Elektroauto-Verkäufe 2020
Schweiz vor Deutschland, Europa vor China

Erstmals werden dieses Jahr in Europa mehr Elektroautos als in China verkauft. Während die EU – und mit ihr die Schweiz – voll auf Strom abfahren, brechen die E-Verkäufe im Reich der Mitte ein.
Publiziert: 23.12.2020 um 03:45 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2021 um 15:32 Uhr
Andreas Engel

Die Vereinigung der Schweizer Autoimporteure, Auto-Schweiz, hatte Anfang 2018 ein beachtliches Ziel anvisiert: Zehn Prozent Anteil sogenannter Steckerfahrzeuge bei den Neuzulassungen, also Autos mit Plug-in-Hybrid- oder reinem Elektro-Antrieb, bis Ende 2020. Lange Zeit wurde das Ziel von vielen Branchenexperten nicht nur als ambitioniert, sondern schlicht als unmöglich realisierbar abgetan.

Dann kam der Siegeszug der Stromer. Während ihr Marktanteil 2019 nur rund fünf Prozent betrug, ist er in den ersten elf Monaten von 2020 auf 12,7 Prozent gewachsen – Tendenz weiter steigend. Gemäss Statistik von Auto Schweiz wurden bis November 14'861 reine Stromer neu immatrikuliert, das entspricht einem Marktanteil von 7,2 Prozent. Die weiteren 5,5 Prozent (oder 11'435 Autos) sind Plug-in-Hybride, also Autos mit Verbrennungs- und Elektromotor sowie einem grösserem Akku.

Schweiz vor den Nachbarn

Im europäischen Vergleich nimmt die Schweiz damit den sechsten Platz ein, wie eine Auswertung des CAR-Centers der Uni Duisburg-Essen (D) zeigt. Beim Marktanteil (Zeitraum Januar bis September 2020) mit grossem Abstand an der Spitze steht Norwegen mit einer Elektroquote von 70,8 Prozent. Kein Wunder: Die Nordländer pushen Verkäufe von E-Autos seit Jahren mit hohen staatlichen Subventionen. Auf den weiteren Rängen folgen Schweden (27,9 Prozent), Finnland (16,7 Prozent), die Niederlande (15,8 Prozent) und Dänemark (13,0 Prozent). Die deutschsprachigen Nachbarn Deutschland und Österreich landen mit 10,0 beziehungsweise 7,4 Prozent jedoch klar hinter der Schweiz.

Batterieelektrische Fahrzeuge werden weltweit für die Autobauer immer wichtiger. Eine neue Untersuchung des CAR-Centers der Uni Duisburg-Essen (D) zeigt die aktuellen Marktentwicklungen.
Foto: Gudrun Muschalla
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Europa überholt China

Beim Vergleich der 28 EU-Länder plus Norwegen und Schweiz mit dem bisherigen Elektro-Leader China zeigt sich, dass Europa das Reich der Mitte punkto absoluter Zahlen und auch E-Marktanteil 2020 überholen wird. Bis Ende September lag der E-Anteil auf dem alten Kontinent mit fast 770'000 verkauften Autos bei neun Prozent. Allein 350'000 davon waren Plug-in-Hybride, wobei Deutschland bei diesem Antrieb die klare Spitzenposition (105'000 Autos) innehat. China hingegen kommt mit 662'000 verkauften Stromern lediglich auf einen Marktanteil von 3,9 Prozent – und hinkt damit seinen selbstgesteckten Zielen massiv hinterher.

USA abgeschlagen

Denn auch die chinesische Staatsmacht hatte sich für 2020 dasselbe Ziel wie die Schweiz gesteckt: zehn Prozent Steckerfahrzeuge. «Die Zentralregierung in Peking hat mehrfach betont, dass mit der Bekämpfung der Corona-Rezession der Fokus stärker auf Verbrenner-Fahrzeuge gelegt wird, da die Industrie hier lieferfähiger ist», erklärt Ferdinand Dudenhöffer (69), Direktor CAR. Das langfristige Ziel Pekings, den E-Anteil an Neuwagen bis ins Jahr 2025 auf 20 Prozent, sprich fünf Millionen E-Autos, zu erhöhen, rückt damit allerdings in recht weite Ferne.

Verglichen mit Chinas globalem Gegenspieler USA steht das Reich der Mitte aber gut da: Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten finden E-Fahrzeuge bei den Pick-up-Truck-verwöhnten Kunden nur begrenzt Anklang: 245'000 Steckerfahrzeuge wurden 2020 in Amerika ausgeliefert – 196'000 davon stammen vom US-Unternehmen Tesla.

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