Test Harley-Davidson LiveWire
Harley kann auch elektrisch

Bereits im ersten Fahrbericht aus den USA hatten wir die elektrische Harley als Fahrmaschine gerühmt. Nun testen wir sie im Alltag in der Schweiz – und stellen fest: Ja, diese Harley «fägt»!
Publiziert: 31.05.2020 um 19:25 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2020 um 18:38 Uhr
Dimitri Hüppi (Fotos Daniele Carrozza)

Unser Ziel ist ungewöhnlich: Den Akku der ersten elektrischen Harley-Davidson leer fahren – und sie dann zur Steckdose schieben. Denn die LiveWire ist trotz Akku mit 249 Kilo eine der leichtesten Maschinen aus Milwaukee (USA).

Also los! Beim Teststart zeigt der gut ablesbare TFT-­Touchscreen für die vollgeladene LiveWire 163 Kilometer Reichweite. Na, das klingt allemal vielversprechend.

Ampelgrün – weg ist sie

Die Kombination aus exzellenter Balance und minimalen menschlichen Eingriffen – nur ein Gang, kein Schalten – macht die LiveWire ultrahandlich und unkompliziert, gerade im Stop-and-Go. Glänzt in der Stadt, über Land erst recht! Ab Start und über den gesamten Drehzahlbereich liegen 117 Nm Drehmoment an. Die LiveWire ist immer spontan bereit zu Sprints: Ampel grün, weg ist sie. Wer die 78 kW (106 E-PS) voll aufreisst, muss sich echt festhalten.

Die LiveWire ist die erste elektrische Harley-Davidson ...
Foto: Daniele Carrozza
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Darum gibts ein Assistenzpaket: Reflex Defensive Rider Systems (RDRS), also Kurven-ABS mit Überschlagschutz, kurvenoptimierte Traktionskontrolle (ist deaktivierbar) mit Wheelie-Erkennung und Antriebsschlupf-Regelung. Zudem werden alles und der Motor von drei individuellen und vier fixen Modi geregelt.

Optik klassisch, Feeling neu

Einstellbare Showa-Federelemente halten die Harley am Boden. Die straffe Abstimmung lässt uns zielgenau schnelle Bögen durchgleiten und macht flinkes Kurven agil. Die Schräglagen ähneln anderen Naked Bikes. Die Füsse ruhen so weit hinten wie auf keiner anderen Harley, die Ergonomie ist gut. Mit leicht vorgebeugtem Oberkörper fühlt sich das nach Roadster statt Cruiser oder gar Chopper an, so sehr die Optik die Nähe konventioneller Harleys sucht.

Die Brembo-Bremsen sind gefühlvoll und doch bissig. Und die «Motorbremse» macht sie oft überflüssig: Wie alle E-Antriebe gewinnt dieser im Schiebebetrieb Energie. Im Stadtbetrieb ist das sehr wirkungsvoll, hier lassen sich Kilometer rausholen. Auf der Landstrasse dagegen rollen wir selbst abwärts nie lange.

Strom-Vertrauensbildung

Die Reichweiten-Anzeige schafft mangels grosser Sprünge Vertrauen. Erst bei 50 Restkilometern stellen wir uns Fragen. Also Heimatnähe zur Extrarunde. Bei 13 Kilometern: «Low Charge». Eine Runde noch. Null Prozent, Tempo 50. Nun nimmt die Power ab, im Display ein Schildkröten-Symbol. 30 km/h, 20 km/h – aus. Fast: Der Saft reicht, um beim Schieben die letzten 200 Meter zu helfen. Kabel der Haushaltssteckdose (unter dem Sattel) anschliessen, der 15,5-kWh-Akku lädt jetzt elf­einhalb Stunden (am Schnelllader 80 Prozent in 40 Minu­ten).

Fährt viel und kostet viel

177 Test-Kilometer lagen drin (WMTC-Norm 158 km). Ein heisser Ritt, auch ohne das Harley-Bollern. Der E-Sound ist authentisch, auch deshalb wird man hier eins mit der Strasse. Löst die LiveWire bisherige Harleys ­ab? Nein, sie ergänzt sie um ein Modell für die lautlos-sportliche Runde, fürs Pendeln – und für eine ganz neue Fahrdynamik-Welt. Kritik? Keine Feststellbremse, kein Rückwärtsgang. Aber wirklich nachteilig ist nur der Preis: ab 36'500 Franken. Doch die LiveWire will nicht die Töffwelt elektrifizieren. Sondern sagen: Harley kann sogar das.

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