Neue Stimmung in der US-Autoindustrie
General Motors verbannt ab 2035 Verbrenner

Fette Pick-ups und bollernde V8-Motoren: Für den US-Autobauer General Motors waren sie bis heute unverzichtbar. Doch das soll sich in den kommenden 15 Jahren radikal ändern.
Publiziert: 08.02.2021 um 05:00 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2021 um 18:00 Uhr
Andreas Faust

Von 1931 bis 2007 war General Motors (GM) der grösste Autoproduzent der Welt. Hochgezüchtete Muscle Cars, chromblitzende Strassenkreuzer und das Bollern grosser V8-Motoren heizten die Lust der Kunden aufs US-Auto an. Elektroautos? Nein danke: Vor 19 Jahren stampfte GM sein erstes E-Auto-Projekt EV1 ein. Weil die rund 800 Fahrzeuge nur vermietet wurden, konnte GM sie zurückfordern und verschrotten – weil man keine Ersatzteilversorgung dafür garantieren wollte.

Die Zeiten haben sich geändert – und wie. GM will leiser, grüner, elektrischer werden. Und macht Schluss mit den Verbrennungsmotoren. Ab 2035 sollen alle Autos von GM elektrisch angetrieben werden. «Wir fordern andere Anbieter auf, es uns nachzutun», sagt GM-Chefin Mary Barra zur neuen GM-Strategie.

Verbrenner hat noch 20 Jahre

GM ist nicht alleine: Zahlreiche Hersteller haben bereits den Ausstieg aus Benzin und Diesel angekündigt. VW und Mercedes beispielsweise wollen 2040 den letzten reinen Verbrenner verkaufen – erst fünf Jahre nach GM. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen alle Verbrenner mit Elektromotoren hybridisiert werden. Schon seit 2020 verkauft beispielsweise Volvo keine Neuwagen mehr mit einem reinen Verbrennungsantrieb. Zumindest Hybridisierung ist bei allen Modellen an Bord.

General Motors (GM) geht Verbrennern an den Kragen: Bis 2035 will GM-Chefin Mary Barra alle Modelle auf emissionsfreie Elektroantriebe umstellen.
Foto: Steve Fecht for General Motors
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Überraschend am GM-Vorstoss ist aber, dass der Konzern Hybridantrieb aussen vor lässt: Ab 2035 soll es überhaupt keine Verbrenner mehr im Programm geben, sondern nur noch Fahrzeuge ganz ohne Abgasemissionen. Damit erteilt GM auch den Plug-in-Hybriden (PHEV) mit Verbrennungsmotor und zusätzlichem E-Motor und einer Batterie zum Nachladen an der Steckdose eine klare Absage.

GM hängt sich an Joe Biden an

Während in der Schweiz letztes Jahr 14'429 solche PHEVs gegenüber 19'504 Batteriestromern verkauft wurden, spielen sie in den USA eine untergeordnete Rolle: 2019 wurden hier rund dreimal so viele batterieelektrische Fahrzeuge wie Plug-ins verkauft. Grund sind die längeren Fahrstrecken, auf denen PHEVs ihre Spritspar-Vorteile kaum ausspielen, aber auch der Hype um Elektropionier Tesla.

Mit dem Vorstoss spielt GM dem neuen US-Präsidenten Joe Biden (78) in die Hände. Während Vorgänger Donald Trump (74) auf fossile Treibstoffe setzte und die CO2-Problematik und Klimafolgen links liegen liess, hat Autofan Biden in den ersten Tagen seiner Amtszeit den Klimaschutz zum Leitmotiv seiner Politik erklärt. Biden plant schärfere Verbrauchsvorschriften, will die Flotten der Bundesbehörden auf Elektrofahrzeuge umstellen und bis zu 500'000 neue Ladesäulen aufstellen. Zudem erneuerte er den Beitritt der USA zum Pariser Klimaabkommen, das weltweit das Ziel einer CO2-neutralen Gesellschaft bis 2050 festschreibt.

Vom Saulus zum Paulus?

GM will bereits zehn Jahre früher seine Geschäfte klimaneutral betreiben. Als Reaktion darauf dürfte der Elektrifizierungsdruck auf andere US-Autobauer steigen. Ford mochte nicht kommentieren, erklärt aber, man wolle in den Segmenten, in denen man heute schon gut aufgestellt sei, künftig der führende Anbieter von Elektrofahrzeugen sein. Fords Pick-up F-150 ist seit Jahren das meistverkaufte Auto der USA.

Jetzt will GM selbst die Marke Hummer, einst Symbol für sinnfreie Autos mit irren Verbräuchen, elektrifizieren. Machte Joe Biden Druck? Wie die «New York Times» schreibt, könne die GM-Initiative auch mit Mary Barras politischem Gespür zusammenhängen. Heute greift sie die Klimapolitik von Joe Biden auf. Doch noch 2017 hatte sie dessen Vorgänger Donald Trump mit Erfolg gebeten, geplante Verschärfungen der Abgasvorschriften zu stoppen.


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