Nico Rosberg fährt seinen brandneuen Rimac Nevera
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Elektro-Superbolide:Nico Rosberg fährt seinen brandneuen Rimac Nevera

Exklusive Testfahrt im Rimac Nevera
So fährt das stärkste Auto der Welt

Erst kürzlich hat der kroatische Automobilhersteller Rimac mit seinem Nevera gleich 23 Rekorde aufgestellt. Setzt das 1914 PS starke Elektroauto wirklich neue Massstäbe? SonntagsBlick durfte mit ihm die Berge um Andermatt UR erstürmen.
Publiziert: 04.06.2023 um 04:06 Uhr
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Lorenzo FulviRedaktor Auto&Mobilität

Bugatti, Ferrari, Lamborghini – diese Marken gelten in der Autowelt als das Nonplusultra. Alle drei brauchten Jahrzehnte, um nach ihren Gründungen 1909, 1947 und 1948 den Gipfel zu erklimmen. Doch seitdem Autos digitaler und Antriebe elektrischer werden, verändert sich die Autowelt rasant. Manche Marken verschwinden noch schneller, als sie beim Start grossspurige Ankündigungen machen konnten. Andere steigen auf, um zu bleiben. Wie Rimac. Von null auf stärkstes Serienauto der Welt in unter zehn Jahren hat der kroatische Gründer und Tüftler Mate Rimac (35) sein Unternehmen katapultiert – und unterwegs gleich noch Bugatti übernommen.

Heute lassen wir uns vom Rimac Nevera katapultieren. Den Namen stibitzte Rimac bei den plötzlichen Kurz-Stürmen an der kroatischen Adriaküste. «Wenn an einem schönen Tag plötzlich das Wetter total umschlägt, dann kommt der Nevera», erklärt Rimac-Testfahrer Branimir Tomurad. Aus dem Nichts und flüsterleise rollt auch unser Testwagen vor das Hotel Chedi in Andermatt UR.

Kein Raumschiff

Rucksack in den 100 Liter grossen Kofferraum und einsteigen. Dank Schmetterlingstüren, die zum Öffnen aber viel Kraft brauchen, klappt das auch für 1,90 Meter grosse Fahrer ziemlich leicht. Tomurad schwingt sich auf den Beifahrersitz; als technische und moralische Unterstützung, damit uns die Pferde nicht durchgehen. Der Innenraum wirkt skandinavisch-kühl, die Sitzposition ist tief und die Kopffreiheit eher knapp. Ein grosses Touchdisplay strahlt im unteren Teil der Mittelkonsole, darunter bedienen sieben Tasten unter anderem Fenster, Türschloss und Fahrzeugeinstellungen. Je ein Display für Fahrer und Beifahrer prangen auf dem Armaturenbrett.

Der Gipfel des Elektroautos? Der elektrische Supersportwagen Nevera des kroatischen Autobauers Rimac leistet 1914 PS (1407 kW) dank vier Fahrmotoren.
Foto: Lorenzo Fulvi
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Per Drehschalter links vom Lenkrad legen wir den Gang ein, kriechen in völliger Stille vom Hotelhof. Die meisten Elektrofahrzeuge bedröhnen uns per Soundgenerator mit Tram-Surren oder dem Flirren des Warp-Antriebs des Raumschiffs Enterprise, aber im Nevera hört man das Auto unverfälscht. «Wir wollen ein reales Fahrerlebnis vermitteln», sagt Tomurad. Umso besser fühlt man den Nevera und die Unmittelbarkeit seiner Lenkung. Zumindest im Cruise-Modus ist das Fahrwerk komfortabel abgestimmt, die Sitze sind bequemer als gedacht. Im Nevera könnte man entspannt zum Beck.

Rimac Nevera

Antrieb 4 Elektro-Motoren, total 1914 PS (1407 kW), 2360 Nm, 1-Gang-Automat, Allrad
Fahrleistungen 0–100 km/h in 1,9 s, Spitze 412 km/h
Akku 120 kWh
Reichweite 490 km (WLTP)
Leergewicht 2300 kg
Preis netto 2000000 Franken

Antrieb 4 Elektro-Motoren, total 1914 PS (1407 kW), 2360 Nm, 1-Gang-Automat, Allrad
Fahrleistungen 0–100 km/h in 1,9 s, Spitze 412 km/h
Akku 120 kWh
Reichweite 490 km (WLTP)
Leergewicht 2300 kg
Preis netto 2000000 Franken

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Aufmerksamkeitserreger

Ab Richtung Oberalppass. Die grüne Flunder zieht wie magnetisch die Blicke auf sich – fast alle Blicke. Fussgänger winken und heben den Daumen – und sogar entgegenkommende Töfffahrer. Der Nevera ist wahrscheinlich der leiseste Hypercar, den sie je gesehen haben. Von den 1914 PS (1407 kW) schlummern die allermeisten – noch. Drückt man aber das Gaspedal schon nur mit dem grossen Zeh herunter, spurtet das Auto ansatzlos an einer Gruppe Velofahrer vorbei.

Tomurad wechselt in den Track-Modus: Das Gaspedal spricht schneller an, die Lenkung wird straffer. Ausserdem nimmt die Härte des Fahrwerks zu, und die aktiven aerodynamischen Anbauteile wie Heckspoiler und die Lüftungsöffnung in der Fronthaube stellen sich in den Aggressiv-Modus. Die Kurventempi werden höher, Anbremsen wird unnötig. Und dann sagt Tomurad: «Und jetzt trete mal voll drauf.»

Wer ist Rimac?

Alles begann, als der CEO von Rimac Group und Gründer von Rimac Automobili, Mate Rimac, im Alter von 21 Jahren seinen BMW mit einem eigenen elektrischen Antrieb versah. Bei Firmengründung 2011 hatte der Kroate lediglich eine Handvoll Mitarbeitende. Heute, 13 Jahre später, arbeiten über 1300 Menschen in zwei Teilfirmen. Rimac Technology gehört zu 100 Prozent zur Rimac Group und liefert grossen Herstellern Batterien und Elektroantriebe – unter anderem Koenigsegg und Porsche. Die Bugatti Rimac Gruppe mit den Marken Bugatti und Rimac als Sparte für die selbst entwickelten Fahrzeuge gehört nur zu 55 Prozent zur Gruppe; den Rest halten diverse Aktionäre und Mate Rimac selbst.

Lorenzo Fulvi

Alles begann, als der CEO von Rimac Group und Gründer von Rimac Automobili, Mate Rimac, im Alter von 21 Jahren seinen BMW mit einem eigenen elektrischen Antrieb versah. Bei Firmengründung 2011 hatte der Kroate lediglich eine Handvoll Mitarbeitende. Heute, 13 Jahre später, arbeiten über 1300 Menschen in zwei Teilfirmen. Rimac Technology gehört zu 100 Prozent zur Rimac Group und liefert grossen Herstellern Batterien und Elektroantriebe – unter anderem Koenigsegg und Porsche. Die Bugatti Rimac Gruppe mit den Marken Bugatti und Rimac als Sparte für die selbst entwickelten Fahrzeuge gehört nur zu 55 Prozent zur Gruppe; den Rest halten diverse Aktionäre und Mate Rimac selbst.

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Purer Wahnsinn

Schlagartig liefern die vier E-Maschinen ein Drehmoment von unvorstellbaren 2360 Newtonmetern. Zum Vergleich: Porsches Taycan Turbo S schafft nicht annähernd die Hälfte. Ein Torque-Vectoring-System regelt das Drehmoment je Rad – jedes Newtonmeter kommt tatsächlich auf dem Asphalt als Vortrieb an. Im Ergebnis drückt die Beschleunigung uns derart das Gehirn in die hintere Schädelhälfte, dass wir gleich wieder vom Pedal gehen und voll auf die Bremse wechseln. Null auf 80 in Gedankenschnelle – was für ein Antritt. Theoretisch knackt der Nevera die 100er-Marke in unter zwei Sekunden – 300 km/h sind in 9,3 Sekunden erreicht, und bei 412 km/h wäre das Ende erreicht. Nein, das würden wir nur auf einer abgesperrten Flughafen-Rollbahn ausprobieren.

Tomurad grinst und kann von unserem fassungslosen Gesicht nicht genug bekommen. «Ist schnell, oder?» Und leicht: Das Karbon-Chassis wiegt unter 200 Kilogramm und drückt das Gesamtgewicht trotz XXL-Akku knapp unter 2300 Kilogramm. Die 120 Kilowattstunden (kWh) fassende Batterie streckt sich H-förmig im Unterboden, sorgt so für Steifigkeit und laut Normzyklus rund 490 Kilometer Reichweite. Zügig auf der Autobahn liegen laut Tomurad sicher 350 Kilometer drin. Innert 25 Minuten lässt sich die wassergekühlte Batterie mit 350 Kilowatt von 0 auf 80 Prozent aufladen – dank ähnlicher 800-Volt-Technologie, wie sie auch in Modellen von Hyundai, Kia und Porsche steckt.

Alltagsheld für Superreiche

So viel Kraft muss gezähmt werden. Zusätzlich zu den kräftigen Bremsen und der Rekuperation stemmt sich auch der aufgestellte Heckspoiler gegen den Fahrtwind. Gleich 23 Rekorde hat der Nevera kürzlich aufgestellt – aber vor allem beeindruckt, wie entspannt er zurück vors Chedi rollt. Und es gibt noch ein Argument für den Super-Stromer: Die Servicekosten dürften mangels Verbrenner deutlich tiefer ausfallen als zum Beispiel bei einem Bugatti Chiron. Angesichts der rund zwei Millionen Franken Kaufpreis für einen von den insgesamt 150 Nevera – ohne Steuern – dürften sie aber vielen Käuferinnen sowieso gleichgültig sein.

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