Microcars sind bisher ein Flop – die Gründe
Jeder mag sie, keiner kauft sie

Sie sehen herzig aus. Kaufen will die elektrischen Microcars wie Renault Twizy, Microlino, Citroën Ami oder Opel Rocks-e jedoch kaum jemand. Das hat seine Gründe.
Publiziert: 17.12.2023 um 13:05 Uhr
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Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Offizielle Schweizer Zulassungszahlen kleiner Elektro-Vierräder wie Renault Twizy, Microlino, Citroën Ami, Fiat Topolino oder Opel Rocks-e zu finden, ist nicht einfach. Die Importeursvereinigung Auto-Schweiz listet sie in ihrer normalen Zulassungsstatistik nicht auf. Was aber nicht heissen will, dass man dort über die Immatrikulationszahlen der in der Schweiz offiziell als Leicht- und Kleinmotorfahrzeuge bezeichneten Elektro-Vierräder nicht im Bild ist.

Fragt man bei den Importeuren nach, heissts bei Opel zum Beispiel: «Unser Kontingent für den ab 9690 Franken erhältlichen Rocks-e ist dieses Jahr ausverkauft.» Klingt gut. Nur: Gemäss Auto Schweiz wurden vom elektrischen Opel-Zwerg vom 1. Januar bis Ende November 2023 genau 25 Fahrzeuge neu zugelassen. Ähnlich überschaubar die Zahlen bei Citroën mit dem baugleichen Ami: Vom Citroën-Winzling wurden bei uns in den ersten elf Monaten dieses Jahres gemäss Auto-Schweiz gerade mal 21 Exemplare neu eingelöst.

Spezialfall Schweiz

Das zeigt: Trotz grossem Jöh-Faktor mag die winzigen Elektrostromer bei uns kaum jemand kaufen. Ein Grund sind sicher die stolzen Preise. «Die Leichtfahrzeuge, die wir verkaufen», so ein Händler aus Österreich, «kosten in der Regel zwischen 16'000 und 20'000 Euro. Das können sich viele junge Menschen schlicht nicht leisten». In der Schweiz ist das nicht anders.

Microcars wie der vollelektrische Schweizer Microlino ...
Foto: ZVG.
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Dazu kommt in unserem Land, dass die offiziell als Leichtmotorfahrzeuge bezeichneten und auf maximal 45 km/h begrenzten Opel Rocks-e oder Citroën Ami mit dem Ausweis der Kategorie F (16 Jahren) und gelbem Nummernschild gefahren werden dürfen. In Nachbarländern wie Frankreich, oder Deutschland können diese Fahrzeuge dagegen mit speziellen Fahrausweisen schon für 14- oder 15-Jährige zugelassen werden.

Viel Geld für wenig Auto

Trotzdem ist auch in diesen Ländern kein Microcar-Boom auszumachen. «Nach Corona ist das Interesse junger Menschen, vor allem junger Frauen, an Microfahrzeugen zwar gestiegen», sagt der österreichische Händler. Schränkt aber sofort ein: «Wir reden aber nicht von grossen Stückzahlen.» So setzt er in seinem Land jährlich rund 40 neue und gebrauchte Leichtkraftfahrzeuge der Marke Ligier ab.

Auch bei den etwas grösseren und schnelleren Elektrozwergen wie dem Renault Twizy oder dem Microlino des Küsnachter Trottinett-Anbieters Micro geht die Nachfrage nicht durch die Decke. Gemäss Auto Schweiz wurden heuer bislang 479 Microlino auf Schweizer Strassen immatrikuliert. Insgeheim rechneten sich die Gebrüder Ouboter wohl mehr aus. Auch hier gilt: Wer einen Microlino mit anständiger Reichweite wünscht, zahlt schnell mal 20'000 Franken und mehr. Viel Geld für relativ wenig Auto.

Twizy erhält zwei Nachfolger

Und Renault bietet seinen Twizy in der Schweiz offiziell schon gar nicht mehr an. «Die 13 in diesem Jahr bei uns noch frisch zugelassenen Twizy müssen Lager- oder Ausstellungsfahrzeuge sein», vermutet Renault-Sprecher Marc Utzinger. Obwohl auch der Twizy nicht zum erhofften Verkaufsschlager wurde, erhält er mit den Modellen Duo und Bento gleich zwei Nachfolger. Während der Zweisitzer Duo ein reiner Personentransporter ist, versteht sich der baugleiche Bento mit seinem Rucksack als kleiner Gewerbetransporter für die Stadt. Beide werden von einem E-Motor im Heck angetrieben, schaffen eine Spitze von 80 km/h und rund 140 Kilometer Reichweite. Von beiden wird es auch auf 45 km/h Spitze limitierte Varianten geben, die es zum Beispiel in Deutschland erlaubt, die Fahrzeuge schon ab 15 Jahren mit dem Ausweis AM zu nutzen.

Doch auch dieses neue Duo dürfte die Microcar-Zulassungszahlen bei uns nicht massiv in die Höhe schnellen lassen. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Idee nicht weitere Nachahmer findet und Hersteller inspirieren kann. Denn sicher ist: Unsere Citymobilität muss sich mittelfristig neu erfinden.

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