Mercedes E 300 de T-Modell im Fahrbericht
Diese E-Klasse lädt doppelt

Mercedes hat seine E-Klasse überarbeitet – optisch wie technisch. Die Dieselmodelle spielen gerade in Europa weiterhin eine zentrale Rolle – selbst bei der noch verbrauchsarmeren Plug-in-Hybrid-Version! BLICK sass schon hinterm Steuer.
Publiziert: 12.08.2020 um 11:03 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2020 um 11:34 Uhr
Stefan Grundhoff

Bei diesem Namen können Uneingeweihte verzweifeln: Die Plug-in-Hybrid-Version der überarbeiteten E-Klasse heisst ganz offiziell Mercedes E 300 de 4matic T-Modell. Selbst Mercedes-Fans verstehen da nicht selten nur noch Bahnhof: Einst stand die Zahl 300 bei den Schwaben für standesgemässe sechs Zylinder unter der eleganten Haube. Doch in Downsizing-Zeiten schrumpft die Anzahl Brennkammern selbst beim Daimler-Kernmodell auf vier zusammen.

Hinter dem Zusatz «de» verbirgt sich zudem eine Kombination, die selten ist auf dem Markt: Neben dem Vierzylinder-Diesel vorne arbeitet im Tunnel des Neungang-Automatikgetriebes ein Elektromodul, das seine Kraft durch eine aufladbare Batterie im Heck bezieht. Die Bezeichnung 4matic steht bei Mercedes für 4x4, und mit dem zusätzlichen Anhang T-Modell deklariert Mercedes seit eh und je seine besonders praktischen Kombimodelle.

Sechszylinder-Niveau

Nach all dem Wirrwarr aus Zahlen und Buchstaben kommen wir zu den harten Fakten – und die beeindrucken, zumindest auf dem Papier. Der Vierzylinder-Diesel mit seinen 194 PS (143 kW) bekommt durch den angesprochenen Elektromotor mit einer Zusatzleistung von 122 PS (90 kW) eine Extra-Portion Boost. So steigt die Systemleistung mit 306 PS (225 kW) und einem maximalen Drehmoment von stattlichen 700 Nm tatsächlich auf Sechszylinder-Niveau.

Ab sofort steht die E-Klasse technisch und optisch überarbeitet beim Mercedes-Händler.
Foto: Mercedes-Benz AG – Global Communications Mercedes-Benz Cars & Vans
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Aus dem Stand spurtet der allerdings über 2,2 Tonnen schwere Kombi in 6,0 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h. Wermutstropfen: Auch wenn die Leistungsdaten beeindrucken, tönt das Triebwerk im Elektromodus entweder gar nicht (wenn elektrisch unterwegs) oder im Verbrennerbetrieb schwächlich und wenig sonor. Umso imposanter ist der in der Praxis wohl kaum zu schaffende Mikroverbrauch von nur 1,7 l/100 km, mit dem sich der schwäbische Allradler zufriedengeben soll. Die rein elektrische Fahrstrecke liegt bei 45 Kilometern, was einem Stromverbrauch von 16,6 kWh/100 km entspricht. Das Tankvolumen liegt bei überschaubaren 50 Litern.

Innen endlich alles neu

Während bei der Kombiversion im Gegensatz zur Limousine in erster Linie die Front überarbeitet wurde und das Heck nahezu unverändert blieb, ziehen jetzt auch im Innenraum des T-Modells Digital-Instrumente und das Bediensystem MBUX ein – in der Basisversion mit jeweils 10,25 Zoll und optional dann grösser. Zudem gibts ein neues Lenkrad mit berührungsempfindlichen Tasten.

An letztere muss man sich aber gewöhnen: Um den richtigen Menüpunkt zu treffen, muss man mitunter vorsichtig scrollen und drücken – der ein oder andere haptische Taster hätte das Ganze erleichtert. Und auch nur schwer verständlich ist, wieso auf der breiten Mittelkonsole noch immer das Touchpad thront, das die Bedienung der einzelnen Funktionen nicht erleichtert und auch noch Platz kostet. Das alles geht per Sprache oder Touchdisplay deutlich besser.

Auch Assistenten topp

Deutlich nachgelegt hat Mercedes bei den Fahrassistenten: So arbeitet der Abstandstempomat nicht nur mit Kamera und Radar, sondern bezieht neu auch die Verkehrsinfos des Navis mit ein. Im Stau ist die E-Klasse nahezu ohne Zutun des Fahrers unterwegs und fährt gar automatisch für eine Rettungsgasse zur Seite! Nimmt man die Hände allerdings länger als 15 Sekunden vom Lenkrads, gibts eine Warnmeldung – autonomes Fahren bleibt weiterhin ein Wunschtraum. Neben Features wie dem intelligenten Abbiege-Assistenten warnt nun auch die E-Klasse die Passagiere beim Aussteigen – wenn etwa ein Velofahrer von hinten angerauscht kommt.

Ein teurer Reisetraum

Die grosse Stärke des 4,95 Meter langen Plug-in-Hybrid-Kombis bleibt seine Langstreckentauglichkeit, die man in dieser Klasse erwarten kann. Doch die E-Klasse macht alles noch etwas besser, als es an sich sein müsste. Sitze, Klimatisierung, Geräuschniveau – so wünscht man sich einen Langstreckenkombi. Und zwar einen, der variabel ist und noch kräftig Ladegut schlucken kann. Platz hat das hybride T-Modell, doch die deutliche Stufe im Kofferraum ist eine nennenswerte Einschränkung des Nutzens. Anders als in den übrigen E-Klasse T-Modellen stehen im 300 de mit 480 bis 1660 Liter Volumen 160 Liter weniger hinter der elektrischen Heckklappe zur Verfügung.

Mehr statt weniger steht dafür in der Preisliste der aufladbaren E-Klasse: 84'850 Franken kostet der 300 de T-Modell mit Allradantrieb. Zum Vergleich: Der günstigste Diesel E 220 d ohne 4x4 geht ab 65'800 Franken los.

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