Neuer Cayenne im Check
Porsche geht ein Licht auf

Sechs Jahre nach dem Start bekommt Porsches Bestseller Cayenne eine Rundum-Auffrischung. Und für einmal fällt sie umfangreicher aus als blosse Designretuschen. Aber es heisst auch Abschied nehmen von einer Variante.
Publiziert: 21.05.2023 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.05.2023 um 17:02 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Das wurde mal Zeit: Seit 2017 gibts die aktuelle Generation des Porsche Cayenne – aber erst jetzt wird sie aufpoliert. Dabei sind sechs Jahre zwischen Lancierung und Aufhübschung für die zweite Lebenshälfte viel in der Autobranche. Warum liess sich Porsche so viel Zeit? Erstens, weils nicht Not tat. Auch 2022 war mit fast 96'000 Exemplaren jeder dritte neue Porsche ein Cayenne.

Und zweitens muss der Fünfplätzer länger durchhalten als die normalen acht Jahre. Wohl 2026 soll ein etwas grösserer, rein elektrischer Nachfolger enthüllt werden. Aber weil dann weder in Europa und erst recht nicht im Rest der Welt schon jeder einen Stromer kaufen wird, bleibt die aktuelle Generation ein paar Jahre parallel im Angebot. Vielleicht sogar mit einer weiteren Auffrischung.

Wie bisher gibts den Cayenne als klassischen Hochdach-SUV und als flacheres Coupé. Noch nie habe man bei einer Modellüberarbeitung mehr verändert als dieses Mal, sagt Porsches Baureihenleiter Michael Schätzle. Optische Änderungen sind neue Lufteinlässe an der Front, eine neu gekantete Haube und neu rutscht das Kontrollschild hinten in den Stossfänger. Effekt: Der Cayenne wirkt jetzt noch breiter. Aber technisch hat sich viel mehr getan: In diesen fünf Disziplinen ist der Cayenne neu aufgestellt.

Schon seit 2017 gibts die aktuelle Cayenne-Generation – aber erst jetzt, nach sechs Jahren, spendiert Porsche ein Facelift.
Foto: Zvg
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Flutlicht auf Rädern

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Weiter als 600 Meter darf ein Autoscheinwerfer gesetzlich geregelt nicht leuchten. Statt immer mehr Reichweite pusht Porsche beim neuen Cayenne daher die Auflösung: In jedem Scheinwerfer glühen zwei daumennagelgrosse Chips mit je 16'384 winzigen LEDs. Die lassen sich einzeln ein- und ausschalten oder in je 1024 Stufen dimmen. Linsensysteme wie in einer Kamera werfen das Licht breit oder besonders weit.

Man fährt also immer mit vollem Fernlicht, aber Gegenverkehr oder Vorausfahrende können randscharf aus dem Lichtkegel ausgeschnitten werden. Cool: In engen Baustellenspuren auf Autobahnen wird der Lichtkegel zwei Meter breit – genau wie das Auto. So sieht man, wo es eng werden könnte. Und Fussgänger am Strassenrand werden leicht angeblitzt, damit die Fahrerin aufmerksam wird.

Schluss mit dem Schlüssel

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Porsche hat das Cockpit umgekrempelt. Schluss für das legendär links platzierte Zündschloss – gestartet wird per Knopf. Der Getriebehebel ist auch weg, stattdessen wählt man die Fahrrichtung mit einer Art Kippschalter. Spitzname: Braun-Rasierer, weil er genauso ausschaut. Sonderlob gibts für das gekühlte Smartphone-Fach fürs induktive Laden: Nie wieder Ladeabbruch, weil das Telefon zu heiss wird.

Ausserdem hält im Cayenne das digitale Cockpit aus dem Elektro-Sportler Taycan Einzug. Ein gewölbtes 12,6-Zoll-Display zeigt die Instrumente auch ohne lästiges Dächlein gegen das Sonnenlicht und blendet nicht mehr. Für Porsche dürfte es Kosten sparen gegenüber analogen Anzeigen. Das Klima bedient man jetzt auf der glasgedeckten Mittelkonsole, aber muss dabei herunterschauen und den Arm weit vom Lenkrad wegbewegen. Sieht edel aus, aber früher wars intuitiver.

Drei sind zunächst genug

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Zum Start gibts drei Antriebsversionen, weitere dürften folgen: Basis ist ein V6 mit 353 PS (260 kW), darüber rangiert der E-Hybrid mit V6 und E-Motor und 470 PS (346 kW) Systemleistung. Letzterer schafft dank um 50 Prozent vergrösserter Batterie neu bis zu 90 Kilometer rein elektrisch und lädt jetzt mit neuem 11-Kilowatt-Lader in weniger als 150 Minuten voll. Beim Drehmoment liegt der Plug-in-Hybrid (PHEV) vorne und er überzeugt über Land mit reaktionsschnellem Zusammenspiel von Verbrenner und E-Motor.

Porsche Cayenne

Cayenne V6-3.0-l-Turbobenziner 353 PS (260 kW), 500 Nm@1450–4500/min, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, 0 bis 100 km/h in 5,7 s, Spitze 248 km/h, WLTP 10,8 l/100 km = 246 g/km CO₂-Ausstoss, Energie G
Cayenne E-Hybrid V6-3.0-l-Turbobenziner 304 PS (224 kW), Elektromotor 176 PS (130 kW), Systemleistung 470 PS (346 kW), 650 Nm, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, Batterie 25,9 kWh, 0 bis 100 km/h in 4,9 s, Spitze 254 km/h, WLTP 1,5 l/100 km = 33 g/km CO₂-Ausstoss, Energie F
Cayenne S V8-4.0-l-Biturbobenziner 474 PS (349 kW), 600 Nm@2000–5000/min, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, 0 bis 100 km/h in 4,7 s, Spitze 273 km/h, WLTP 12,4 l/100 km = 282 g/km CO₂-Ausstoss, Energie G
Masse L/B/H 4,93/1,98/1,70 m, Leergewicht 2055–2425 kg, Kofferraum 434–1708 l (je nach Antrieb und Karosserie)
Preise Cayenne ab 102'100 Franken, Cayenne Coupé ab 107'100 Franken

Cayenne V6-3.0-l-Turbobenziner 353 PS (260 kW), 500 Nm@1450–4500/min, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, 0 bis 100 km/h in 5,7 s, Spitze 248 km/h, WLTP 10,8 l/100 km = 246 g/km CO₂-Ausstoss, Energie G
Cayenne E-Hybrid V6-3.0-l-Turbobenziner 304 PS (224 kW), Elektromotor 176 PS (130 kW), Systemleistung 470 PS (346 kW), 650 Nm, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, Batterie 25,9 kWh, 0 bis 100 km/h in 4,9 s, Spitze 254 km/h, WLTP 1,5 l/100 km = 33 g/km CO₂-Ausstoss, Energie F
Cayenne S V8-4.0-l-Biturbobenziner 474 PS (349 kW), 600 Nm@2000–5000/min, 8-Stufen-Automatik, Allradantrieb, 0 bis 100 km/h in 4,7 s, Spitze 273 km/h, WLTP 12,4 l/100 km = 282 g/km CO₂-Ausstoss, Energie G
Masse L/B/H 4,93/1,98/1,70 m, Leergewicht 2055–2425 kg, Kofferraum 434–1708 l (je nach Antrieb und Karosserie)
Preise Cayenne ab 102'100 Franken, Cayenne Coupé ab 107'100 Franken

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Topmodell ist – bis auf weiteres – ein Biturbo-V8 mit vier Litern Hubraum und 474 PS (349 kW), der komplett überarbeitet wurde. Neu gibts sogenannte Single-Scroll-Turbolader, die Abgastemperaturen von über 1000 Grad Celsius und deshalb eine magere Verbrennung mit weniger Sprit vertragen. Das senkt den Verbrauch. Klar tritt der V8 wuchtig an – aber flinker wirkt dennoch der PHEV. Passé ist aber die einstige Turbo-Topversion – sie gibts aus Emissionsgründen nur noch in den USA.

Stahl oder Luft?

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Zwei Fahrwerke gibts mit Stahl- oder Luftfedern. Ersteres trägt neue Stossdämpfer, die beim Ein- und Ausfedern unterschiedlich reagieren können. Das spürt man tatsächlich, weil der Zweitönner kaum wankt und selbst in engen Kehren in der Balance bleibt. Zusammen mit der direkten Lenkung fühlt sich das Fünfmeter-Schiff viel kleiner und handlicher an. In manchen XL-SUVs hockt man wie auf einem Kutschbock – im Cayenne spürt man das Auto fast wie in einem 911er.

Auch die Luftfederung passt sich variabel an die Fahrsituation an und tänzelt noch einen Tick geschmeidiger die Schlaglöcher aus. Ihr grosser Vorteil: Sie wird mit den Fahrprogrammen gekoppelt und ermöglicht jetzt eine fühlbar grössere Spreizung zwischen sehr komfortabel und knallhart-sportlich. Kostet allerdings extra.

Unterhaltung an Bord

Bei Ferrari gibts ihn schon länger und auch in den teureren Stromern von Mercedes: Optional lässt sich im Cayenne ein Beifahrerbildschirm ordern. Der kann in puncto Navi oder Infotainment das gleiche wie sein grösseres Pendant in der Mitte, zeigt aber auch Fahrdaten wie Tacho, Fahrmodus oder die G-Kräfte an. Klassisches Fernsehen geht zwar nicht (wie bei Mercedes), aber die Lieblingsserie lässt sich hier ins Auto streamen – Abo vorausgesetzt. Eine Spezialfolie sorgt dafür, dass nur der Beifahrer gucken kann und die Fahrerin nicht abgelenkt wird. Das ist edler als ein Nachrüsthalter fürs Tablet, aber brauchts das wirklich? Den mittigen Touchscreen kann auch der Beifahrer erreichen und dank neuem Cockpit schielt er auch problemlos auf den Tacho. In flotter Fahrt dürfte zudem der Magen wenig Freude am Film haben.

Los gehts mit dem neuen Cayenne in der Schweiz im Juli. Günstiger ist jeweils die normale SUV-Version, während das Coupé Aufpreis kostet: Die Basisversion startet so ab 102'100 Franken; als Coupé werden mindestens 107'100 Franken fällig. Auf der nach oben offenen Optionsskala kanns allerdings leicht mehr werden.

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