Piëch Mark Zero: Laden in knapp fünf Minuten
Schweizer Starkstrom

In unter fünf Minuten laden: Die Schweizer Elektro-Sportwagen-Schmiede Piëch Automotive wills ab 2022 dank innovativer Akkus schaffen. Dennoch scheinen hier alles andere als Träumer am Werk.
Publiziert: 13.05.2019 um 01:22 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2020 um 09:06 Uhr
Timothy Pfannkuchen

Vergessen wir mal kurz den grossen Namen. Richtig, der Zürcher Anton «Toni» Piëch (41) ist der Sohn von VW- und Porsche-Tycoon Ferdinand Piëch (82). Aber eine autoadelige Abstammung reicht ja nicht, um als Start-up den Schweizer Strom-Sportwagen Piëch lossummen zu lassen.

Klar ist der Name ein Vorteil: Das Auto hat quasi schon Geschichte, bevor es fährt, Connections inklusive, Medienhype auch – und das brauchts bei einem Projekt im dreistelligen Millionenbereich.

Der Name ist aber auch eine Bürde. «Wir haben erst spät entschieden, den Namen Piëch zu verwenden», sagt Toni Piëch. «Sicherlich hilft er. Aber mit dem Namen muss unser Produkt auch wirklich in der Champions League spielen, denn manche warten nur darauf, dass wir scheitern.»

Spitzenlader: Dank innovativer Akkutechnik soll man den Piëch Mark Zero an speziellen Ladesäulen in unter fünf Minuten auf 80 Prozent bringen können.
Foto: zvg
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Eine Kaffeepause reicht zum Laden

Heute ist Toni Piëch, wie Mitgründer Rea Stark Rajcic (35), Piëch-Co-CEO. Erst stellten sie den Mark Zero (in Serie könnte das Auto Piëch GT-2 heissen) am Genfer Salon vor, am letzten Freitag dann folgte die Eröffnung eines Piëch Concept Space an der Uraniastrasse 18 in Zürich, wo künftige Kunden den Concept Car schon bewundern können, und jetzt verrät uns die angenehm nahbare Piëch-Mannschaft mehr zur Batterie.

Was Chefentwickler Klaus Schmidt (63) uns zeigt: Mit TGood (Ladetechnik) und mit Desten (Akku) aus China soll der Piëch 500 Kilometer im WLTP-Normzyklus schaffen und hyperrasant laden. An akkugerüsteter Spezialstation (z.B. daheim) sei der 70-kWh-Akku in 4 Minuten 40 Sekunden zu 80 Prozent voll, an künftigen Schnellladern in acht Minuten auf 80, in zwölf Minuten auf 100 Prozent! Die neue Lithium-Ionen-Zelltechnik reduziere die Erhitzung von Akku oder Kabel beim Laden derart, dass statt Wasser- eine Luftkühlung reiche!

Die Partner sind nicht irgendwer

Die Akku-Story klingt trotz Zertifikaten (z.B. Tüv Süd, Hofer) fast zu schön, um wahr zu sein. Es ist aber noch gar nicht lange her, dass wir auch Tesla nur milde belächelt hatten. Desten betont, man entwickle seit zehn Jahren an dieser neuen Technologie (die ja branchentypisch nach Lancierung bei Piëch in bürgerlichere Preisregionen durchsickern würde). Und weder Schmidt noch TGood sind ja einfach irgendwer.

Schmidt war BMW-M-Chefentwickler und freut sich vorab bereits über die 200 Kilo Gewicht sparende Luftkühlung und Akku-Platzierung am Mitteltunnel und quer im Heck zwecks tiefem Sitz und Balance (40 Gewichtsprozente vorne, 60 hinten). TGood (China) ist mit 210'000 Säulen weltgrösster Ladepunkte-Betreiber.

Echtes Schweizer Unternehmen

Bis es 2022 so weit ist, berauschen wir uns am Design aus der Hand des gebürtigen Ostschweizers Rea Stark Rajcic. Ein Aston-Jaguar-Ferrari? Jein. Manche Formen aus den 1960er-Jahren sind halt, wie sie sind. Retro? Nein, cool neu interpretiert. Man kann sich wunderbar vorstellen, wie zwischen all den Porsches 911 ein Piëch durch Monte Carlo, Dubai oder L.A. saust.

Und während Schmidt schon mal im fahrbereiten Aluchassis des Mark Zero bzw. GT-2 driften geht, läuft die Planung für zwei weitere Varianten – denn der modulare Aufbau lässt sich zum viertürigen Coupé (GT-4) und zum fünfsitzigen SUV (GT-X) strecken; beides sei parallel in Planung. Produktionsziel: 10'000 Piëch im Jahr, davon 1000 Sportcoupés. Die Preiskalkulation: Das Sportcoupé käme auf knapp 200'000, der SUV wohl auf 170'000 Franken.

Allen gemein wäre der Antrieb: ein E-Motor vorne, zwei hinten, alle à 150 kW – macht 450 kW (612 E-PS). Auf Tempo 100 bzw. 200 solls im 1,8 Tonnen schweren, 4,43 Meter langen Allradler in 3,3 bzw. 9,3 Sekunden gehen. Spitze: 250 km/h. Ein Schweizer Starkstromer? Ja, denn die zwei CEOs leben hier und sind hier aufgewachsen, der Firmensitz der derzeit im Kern 20 Leute starken, aber schon bis zu 200 Entwickler bei Zulieferern beschäftigenden Piëch Automotive ist Zürich. Gebaut würde der GT-2 aber wohl eher nahe der Münchner Entwicklung, wo auch entsprechende Zulieferer sitzen.

Unternehmer statt Träumer

Am Ende bleibt der Eindruck: Ja, das könnte klappen – zumal hier im Gegensatz zu so vielen Sportwagen-Träumen schon in anderen Bereichen erfolgreiche Jungunternehmer und nicht Träumer am Werk sind. Wir sind gespannt. Und am Ende spielt der Name halt vielleicht doch eine Rolle: Ein Papa wie Piëch wüsste ein Auto namens Piëch sicher zu verhindern, hielte er das Ganze für Mumpitz.

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