Stabil statt billig im Crashtest
China-Autos erhalten Bestnoten

Bisher kam es für chinesische Autos bei international anerkannten Crashtests regelmässig zum Debakel. Doch dass diese Zeiten allmählich vorbei sind, beweisen zwei Elektrofahrzeuge des chinesischen Mega-Konzerns Great Wall in einem aktuellen Euro-NCAP-Crashtest.
Publiziert: 13.09.2023 um 20:30 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2023 um 10:22 Uhr
Andreas Engel

Totalitäres Regime, unterdrückende Gesellschaftsform, Überwachung, dreistes Kopieren, Qualitätsprobleme: Argumente gegen ein Auto aus dem chinesischen Riesenreich gibt es viele. Bisher gehörten auch gravierende Sicherheitsmängel dazu. Das teils erbärmliche Abschneiden chinesischer Importfahrzeuge bei hiesigen Crashtests – manche Leserinnen mögen sich etwa noch an die Null-Sterne-Bewertung der Land-Rover-Kopie Jiangling Landwind im Jahr 2005 erinnern – hat den Ruf von Autos aus Fernost nachhaltig ruiniert. Doch wie gut die Produkte aus China – zumindest punkto Sicherheit – geworden sind, zeigen neue Untersuchungen der unabhängigen europäischen Sicherheitsorganisation Euro NCAP.

In einem aktuellen Crashtest mussten fünf Elektroautos gegeneinander antreten: neben Genesis GV60, Kia Niro und Tesla Model Y auch die zwei chinesischen Modelle Ora Funky Cat und Wey Coffee 01 des Megakonzerns Great Wall. Für Aussenstehende erstaunlich, für Kenner des chinesischen Marktes aber kaum überraschend: Beide Modelle holen mit je fünf Sternen die Bestnote bei der Crashsicherheit!

Sicherheitsbedenken widerlegt

Das Retro-Modell mit dem etwas schrillen Namen Ora Funky Cat kann in den Bereichen Insassenschutz, Kindersicherheit, Fussgängerschutz und Sicherheitsausstattung voll überzeugen. Wenig Abzug gibts einzig für die etwas geringe Schutzwirkung im Oberkörperbereich auf der Fahrerseite und im Fond. Und auch der teilzeitstromernde Plug-in-Hybrid-SUV Wey Coffee 01 widerlegt im Test die Sicherheitsbedenken gegen Autos «made in China». Der 4,87 Meter lange Coffee 01 schneidet in allen untersuchten Disziplinen stark ab. 

Der chinesische Geländewagen Landwind schnitt 2005 im europäischen Crashtest dermassen schlecht ab, dass er den Ruf von Autos aus Fernost langfristig ruinierte. Beim Frontalcrash mit 64 km/h hätte kein Insasse überlebt.
Foto: werk
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Johnson Qiang, Vizepräsident von Great Wall in Europa, sagt zum guten Abschneiden mit Verweis auf andere chinesische Marken, die bereits in Europa erhältlich sind: «Chinesische Hersteller haben schon früher versucht, den europäischen Markt zu erobern, hatten in der Vergangenheit aber nur gemischte Erfolge bei den Sicherheitsbewertungen. In die Fussstapfen von Nio, Lynk & Co und MG haben sich nun auch unsere beiden Modelle im Euro-NCAP-Crashtest gestellt.»

Kia mit leichten Schwächen

Auch die mittlerweile in Europa etablierten Hersteller Tesla aus Amerika und Kia sowie Hyundai-Edeltochter Genesis aus Südkorea geben sich im Crashtest keine Blösse. Zumindest fast. Denn während Tesla mit dem Mittelklasse-SUV Model Y und Genesis mit dem brandneuen Crossover GV60 ebenfalls je fünf Punkte einheimsen, kommt der gerade neu aufgelegte Kia Niro nur auf eine Wertung von vier Sternen. 

Kritik gibts beim Südkoreaner für ein leicht erhöhtes Verletzungsrisiko für den Fahrer beim Frontal- und Seitencrash. Auch die Schutzwirkung im Halswirbelbereich für die Fondpassagiere sowie die Kindersicherheit im Kopfbereich könnten besser sein. Zudem zeigte der Niro bei der Sicherheitsausstattung, konkret bei den auf Kameratechnik basierenden Systemen Notbremsassistent und Geschwindigkeitserkennung, Schwächen. 

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