Interview mit Volvo-CEO Jim Rowan
«Wir werden an die Zahlen von Tesla herankommen»

Volvo hat sich vom chinesischen Konzernmutter Geely emanzipiert. Die Schweden setzen konsequent auf E-Mobilität und werden damit erfolgreich sein, verspricht CEO Jim Rowan. Wir treffen den Schotten an der Spitze des schwedisch-chinesischen Autobauers zum Gespräch.
Publiziert: 14.12.2023 um 13:21 Uhr
Interview Joaquim Oliveira

Kürzlich stellte Volvo mit dem EX30 ein neues Einstiegsmodell und mit dem EM90 einen Van vor – beide elektrisch. So will Volvo auf den drei Hauptmärkten Europa, China und USA punkten. Wir trafen Volvo-CEO Jim Rowan (58), um mit ihm über seine Strategie und die nähere Zukunft seiner Marke zu sprechen.

Herr Rowan, Volvo verabschiedet sich 2024 vom Diesel. Und bald auch von der Plug-in-Hybrid-Technik?
Jim Rowan: Wir haben in unseren weltweiten Forschungs- und Entwicklungszentren noch Testeinrichtungen, investieren aber nicht mehr in die Plug-in-Hybrid-Technik. Wir haben bei unseren Plug-in-Modellen XC60 PHEV und XC90 PHEV getan, was wir konnten, um die Reichweite zu erhöhen. Dabei nutzten wir den gleichen Raum und das gleiche Plattformlayout, erhöhten aber die Reichweite durch eine Batterie mit höherer Energiedichte und einer verbesserten Leistungselektronik.

Ist es nicht eine seltsame Vorstellung, dass Volvo in sechs Jahren nur noch reine E-Autos bauen will?
Überhaupt nicht. Tesla, weltweit die Nummer 1 im Verkauf von E-Autos, macht das schon seit Jahren und verkauft eine Menge Autos. Wir begeben uns nicht auf dünnes Eis, wenn wir das auch so machen. Tesla ist Marktführer bei den Verkaufszahlen und der erfolgreichste Autohersteller in Bezug auf die Marktkapitalisierung. Das ist der Beweis, dass man als reine E-Automarke schon heute sehr erfolgreich sein kann.

Seit März 2022 steht der 58-jährige Jim Rowan als CEO und Präsident an der Spitze von Volvo.
Foto: ZVG.
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Volvo stellt schnell und konsequent auf E-Mobilität um. Andere Marken lassen sich mehr Zeit. Was uns Konsumenten stört, ist, dass die Autohersteller bei der Ladeinfrastruktur nicht an einem Strang ziehen.
Ja, leider. Wir Hersteller sitzen alle in einem Boot. Da macht es keinen Sinn, unterschiedliche Ladenetzwerke für die Nutzer einzurichten. Egal, ob es sich um DCS oder Ionity handelt. Wir haben mit Tesla in den USA eine Vereinbarung über die Nutzung ihrer Ladestationen getroffen. Und ich glaube, dass dies ein Beispiel wäre, dem man auch in Europa und anderen Regionen folgen sollte.

Viele ihrer Kollegen jammern und bezeichnen die E-Mobilität als grösste Revolution im Automobilbau der letzten 100 Jahre …
… und übersehen dabei, dass sie auch viele Vorteile bietet. Ich bin Fertigungsingenieur, komme aus dem Technologiesektor und habe meinen Master in Lieferketten gemacht. Ich weiss, wie komplex die Lieferketten für die Verbrennungstechnik sind – für all die Motoren mit ihren verschiedenen Hubräumen, unterschiedlichen Kolbengrössen, Kolbenringen, Zylinderköpfen usw. Bei der E-Mobilität ists viel einfacher. Da gibts ein E-Motor, vielleicht in zwei Grössen und eine Batterie. Um unterschiedliche Leistungen für verschiedene Fahrzeugsegmente zu erhalten, fügt man einfach weitere Module hinzu oder verkleinert sie. Dabei erhält man das Drehmoment umsonst.

Persönlich: Jim Rowan

Seit März 2022 steht der Schotte Jim Rowan (58) als CEO und Präsident an der Spitze von Volvo Cars. Er löste den langjährigen Chef Hakan Samuelsson (72) ab. Vor seinem Wechsel zu Volvo war Rowan zwei Jahre Investor, Vorstandsmitglied und CEO bei Ember, davor von 2012 bis 2020 COO und CEO bei Dyson. Dort trieb er die E-Commerce-Strategie des Unternehmens voran, brachte neue innovative Produkte auf den Markt und steigerte den weltweiten Marktanteil.

Seit März 2022 steht der Schotte Jim Rowan (58) als CEO und Präsident an der Spitze von Volvo Cars. Er löste den langjährigen Chef Hakan Samuelsson (72) ab. Vor seinem Wechsel zu Volvo war Rowan zwei Jahre Investor, Vorstandsmitglied und CEO bei Ember, davor von 2012 bis 2020 COO und CEO bei Dyson. Dort trieb er die E-Commerce-Strategie des Unternehmens voran, brachte neue innovative Produkte auf den Markt und steigerte den weltweiten Marktanteil.

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Folglich gibts keinen Grund, warum neue E-Autos teurer als äquivalente Verbrennerautos sind?
Sind sie auch nicht, jedenfalls nicht bei uns. Selbst im preisempfindlichen Kleinwagensegment nicht. Wir bieten unseren neuen EX30 für 35’000 Dollar an (in der Schweiz ab Fr. 36’800 Fr., Anm. d. Red.). Worauf ich hören musste, wir würden unsere Gewinnspanne vernichten. Was nicht stimmt. Die meisten Autohersteller sind sehr verschwiegen, was ihre Margen bei Elektro- und Verbrennerautos angeht. Wir sind transparent. Die Kosten für Lithium können die Gleichung ab und zu etwas verändern, aber wir haben heute bei den E-Autos eine Marge von neun Prozent. Und werden diese mit dem EX30 auf 15 bis 20 Prozent verbessern. Das ist nicht weniger als die Marge bei den Verbrennern, das versichere ich Ihnen.

Können Sie das beweisen?
Das fragen mich unsere internationalen Händler auch immer. Ich sage nur: In sieben Monaten, wenn wir die Ergebnisse fürs zweite Quartal 2024 präsentieren, werden alle sehen, wie viele EX30 wir verkauft haben. Dann wird ersichtlich, wie hoch die Gewinnspanne des Fahrzeugs ist. Ich verspreche Ihnen, wir werden die Einzigen sein, die in dieser Hinsicht an die Zahlen von Tesla herankommen. Und wir werden bei den ersten unter den Traditionsunternehmen sein, welche die Gewinnschwelle geschafft haben und anständige E-Auto-Verkaufszahlen und Gewinnmargen ausweisen.

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