Rückkehr der Brennstoffzelle
Diese Marken geben Wasserstoff

Seit über vier Jahrzehnten forscht die Autoindustrie am Brennstoffzellenantrieb. Wirklich ausgereift ist die Wasserstofftechnik bis heute nicht. Sie ist aber trotz des Erfolgs des Batterie-Elektroantriebs noch nicht tot. Das zeigt unsere Übersicht.
Publiziert: 21.01.2024 um 08:41 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 11:42 Uhr
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Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Schon seit den 1980er-Jahren forscht die Autoindustrie am Wasserstoff- und Brennstoffzellenantrieb für Elektroautos. Doch selbst vier Jahrzehnte später warten wir noch immer auf den ersten Grossserien-Brennstoffzellen-PW, der preislich mit Verbrenner-Fahrzeugen konkurrieren könnte und keine Einschränkungen im Alltag erfordert. Mit 17 Wasserstoff-Tankstellen ist das Netz in der Schweiz noch grobmaschig – und im Ausland noch löcheriger.

Und auch für die teuren Autotanks für den flüssigen Wasserstoff gibts noch keine perfekte Lösung. Noch haben sie eine zylindrische Form und benötigen viel Platz. Aktuell forscht die Industrie an Wasserstoffspeichern aus Verbundwerkstoffen, die sich dank unterschiedlichen Formen optimal in jedes Fahrzeug einpassen lassen. So könnten schon bald Wasserstofftanks in ähnlicher Form und Grösse wie die heutigen flachen Batterien moderner E-Autos verbaut werden – ähnlich wie einst Mercedes, dessen erste A-Klasse dank doppeltem Boden auf solch ein Konzept vorbereitet war. Auch die Kosten solcher Tanks dürften sich laut Experten bis 2030 halbieren.

Tankstellennetz: Langsam, aber kontinuierlich

Während sich die Infrastruktur fürs Wasserstofftanken in China und Südkorea beschleunigt hat, sind Europa und Nordamerika langsamer unterwegs. Weltweit gibts etwas mehr als 1150 öffentliche Wasserstofftankstellen. Davon befinden sich rund 800 in Asien (351 in China), 117 in Amerika und 245 in Europa (Schweiz: 17) – und proportional ähnlich siehts auch beim Absatz wasserstoffbetriebener Fahrzeuge aus. Europa versucht allerdings, den Rückstand aufzuholen – mit Investitionen von 45 Milliarden Euro in den sogenannten Grünen Pakt der Europäischen Kommission bis 2027 und mit dem EU-Verkehrsinfrastrukturfonds, in dem 284 Millionen Euro (rund ein Drittel des Budgets) für die Einrichtung von Wasserstofftankstellen bereitgestellt worden sind. In der Schweiz treibt vor allem der Förderverein H₂ Mobilität den Ausbau voran.

Seit der Eröffnung der ersten Wasserstofftankstelle der Schweiz 2016 in Hunzenschwil AG sind bislang 16 weitere Stationen dazugekommen.
Lucian Hunziker

Während sich die Infrastruktur fürs Wasserstofftanken in China und Südkorea beschleunigt hat, sind Europa und Nordamerika langsamer unterwegs. Weltweit gibts etwas mehr als 1150 öffentliche Wasserstofftankstellen. Davon befinden sich rund 800 in Asien (351 in China), 117 in Amerika und 245 in Europa (Schweiz: 17) – und proportional ähnlich siehts auch beim Absatz wasserstoffbetriebener Fahrzeuge aus. Europa versucht allerdings, den Rückstand aufzuholen – mit Investitionen von 45 Milliarden Euro in den sogenannten Grünen Pakt der Europäischen Kommission bis 2027 und mit dem EU-Verkehrsinfrastrukturfonds, in dem 284 Millionen Euro (rund ein Drittel des Budgets) für die Einrichtung von Wasserstofftankstellen bereitgestellt worden sind. In der Schweiz treibt vor allem der Förderverein H₂ Mobilität den Ausbau voran.

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Die Produktion des Wasserstoffs wird sich aber kaum so elegant verbessern lassen. Die Kosten für grünen Wasserstoff sind allein in den letzten Jahren um 30 bis 65 Prozent gestiegen. Selbst langfristig scheint es zweifelhaft, dass sich der nötige Wasserstoff überwiegend wirklich CO₂-neutral herstellen lässt – und damit wirklich positiv aufs Klima einzahlt. Nach Schätzungen der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (Irena) dürften zwei Drittel des Wasserstoffs und seiner Derivate für Endverbraucher im Jahr 2050 nachhaltig gewonnen werden. Ein Drittel kommt aus gemischt hergestelltem, sogenanntem blauem Wasserstoff. Und schliesslich liegt seine Effizienz beim Einsatz im Auto von der Produktion bis zur Umwandlung in Strom in der Brennstoffzelle bei nur 25 bis 35 Prozent. Beim batterieelektrischen Auto ist sie dagegen dreimal so hoch.

Seit vier Jahrzehnten forscht die Autoindustrie am Wasser- und Brennstoffzellenantrieb für Elektroautos.
Foto: ZVG.
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Trotzdem bleibt Wasserstoff präsent. Bereits im Januar 2017 wurde am WEF in Davos GR ein Hydrogen Council gegründet, um einen Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad Celsius bis 2050 zu leisten. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die Autohersteller Mercedes, BMW, Toyota, Hyundai und Honda. Dass sie damals nicht nur heisse Luft versprochen haben, zeigt unsere Bestandsaufnahme zum Thema Wasserstoff im Auto.

Mercedes

Seit 1984 tüftelt Mercedes an der Brennstoffzellentechnik. Der erste Prototyp Necar I, ein Kleintransporter mit dem Antriebssystem im Laderaum, wurde zehn Jahre später vorgestellt. Es folgten 2003 die A-Klasse Fuel Cell und 2010 die B-Klasse. Der letzte Versuch war das weltweit erste Plug-in-Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug – ein GLC. Sein Antrieb war 30 Prozent kleiner, wog ein Viertel weniger, passte in den normalen Motorraum, erzeugte 40 Prozent mehr Strom, schaffte fast 500 Kilometer Reichweite, konnte in drei Minuten betankt werden – und das Modell wurde nach kaum 3000 Stück wieder eingestellt. Inzwischen setzt Mercedes nur noch bei Lastwagen auf die Brennstoffzelle.

BMW

Nach Prototypen mit Brennstoffzellentechnik von Kooperationspartner Toyota begann im Sommer 2022 die Produktion einer BMW-X5-Testflotte. Im iX5 Hydrogen steckt das Herzstück seines Brennstoffzellensystems im Motorraum, ist etwa so gross wie ein Dreizylinder-Benziner und wiegt 180 Kilo. Die beiden röhrenförmigen Kohlefasertanks sind unter der Rückbank und im Mitteltunnel, fassen sechs Kilogramm Wasserstoff und ermöglichen bis zu 600 Kilometer Reichweite. «Aus unserer Sicht ist die Brennstoffzelle eine wichtige Säule im Antriebsportfolio», sagt BMW-CEO Oliver Zipse.

Toyota

Wasserstoff-Pionier Toyota startete sein Programm 1992, stellte seine Kleinserien-Limousine Mirai aber erst 2015 vor. 2020 wurde die zweite Antriebsgeneration im Mirai II eingeführt und vor kurzem der Prototyp des Hilux Fcell Pick-up vorgestellt. «Der Mirai II ist nicht emissionsfrei, sondern emittiert sogar negative Emissionen. Weil die Luft, die hinter dem Auto zurückbleibt, durch den leistungsfähigen Luftfilter reiner ist als die, die durch den vorderen Kühlergrill einströmt», erklärt Projektleiter Ryotaro Shimizu. Toyotas Technologie kommt auch in anderen Bereichen zur Anwendung, etwa bei LKWs, Bussen, Schiffen und Zügen.

Hyundai

Auch die Südkoreaner tüfteln schon lange an der Brennstoffzelle. Der erste Prototyp war der Santa Fe FCEV zu Beginn dieses Jahrhunderts. 2013 startete die Produktion des Brennstoffzellen-SUV ix35 in Kleinserie, fünf Jahre später wurde er durch den Nexo abgelöst. Heute ist der Nexo das meistverkaufte Brennstoffzellenauto (rund 37’000 Stück), gefolgt vom Toyota Mirai (25’000). 2020 wurde der Xcient Fuel Cell zum ersten, in Serie produzierten Brennstoffzellen-LKW. Die Entwicklung der dritten Brennstoffzellen-Generation für den Nexo-Nachfolger, aber auch den Einsatz in Bussen, LKWs oder Schiffen wird derzeit abgeschlossen. Bis 2028 will Hyundai die gesamte Nutzfahrzeugpalette elektrifizieren – mit Batterie- oder Wasserstoffantrieb.

Honda

Seit drei Jahrzehnten experimentiert Honda mit Wasserstoff im Auto. Auf den kompakten FCX im Jahr 2002 folgten 2008 der FCX Clarity und 2016 der Clarity. Jetzt startet Honda in Amerika und Japan mit dem Verkauf einer Brennstoffzellenversion des Honda CR-V. An der Tokio Motorshow 2023 wurde der LKW Giga Fuel Cell Truck als Gemeinschaftsprojekt von Honda und Isuzu vorgestellt. Er soll 2027 auf die Strasse rollen. Gleichzeitig will Honda jährlich weltweit 2000 Stück eines neuen Wasserstoff-PWs produzieren. Zudem soll noch 2024 ein gemeinsam mit GM entwickelter Brennstoffzellen-PW für Amerika und Japan vorgestellt werden.

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