unter der Flavia-Hülle ein Chrysler 200 mit müdem 2,4-Liter-Benziner, schaukeligem Fahrwerk und Hartplastik-Interieur. In diesem Vierplätzer-Cabrio war der Lancia-Niedergang buchstäblich greifbar.

Flop 5: Lancia Voyager (2011–2015)

Badge-Engineering, zweiter Streich: Auch Chryslers Familienvan Town & Country musste in Europa das Lancia-Logo als Voyager spazierenfahren. Der Siebenplätzer führte die Markentradition dann endgültig ad absurdum. Welch ein Kontrast zwischen den grazilen Schönheiten der 1950er- und 1960er-Jahre und dieser Familienkutsche für US-Mamis und -Papis. Wahlweise ein V6 mit 283 PS (202 kW) oder ein Vierzylinder-Diesel mit bis zu 177 PS (130 kW) schoben den Voyager voran, bis nach sechs Jahren endlich Schluss war.

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