Die McLaren-Erfolgsstory
Das unverflixte siebte Jahr

Seit 2011 wirbelt McLaren die Supersport-Welt durcheinander. Auf Schwarzwald-Tour im Erstling 12C und Neuling 720S wird klar, warum die Briten auf der Erfolgsspur sausen.
Publiziert: 08.07.2018 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2018 um 15:55 Uhr
McLaren 720S
Foto: Werk
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Timothy Pfannkuchen

Eine Reise nach Baden-Baden ist eine in die Vergangenheit. In diesem im besten Sinne altmodischen deutschen Kurstädtchen gibts noch ehrwürdige Grandhotels, Salons statt Bistros und livrierte Portiers. Passenderweise verwandelt der erste Strassen-McLaren der Moderne den mit Schwarzwald-Kurven gesättigten Weg von Zürich her ebenfalls in eine Zeitreise: Wir fahren heute drei McLaren, darunter den 12C als ältesten der Neuzeit, den stark gelifteten Nachfolger 650S sowie dessen völlig neuen Erben von heute, den 720S: 250 Kilometer, die verraten sollen: Was macht die Boliden aus Woking (GB) so erfolgreich?

BLICK-Autoredaktor Timothy Pfannkuchen kann den McLaren 12C von 2011 und den aktuellen 720S direkt miteinander vergleichen.
Foto: Werk

Maximal 5000 Supersportwagen

Seit 1963 ist Bruce McLarens Rennstall ein Begriff in der Formel 1. Beim Strassensport bliebs mit dem F1 anno 1993 bei 72 Exoten (den Mercedes-McLaren SLR ignorieren wir hier nonchalant). Dann, 2011, ging der 12C in Serie. Noch vor sechs Jahren warens nur wenige hundert Flundern jährlich, letztes Jahr 3300 (zum Vergleich: Lamborghini 3800, Ferrari 8400). Dieses Jahr dürfte die 4000-Grenze fallen, und ab 2020 sollen es – nein, eben nicht viel mehr werden, sondern maximal 5000 Supersportwagen, die dank ihres technisch-perfektionistischen Images gerne auch im Revier des 911er-Porsche wildern.

Derweil aber Porsche global heute eher SUV-Hersteller ist und sich gar Lamborghini (Urus) und Ferrari (SUV kommt 2019) dem Trend zum leichten Geldverdienen beugen, hängt sich McLaren keinen Lifestyle-Klotz ans Sport-Bein – und schreibt trotzdem seit 2014 schwarze Zahlen.

Schwierige Übersicht

Die nötige Modellexplosion schafft Nomenklatur-Probleme. Selbst als Autoredaktor grübelt man, welches Modell mit welchem verwandt, wo in der Hierarchie angesiedelt ist. McLaren nennts «Sports Series» (540C, 570S/GT/S Spider und neu 600LT), «Super Series» (720S) und «Ultimate Series» (Senna, 2019 der BP23). Wir fahren heute mit dem 12C von 2011, seinem Nachfolger 650S und dem aktuellen 720S die «Super Series».

Die «Super Series» von McLaren begann 2011 mit dem 12C (l.), dann folgte der 650S (m.) und fand vorläufig mit dem aktuellen 720S (r.) seine Krönung.
Foto: Timothy Pfannkuchen

Der McLaren 12C

Sobald der erste je gebaute Serien-12C loslegt, bläst er uns auch nach sieben Jahren und über 60'000 Kilometern auf dem Zähler die Ratio weg und scheucht im Bauch die Schmetterlinge auf: Wow, was für ein Sportwagen! Klar klafften im 12C gut gemeint und gut gemacht noch auseinander: Die Lüftungsdüsen fassen sich an wie ein Spielzeug aus der Krabbelkiste, die Türverkleidungen haben den Charme einer Laubsägearbeit, und das Infotainment erspart Kreuzworträtsel. Aber ein gerüttelt Mass Exzentrik zählt in dieser Liga zur Kür, und in der Pflicht räumt der 12C noch heute ab: Geht mit 625 PS für runde 1,4 Tonnen wie wild und federt zwar steifbeinig, aber selbst mit der noch recht wolkigen Lenkung kurvt man hier fast alles platt, was Breitreifen hat.

Mit dem 625 PS starken 12C begann vor sieben Jahren die Erfolgsgeschichte von McLaren.
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Der McLaren 720S

Ganz zu schweigen vom ganz neuen 720S von heute, dem Sahnestück in Partylaune mit 720 PS für nicht mal 1,3 Tonnen und für 267'720 (mit Optionen locker jenseits 300'000) Franken. Tempolimiten empfindet man als Gängelei, weil der 720S mit Tempi um Bögen pfeilt, um die Jedermannsautos schon auf der Geraden froh wären. Der Brite klebt am Asphalt, stürmt fast beängstigend ansatzlos wie vom Katapult geschossen los und schüttelt all das überragend locker aus dem Ärmel. So scharf die Lenkung, so soft ist der Supersportler in der City: Er kann auch ganz brav und übersichtlich. Die reine Perfektion ohne Reue, ein Supersportwagen aus dem Bilderbuch – der sich bis auf ein paar McLaren-Spleens null Patzer bei Qualität oder Bedienung leistet.

Der 720S ist der jüngste Spross der «Super Series».
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Der Stromschlag kommt

Ein V8-Bolide von gestern, da allerorten Elektromobile spriessen? Bis 2022 soll die Hälfte der bis dahin noch anstehenden elf Neuheiten dank Strom noch barbarischer laufen und zu den Hybriden ein vollelektrischer McLaren stossen. Zeitreisen gehen auch in die Zukunft.

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