Von Wanderdüne bis Nasenbär
Die 10 gemeinsten Auto-Spitznamen

Bei Töffs gibts «Gummikühe» und «Güllepumpen», aber auch Spott-Namen für Autos sind nicht von netten Eltern: Hier kommen zehn der fiesesten Spitznamen aus der Automobilgeschichte.
Publiziert: 13.05.2023 um 05:35 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2023 um 16:04 Uhr
Timothy Pfannkuchen

BMW 1er – das Hängebauchschwein

Foto: Ringier Auto & Mobilität

In den 1950er-Jahren rief der Volksmund den BMW 501/502 spöttisch «Barockengel» – und prompt sorgte der neue, aber bereits sehr «alte» Typ mit dafür, dass BMW fast pleite ging. Es folgten Jahrzehnte ohne fiese Spitznamen. Bis Chris Bangle (66) Designchef wurde. Teils machte er die Marke zukunftsfit, beispielsweise mit dem Bediensystem «iDrive» – aber der 1er von 2004 (im Bild) wurde der Linie wegen «Hängebauchschwein» genannt. Na und? Der 1er wurde trotzdem ein Hit.

British Leyland – British Elend

Foto: zvg

Es müssen nicht nur Modell-Spitznamen sein: Die Idee, konkurrierende Marken zum Riesen- und später gar Staatskonzern zusammenzufassen, läutete 1968 den Untergang von Marken wie Alvis, Austin, Morris, Riley, Rover, Triumph oder Wolseley und somit die düsterste Phase des britischen Fahrzeugbaus ein. Der Name des neuen Konzerns ganz im Sinne der Krone: British Leyland. Tiefpunkte wie der hässliche und qualitativ vergeigte 1973er Austin Allegro (im Bild) machten daraus bald das «British Elend».

Glas 2600/BMW 3000 – der Glaserati

Foto: zvg

Eigentlich hätte Hans Glas (†79) aus Dingolfing nahe München D zufrieden sein können. Das Goggomobil war ein Hit und die Limousinen fortschrittlich. Aber dann wollte er zu viel: Sein Glas 2600 von 1965 katapultierte ihn statt nach oben, direkt in die Pleite. Niemand kauft ein V8-Luxuscoupé, das wegen der Ähnlichkeit zu Maserati als «Glaserati» verlacht wird. BMW griff zu, lieferte noch ein paar Coupés mit BMW-Logo als 3000er (im Bild) aus – und 1968 wars vorbei mit der Marke Glas.

Hanomag 2/10 PS – das Kommissbrot

Foto: zvg

«Ein Kilo Blech, ein Kilo Lack – und fertig ist der Hanomag!», dichtete der Volksmund zum Hanomag 2/10 PS von 1925 bis 1928. Das 2,78 Meter kurze und 1,18 Meter schmale Wägelchen bot Minimal-Mobilität. Die Kunden griffen lieber für etwas mehr Geld zu «richtigen» Autos wie dem Citroën-Plagiat Opel 4 PS («Laubfrosch»). Auch, weil die Hanomag-Form ans geschmacksfreie Militär- und Notstands-Brot des Ersten Weltkriegs erinnerte – das «Kommissbrot».

Lloyd 300 – der Leukoplastbomber

«Wer den Tod nicht scheut, fährt Lloyd», hiess es in den 1950er-Jahren. Das Kleinstmobil Lloyd 300 besass von 1950 bis 1952 eine mit Kunstleder bezogene Karosserie aus Sperrholz, was zusammen mit dem plärrenden Zweitakt-Motörchen mit 10 PS nicht gerade ein Gefühl der Sicherheit hinterliess. Zudem sah der raue Überzug etwas aus wie das medizinische Pflaster-Klebeband der Marke Leukoplast – und prompt rief man den Lloyd dann halt «Leukoplastbomber».

Mercedes LP 315 – der Adventskalender

Foto: zvg

Später als andere Lastwagen-Hersteller ging Mercedes den Schritt vom klassischen Camion mit langer Motorhaube hin zum sogenannten Frontlenker, bei dem die Fahrerinnen vor statt hinter dem Motor sass. Erst verschärfte Längen- und Gewichtsvorschriften führten 1955 zum LP 315. Die Chauffeure reagierten mit Häme – denn schon fürs Ölnachfüllen musste statt einfach der Haube eine der Wartungsklappen geöffnet werden. Prompt nannten sie ihn den «Adventskalender».

Mercedes 200 D – die Wanderdüne

Foto: zvg

Mit dem ersten Diesel-Personenwagen schrieb Mercedes 1936 Geschichte – und brockte sich mit den unzerstörbaren, aber lethargischen Selbstzündern den Namen «Wanderdüne» ein, als deren mangelnde Power unzeitgemäss wurde. Im 200 D der «Strich Acht»-Reihe ab 1968 (im Bild) vergingen im aussichtslosen Kampf von 55 PS gegen 1,4 Tonnen mit Automat lange 34 Sekunden bis Tempo 100. Mit dem Turbodiesel machte Mercedes ab 1978 aber Schluss mit lahm.

Smart ForTwo – der Elefantenrollschuh

Kaum ein Auto hat sich so viele Gemeinheiten anhören müssen wie der von Swatch-Gründer Nicolas Hayek (†82) erdachte und dann von Daimler als Smart gebaute ForTwo. Als er 1998 noch als Smart City-Coupé startete, erntete der 2,50 Meter kurze Flitzer viel Lob, aber auch viel Kritik – und viel Spott: Ob «Asphaltblase», «Krankenfahrstuhl», «Hueschteguetsli» oder wie einst die Isetta «Kugelblitz» – aber kein Spitzname ist so wunderbar gemein wie der «Elefantenrollschuh».

VW 1600 TL – Traurige Lösung

Foto: zvg

Eigentlich sollte der 1965 gestartete 1600 TL der edlere Bruder der seit 1961 angebotenen 1500er-Typen mit Stufen- und Kombiheck werden. Aber schnell deutete der Volksmund das Kürzel TL vom offiziellen «Touren-Limousine» in «Traurige Lösung» um. VW bemerkte den Schrägheck-Designfehler und behielt zwar Typ und Kürzel bei, aber lieferte im Jahr darauf auch Limousine und Variant (Kombi) als 1600er mit grösserem Motor und mehr Ausstattung aus.

VW 411/412 – der Nasenbär

Foto: zvg

Beim 1600er (im Bild) hatte VW schon die Zeichen der Zeit verpasst und keinen Viertürer angeboten, weshalb der Volksmund den 411 von 1968 auch als «4 Türen, 11 Jahre zu spät» verhöhnte. Hinzu kam das plumpe Design: Der «Nasenbär» war geboren. Zusammen mit dem Festhalten am veralteten Heckmotor endete das im Flop. Als der zum 412 geliftete 411 dann 1974 in Rente ging, wäre VW ohne den zum Passat umgemodelten Audi 80 schon pleite gewesen.

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