Probefahrt im Rennwagen-Prototyp RM19 mit 400 PS
Hyundai träumt von der Piste

Mit Stromern, Plug-in-Hybriden und Wasserstoffautos ist Hyundai ein Schrittmacher bei Alternativantrieben. Mit dem RM19 drängts die südkoreanische Marke jetzt aber auch auf die Rundstrecke – dank einem Ex-BMW-Manager.
Publiziert: 12.12.2019 um 11:21 Uhr
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Aktualisiert: 05.05.2021 um 16:20 Uhr
Stefan Grundhoff

Albert Biermann hat sich seinen Spieltrieb bewahrt. Beim einstigen Arbeitgeber, BMW-Sporttochter M GmbH, implantierte er einst dem X5 einen Zwölfzylinder – einfach, um zu probieren, wie der sich auf der Nürburgring-Nordschleife fährt.

2015 wagte er dann sogar den Schritt nach Südkorea. Seitdem macht Biermann als Chefentwickler Hyundai und deren Töchter Kia und Genesis fit für die Zukunft. Und lässt seinen Gedanken weiter so freien Lauf wie den Mitarbeitern.

Zwei Renner gibts bereits

Was dabei herauskommt? So was wie der Rennsport-Prototyp RM19. «Derzeit gibts zwei Fahrzeuge», sagt Biermann, «wir arbeiten derzeit an einem dritten.» Für öffentliche Strassen sind die Prototypen mit Rennreifen, verkleidetem Unterboden und Spoilerwerk nicht gedacht. Stattdessen hat sich Biermanns Team auf einem geheimen Testgelände in der Mojave-Wüste (USA) versteckt.

Prototyp Hyundai RM19: Hyundai testet einen 400-PS-Boliden.
Foto: Zvg
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Früher donnerten nicht weniger geheime Flugzeuge der US-Streitkräfte über das 113'000 Quadratkilometer grosse kalifornische Wüstenareal. Heute träumt hier die Vernunft-Marke Hyundai, die sonst vor allem mit Stromern, Plug-in-Hybriden und Wasserstoffautos Alternativantriebs-Gas gibt, vom Motorsport.

Geheime Tests in der Wüste

Der HATCI Proving Ground hat neben seinem Hochgeschwindigkeits-Oval einen rund vier Kilometer langen Handling-Kurs, der Laune macht. Genau richtig für die ersten Testkilometer im Hyundai RM19. Optisch ist dieser ein Ableger des Veloster N, der auf dem US-Markt das sportliche Gegenstück zum hiesigen i30 N darstellt. Einiges teilt er sich auch mit der TCR-Motorsport-Version. Doch i30 und Veloster sind frontgetrieben: «Das haben wir beim RM19 geändert. Der Motor wanderte für beste Traktion an die Hinterachse», erläutert Biermann.

Die Radhäuser wurden für die Rennpneus vergrössert, während die geänderte Front und das Heck mit Diffusor und gewaltigem Flügel für aerodynamischen Abtrieb die üppige Motorleistung auch auf die Strasse bringen sollen. Für den Vortrieb sorgt ein Zweiliter-Turbo, der statt der 275 PS (354 Nm) wie im i30 N gut 400 PS (400 Nm) hat. Übertragen wird die Power über ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe. Einkuppeln muss man dabei nur im ersten Gang.

Hart wie ein Rennwagen

Die Reifen sind noch kalt, denn in der sonst so heissen Mojave-Wüste war es letzte Nacht nur knapp über null Grad. Das merkt man auch dem in der Sonne nur knapp zweistellig warmen Asphalt an. Es dauert, ehe Pilot, Rennwagen und Semi-Slicks auf Betriebstemperatur sind. Links und rechts Sand im Überfluss, jedoch keine echten Auslaufflächen – da hält man sich lieber zurück. Doch nach ein paar Runden haben sich Auto, Pilot und Reifen aneinander gewöhnt. Sind alle auf Temperatur, geht es mit mächtig Dampf durch die kalifornische Wüste.

Der Grip ist enorm, das Motorengetöse hinter dem Fahrersitz trotz fehlender Dämmstoffe erträglich für einen Rennwagen. Das Rennlenkrad aus dem TCR-Boliden sorgt für einen idealen Kontakt mit der Fahrbahn; der Flügel im Heck presst den Hyundai RM19 wie auf Schienen über das Asphaltband in der Wüste. Hoch- und Herunterschalten des Sechsgang-Getriebes ist hart, knackig, nein, eigentlich fast krachend. Auf der Strasse hat so ein Auto kaum was zu suchen.

Kleinserie? Nicht unwahrscheinlich!

Doch Hyundai überlegt, was man mit dem RM19 alles zeigen kann. Ein heisser Kompaktsportler mit viel Leistung an der Hinterachse – das wäre wohl etwas, das nicht nur Hyundai prächtig stehen würde, um emotionaler zu werden. Dazu ein Renndress, ein verstellbares Fahrwerk – und fertig wäre der Transfer vom Motorsport in die Kleinserie. Wenn man Albert Biermann in die Augen schaut, ahnt man, dass «sein» Hyundai RM19 wohl viel mehr als nur Spielerei ist.

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