Vinfast – unbekannte Grösse aus Vietnam
Deutsch-amerikanische Starthilfe

Vinfast liess es beim ersten Auftritt in Europa trotz Publikumsmagnet David Beckham zurückhaltend angehen. Dabei hat der junge Autobauer aus Vietnam nicht nur in Asien grosse Pläne – dank Starthilfe von General Motors und BMW.
Publiziert: 21.10.2018 um 09:21 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2018 um 09:26 Uhr
Ex-Fussballstar David Beckham bei der Präsentation des Vinfast Lux SA 2.0 am Paris Autosalon.
Foto: Werk
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Stefan Grundhoff

Vinfast – das dürfte europäischen Autofans kaum was sagen. Doch in der Heimat hat sich die automobile Tochter der mächtigen Vingroup innerhalb kürzester Zeit einen guten Namen gemacht. Vinfast ist der erste Autobauer in Vietnam – einem 100-Millionen-Einwohner-Staat, in dem auf 1000 Leute derzeit noch kaum mehr als 20 Autos kommen. Doch Vietnam hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt: Die Wirtschaft floriert, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Neuwagen-Absatzzahlen steil ansteigen. Aktuell sind es jährlich rund 300‘000 verkaufte Autos (ähnlich wie in der Schweiz), doch während sich bei uns der Neuwagenabsatz eingependelt hat, dürfte sich die Zahl in Vietnam bis 2025 verdreifachen.

Der Mutterkonzern

Auf diesen Trend will die Vingroup mit ihren über 55‘000 Beschäftigen aufspringen. Im Jahr 2017 erzielte sie einen Jahresumsatz von 3,9 Milliarden US-Dollar. Die Unternehmensgruppe, die in diesem Jahr ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert, ist in Vietnam im Bau- und Immobiliensektor führend und hat zudem wesentliche Marktanteile in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Landwirtschaft, Tourismus und Einzelhandel. Konzernchef Pham Nhat Vuong will Vinfast nicht nur zum ersten vietnamesischen Autoproduzenten machen, sondern auch schnell in die asiatischen Nachbarländer exportieren. Und der erste Europa-Auftritt kürzlich am Autosalon in Paris unterstreicht, dass nicht nur der Heimatmarkt in Angriff genommen werden soll.

Verstand von General Motors

Starten will die Marke ihre Expansion bereits Mitte 2019 – dank geballter Kompetenz von General Motors (GM) und BMW. Denn ein Grossteil des Vinfast-Führungsteams stammt vom US-Autobauer aus Detroit. Eine zentrale Bedeutung kommt James DeLuca zu, der auf verschiedensten Positionen fast vier Jahrzehnte bei GM arbeitete und sich zuletzt um die Koordination der rund 170 Produktionsanlagen in 31 Ländern kümmerte. Der Vertrieb der jungen Marke liegt bei Lê Thanh Hải, die bisher Vertrieb und Marketing bei GM in Vietnam verantwortete. Ergänzt wird das Führungsteam durch weitere ehemalige GM-Kräfte wie David Lyon (Designchef), Shaun Calvert (Produktion) und Kevin Fisher (Konstruktion).

Technik von BMW

Dieses Team konnte die kurze Entwicklungszeit von rund zwei Jahren für die zwei ersten Modelle Vinfast Lux A 2.0 und Lux SA 2.0 nur realisieren, weil deutsche Kooperationspartner zu ungewohnt günstigen Konditionen mit einstiegen. Als Vinfast nach einem Partner für eine bezahlbare Fahrzeugplattform suchte, wurde Vizepräsident Vo Quang Hue bei seinem ehemaligen Arbeitgeber BMW fündig: Die Bayern erteilten der Vingroup die Lizenz, die Technik des ausgelaufenen BMW X5 sowie des ehemaligen 5ers für die ersten zwei Vinfast-Modelle zu nutzen. So wurde innerhalb kürzester Zeit aus der ehemaligen BMW-Oberklasselimousine das vietnamesische Pendant Vinfast Lux A 2.0 und aus dem früheren BMW-SUV X5 der Lux SA 2.0.

Design von Pininfarina

«Wichtig ist uns ein hoher Wiedererkennungswert der Marke», erklärt Designchef David Lyon. Ein Element dazu ist das markante «V»-Logo am Kühlergrill. «Zusammen mit Pininfarina», so Lyon, «haben wir für eine moderne Designsprache jede einzelne Linie sorgfältig modelliert.» Auch der Antrieb (2.0-R4-Turbo mit 176 bzw. 231 PS) für die ab nächsten Sommer verfügbaren Vinfast-Modelle stammt von BMW. Während der Lux SA 2.0 wahlweise mit Heck- oder 4x4-Antrieb angeboten wird, ist eine 8-Stufen-Automatik bei beiden Modellen Serie. Zulieferer ZF vom Bodensee baut gleich neben dem Produktionswerk in der Nähe der Millionenmetropole Hai Phong im Norden des Landes eine eigene kleine Produktion auf.

Starke Partner

Neben BMW und ZF arbeiten noch weitere renommierte europäische Firmen wie ABB, AVL, Bosch, Dürr, EDAG, Eisenmann, Magna, Siemens oder ThyssenKrupp für die Vietnamesen. Die zwei Modelle Lux 2.0 und Lux SA 2.0 sind denn auch nur der imageträchtige Startschuss: In der bald fertiggestellten Fabrik mit einer jährlichen Kapazität von 250'000 Fahrzeugen sollen schon bald auch ein Kleinwagen, ein kompaktes Elektromodell und ein Elektro-Kleinbus gebaut werden.

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