Für die Umwelt: Brennstoffzelle statt Diesel bei LKW
Wasser marsch für Brummis

Für Personenwagen scheint die Brennstoffzelle kein Thema mehr. Doch für grosse Lastwagen durchaus. Viele Hersteller springen auf den von China angeführten Zug auf. Aber noch sind einige Technik-Hürden zu nehmen.
Publiziert: 12.06.2020 um 20:41 Uhr
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Aktualisiert: 19.03.2021 um 20:23 Uhr
Wolfgang Gomoll

Aktuell scheint es, als ob Brennstoffzellen-Personenwagen keine Zukunft hätten. Die grossen Autobauer schwören sich fast alle auf Batterien als Energiespender für ihre E-Motoren ein. Dagegen erhalten die Brennstoffzellen für Lastwagen immer mehr Rückenwind. Sie könnte ein wichtiges Argument werden, um auch bei den schweren Brummis die Schadstoffemissionen gegen null zu senken.

Das hat beispielsweise China erkannt und die Förderung von Brennstoffzellen zum ersten Mal offiziell in ihre nationalen Entwicklungspläne aufgenommen. Damit kommt Druck auf den Kessel. Toyota hat die Zeichen der Zeit erkannt, und beteiligt sich mit fünf weiteren Unternehmen (u.a. China FAW Corporation, Dongfeng Motor Corporation) an einem neuen Joint Venture namens «United Fuel Cell System R&D».

Rückständige LKW-Technik

Allerdings herrscht bei der LKW-Brennstoffzellentechnik noch Aufholbedarf. So gehen Experten davon aus, dass sie der PW-Brennstoffzellentechnik um mehrere Jahre hinterherhinkt. Toyota entwickelt gemeinsam mit dem japanischen Nutzfahrzeughersteller Hino Motors einen Brennstoffzellen-LKW, der eine Reichweite von 600 Kilometern schaffen soll. Das elf Meter lange Nutzfahrzeug basiert auf dem Hino Profia und hat ein Gesamtgewicht von 25 Tonnen.

Für PWs (wie hier den Toyota Mirai) scheint die Brennstoffzelle keine Zukunft zu haben. Die PW-Hersteller setzen vor allem auf Batterien als Energiespender für ihre E-Motoren.
Foto: ZVG
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Extensiver Leichtbau soll die Lademöglichkeiten und das Ladevolumen erhöhen. Der Antriebsstrang mit zwei Brennstoffzellen-Stacks stammt vom Toyota-PW Mirai und wird für den Einsatz im LKW hochskaliert. So profitieren die Brummis vom Forschungsvorsprung der PW.

Daimler und Volvo tun was

Daimler tut sich mit Volvo Trucks (pikanterweise eine Marke, an der Grossaktionär Geely beteiligt ist) zusammen, um in einem gemeinsamen Joint Venture an konkurrenzfähigen Brennstoffzellen-LKWs zu arbeiten. Mit dem Ziel, in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts schwere Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge für den anspruchsvollen Fernverkehr in Serie anzubieten. «Die Brennstoffzelle ist eine entscheidende CO2-neutrale Lösung für LKW im schweren Fernverkehr», erklärt Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG.

Auch Zulieferer springen auf

Diese Weisheit ist nicht nur bei den grossen LKW-Bauern angekommen. Zulieferer Bosch entwickelt gemeinsam mit dem US-Unternehmen Nikola Truck einen 40-Tönner, der bereits in drei Jahren über die Strassen rollen soll. Ein wichtiges Ziel ist eine konkurrenzfähige Reichweite. In welchen Dimensionen die Amis denken, haben sie schon vor einigen Jahren mit dem Brennstoffzellen-Prototypen Nikola One gezeigt, der eine Reichweite von 1600 Kilometern hatte.

Wie meistens bei Prototypen dürfte die kommende Realität nicht ganz so viel Reichweite schaffen. Bosch liefert unter anderem die eAchse, die Antriebsstrangsteuerung sowie wichtige Komponenten für die Brennstoffzelle.

Die Schweiz hat die Nase vorn

Interessanterweise entwickelt sich aber auch die Schweiz zu einem Testfeld für Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge. Der koreanische Autobauer Hyundai hat bei uns schon den Fuss in der Türe und will bis 2025 nicht weniger als rund 1600 Brennstoffzellen-LKWs des Modells H2 Xcient auf unseren Strassen einsetzen.

Der Kniff, mit dem die Koreaner uns Schweizern die kostspieligen Wasserstoff-Transporter, deren Reichweite rund 400 Kilometer beträgt, schmackhaft machen will, ist ein ausgetüfteltes Bezahlmodell: So kauft beispielsweise Coop die LKWs nicht, sondern mietet sie lediglich – zu einem Kilometerpreis, der dem eines Diesellasters entspricht.

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