5 Umwelt-Mythen rund um die E-Mobilität
Schaden oder nützen E-Autos dem Klima?

Elektroautos werden als Heilsbringer fürs Klima angepriesen. Doch sind sie wirklich umweltfreundlicher als konventionelle Verbrenner? BLICK räumt mit gängigen Mythen auf.
Publiziert: 02.04.2022 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2022 um 09:54 Uhr
Andreas Engel

Elektroautos sollen den CO2-Ausstoss im Verkehr senken und unser Klima retten. Sagen die einen. Die anderen prophezeien mehr Atomkraftwerke, halten Batterien für noch schädlicher als Abgase oder wittern Ressourcenverschwendung. Die Diskussion rund um die Elektromobilität wird auch von Vorurteilen und Halbwissen geprägt. BLICK rückt fünf Mythen zurecht.

1. Wegen der Batterie bringen E-Autos dem Klima nichts

Richtig ist: Die Batterie ist die Achillesferse eines E-Autos. Während für die Produktion eines Diesels umgerechnet rund 7 Tonnen CO2 aufgewendet werden müssen, sinds bei einem vergleichbaren E-Auto fast 16 Tonnen CO2. Doch selbst im deutschen Strommix mit Kohlestrom benötigt ein E-Auto (Verbrauch 20 kWh/100 km) nur 80 g CO2/km – ein Diesel (Verbrauch 5,5 l/100 km) mit 145 g CO2/km fast das Doppelte. Wenn aber, wie in der Schweiz, dank Energie aus Wasserkraft vermehrt «grüner» Strom für den E-Auto-Betrieb eingesetzt wird, überholen Stromer die Verbrenner nach einigen 10'000 Kilometern in der Ökobilanz locker.

2. Wasserstoff-Autos sind die bessere Lösung

Der CO2-Aufwand für die Produktion ordnet sich beim Auto mit Wasserstoff-Brennstoffzelle (H2-Auto) mit 12 Tonnen CO2 zwischen Diesel und Stromer ein. Im Betrieb ist ein H2-Auto aber wenig effizient, wie Volker Quaschning von der HTW Berlin erklärt: «Ein Brennstoffzellenauto braucht fast dreimal so viel Strom zum Herstellen des nötigen Wasserstoffs wie ein Batterieauto zum Laden der Akkus.» Wegen der hohen Verluste bei Herstellung und Betrieb ist die H2-Lösung am Ende auch teurer als E-Autos und dürfte vor allem bei LKW oder Bussen mit hohen Fahrleistungen zum Einsatz kommen.

Audi-e-tron-Werk in Brüssel: Die Herstellung der Batterien braucht in der Tat viel Energie.
Foto: Stefan Warter
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3. Mehr E-Autos bedeuten mehr AKW

Der Strombedarf durch E-Autos wird überschätzt. Energie-Experte Dr. Gil Georges von der ETH Zürich: «Wenn wir weit in die Zukunft blicken und sagen, wir elektrifizieren die 4,5 Millionen Autos auf unseren Strassen, reden wir von 12 bis 14 Terawattstunden zusätzlichem Strombedarf. Das entspräche am heutigen Verbrauch der Schweiz gemessen 15 bis 25 Prozent.» Zum Vergleich: Industrie und Gewerbe brauchen 60 Prozent des Gesamtstroms. Technisch und ökonomisch ist der Mehrbedarf also problemlos zu leisten.

4. Rohstoffgewinnung für Akkus fördert Kinderarbeit

Fakt ist: In Lithium-Batterien kommt Kobalt zum Einsatz, das häufig aus der Sub-Sahara, etwa dem Kongo, stammt, wo Kinderarbeit alltäglich ist. Deshalb wird bereits an kobaltfreien Batterien geforscht. Was die Sache zwar nicht besser macht, von Kritikern aber oft unterschlagen wird: Auch für konventionelle Motoren ist Kinderarbeit bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen gang und gäbe – ebenso wie bei T-Shirts, Smartphones oder Laptops. «Es ist erfreulich, dass dank der E-Mobilität die Problematik der Kinderarbeit wieder breiter diskutiert wird», sagt Quaschning. Dass seltene Erden, wie E-Auto-Kritiker immer wieder behaupten, für Akkus nötig sind, ist hingegen schlicht falsch.

5. Die Lithium-Förderung schadet der Natur

Grundsätzlich: Jedes Auto verschlingt Unmengen an Rohstoffen und Energie – egal, ob mit Verbrennungs- oder E-Motor – und schadet somit der Umwelt. Für eine Tonne Lithium werden je nach Quelle 400'000 bis zwei Millionen Liter Wasser benötigt. Klingt erst mal nach viel. «Für eine Kilowattstunde werden aber nur 80 bis 140 g Lithium benötigt», erklärt Volker Quaschning. «Für einen Tesla-Akku liegt der Wasserverbrauch also zwischen 4000 und 20'000 Litern. Dies wiederum entspricht etwa der für ein Kilo Rindfleisch benötigten Menge.» Für die Gewinnung wird kein Trinkwasser benötigt, da sich Lithium in unterirdischem Salzwasser befindet, das in grossen künstlichen Becken verdunstet wird. Ausserdem wird intensiv daran geforscht, den Lithiumbedarf für Akkus weiter zu verringern.

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