Verbrenner-Verbot schon vor 2035
Diese Länder wollen weg von Benzin und Diesel

Ab 2035 will die Europäische Union keine Neuwagen mit Verbrenner mehr zulassen. Doch ein Rundumblick zeigt: Manche Länder wollen sogar schon früher aussteigen.
Publiziert: 07.08.2024 um 07:20 Uhr
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Aktualisiert: 07.08.2024 um 16:09 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union (EU) keine Neuwagen mit Benziner oder Dieselmotor mehr eingelöst werden. So lautet ein Beschluss der Europäischen Union aus dem Sommer 2023. Bestandsfahrzeuge dürfen weitergefahren werden, aber unter das Verbrenner-Verbot sollen auch Hybridversionen mit zusätzlichem Elektroantrieb fallen.

Im Jahr 2026 will die EU zwar nochmals über die Bücher: Dann soll geprüft werden, ob das Ziel tatsächlich realistisch zu erreichen ist. Ausserdem dürften dann Fahrzeuge, die ausschliesslich mit synthetischen und nahezu CO₂-neutralen E-Fuels betankt werden können, als Ausnahme zugelassen werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (65) hatte sich mit diesem Vorschlag zuletzt die Zustimmung der konservativen EVP-Fraktion im Europäischen Parlament für ihre Wiederwahl gesichert.

Könnte das Verbrenner-Verbot auch ganz gekippt werden? Möglich, wenn die Stromer-Verkaufszahlen weiterhin sinken und der Ladeinfrastruktur-Ausbau europaweit weiter zu langsam ist. Aber unwahrscheinlich: Wenn die EU bis 2050 netto emissionsfrei unterwegs sein will in allen Lebensbereichen, muss auch der Verkehr frühzeitig dazu einen Beitrag leisten.

Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union (EU) keine Neuwagen mit Benziner oder Dieselmotor mehr eingelöst werden.
Foto: picture alliance / blickwinkel/M
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Aber die EU-Politik hinkt in diesem Fall hinterher. Denn viele Autohersteller haben bereits den Ausstieg aus Benzin und Diesel deutlich vor 2035 angekündigt. Schliesslich müssen sie langfristig ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung planen, um die nötigen emissionsfreien Modelle zu entwickeln. Und zweitens hatten schon 2021 die EU-Mitgliedsstaaten Belgien, Dänemark, Griechenland, Malta, Irland, Litauen, Luxemburg und Österreich die EU-Kommission aufgefordert, ein konkretes Datum fürs Verbrenner-Aus festzulegen. Inzwischen haben die Regierungen und Verwaltungen von 60 Staaten und Gebieten schon eigene Ausstiegsziele formuliert, die teils deutlich vor dem geplanten Verbrenner-Verbot der EU liegen. In einem Fall gilt sogar schon ein Verkaufsverbot für Verbrenner. Hier kommt die Übersicht.

Schluss bis 2030

Die Niederlande wollen den Verkauf von Verbrennern ab 2030 verbieten – und Staaten wie Dänemark, Griechenland, Irland, Slowenien und Schweden wollen mitziehen. Belgien hat bereits alte Dieselmotoren mit Fahrverbot belegt; ab 2030 dürfen gar keine Diesel mehr fahren – also Fahr- statt Verkaufsverbot. Zu Benzinmotoren hat das Land noch keine Entscheidung getroffen. Dänemark will ebenfalls 2030 den Dieselverkauf verbieten. Verkaufsverbote für Verbrenner gelten ab 2030 auch in Island.

Nach dem Brexit legte Grossbritannien einen wirren Kurs bezüglich des Verbrenner-Endes hin: Erst 2040, dann 2035, unter Premier Boris Johnson (60) 2030, unter Nachfolger Rishi Sunak (44) doch wieder 2035. Der gerade frisch gewählte Premier Keir Starmer (61) kündigte nun an, 2030 definitiv keine neuen Verbrenner mehr zuzulassen. Schottland plant im Rahmen seiner Autonomie im britischen Königreich das Gleiche für 2032, allerdings bleiben neben reinen E-Autos auch Plug-in-Hybride erlaubt. Ausserhalb Europas will auch Israel 2030 aus der Verbrenner-Technik aussteigen. Und überraschend: Nachdem in den USA immer Kalifornien als Vorreiter beim Umwelt- und Klimaschutz galt, ist der Bundesstaat Washington im Nordwesten nun vorgeprescht und steigt ebenfalls 2030 aus.

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Schluss bis 2035

Eher widerwillig haben sich EU-Länder wie Deutschland, Frankreich, Italien, Polen und Spanien ins geplante EU-Verbrennerverbot gefügt. Gemeinsames Merkmal: Die Autoindustrie hat dort eine grosse wirtschaftliche Bedeutung. Die Regierungen dieser Länder fürchten bei einem zu schnellen Ausstieg den Verlust von Arbeitsplätzen. Polen plant zwar eine Klage gegen das Ausstiegsdatum, derzeit aber gilt das Jahr 2035 – zumindest bis zur Überprüfung der EU-Entscheidung im Jahr 2026.

Ebenfalls 2035 wollen Chile, Singapur, Kanada und Japan den Verkauf von Verbrennern verbieten. Zum gleichen Zeitpunkt will auch Kalifornien an der US-Westküste nur noch neue Stromer zulassen. Auch Thailand folgt dem ab 2035. Eine logische Entscheidung: Das Land gilt als eines der globalen Zentren der Autoproduktion und sieht im Aufkommen der E-Mobilität Potenziale für eine Ausweitung der Fertigung und damit neue Arbeitsplätze.

Schluss bis 2040

Neuseeland, Taiwan und Ägypten haben für 2040 den Ausstieg aus der Verbrenner-Technik angekündigt.

Ab 2035 dürfen in der Europäischen Union (EU) keine Neuwagen mit Benziner oder Dieselmotor mehr eingelöst werden.
Foto: picture alliance / blickwinkel/M
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Schluss bis 2050

Weniger ambitioniert sind Indonesien und Vietnam unterwegs und wollen erst 2050 aussteigen.

Schluss bis 2060

Überraschung: Erst in ferner Zukunft will ausgerechnet China den Verbrenner-Verkauf stoppen. Dabei sind die Verkaufsanteile von Stromern in keinem Land der Erde so hoch: Von rund 42 Millionen E-Autos weltweit sind derzeit 23,8 Millionen in China auf den Strassen. Ausserdem kommt der aktuell grösste Stromer-Produzent BYD ebenfalls aus der Volksrepublik.

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Schluss, aus, Ende (fast) per sofort

Knallhart steigt Norwegen aus. Das Elektro-Pionierland, dessen Reichtum vor allem aus der Erdöl-Branche stammt, hat dank frühen staatlichen Förderungen und rasantem Ausbau der Ladeinfrastruktur in Europa heute eine Vorreiterrolle inne. Deutlich über 90 Prozent der verkauften Neuwagen verfügen über Elektroantrieb. Deshalb verbietet das skandinavische Land schon ab Januar 2025 den Verkauf von Verbrenner-Modellen. Ab 2030 dürfen dann auch nur noch Schiffe mit emissionsfreien Antrieben zugelassen werden.

Ein Land hat bereits seit diesem Jahr ein Verbot für den Verkauf von Benzinern und Diesel-Modellen erlassen: Äthiopien. Warum? Weniger aus Klimaschutzgründen, sondern vor allem aus Devisenmangel: Das Land kann sich den Import des nötigen Treibstoffs nicht mehr leisten. Der E-Auto-Markt dort wird jetzt zum Einfallstor für chinesischen Einfluss im Land. Weil Hersteller aus China ihre Elektroautos viel günstiger als die Europäer anbieten können, steigt die Nachfrage nach diesen Modellen.

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