Renault fördert intelligente Energieversorgung
Mehr grüner Strom dank E-Autos

Die portugiesische Insel Porto Santo will die Energieversorgung von Dieselgeneratoren auf erneuerbare Energien umstellen. Renault unterstützt die Lokalregierung mit E-Autos und gebrauchten Akkus. SonntagsBlick schaut sich die neue Stromversorgung vor Ort an.
Publiziert: 02.06.2019 um 02:06 Uhr
Martin A. Bartholdi

Den Hut windet es mir fast vom Kopf, als ich aus dem Flugzeug steige, und die Sonne brennt heiss auf die Rollbahn. Genau dafür bin ich auf der portugiesischen Atlantik-Insel Porto Santo. Die Sonne und der Wind sollen mittelfristig den gesamten Strom für die Insel produzieren. Passend dazu warten vor dem Flughafen zwanzig Elektroautos. Renault hat Porto Santo 14 elektrische Zoe und sechs Kangoo Z.E. zur Verfügung gestellt, um sie in ein intelligentes Stromnetz mit grüner Energie zu integrieren. Wie das funktioniert, erfahre ich jetzt.

Ideales Versuchslabor

In einem Zoe fährt mich Eric Feunteun, Direktor des Renault-Elektroautoprogramms, zum Kraftwerk. Die elf Kilometer lange und sechs Kilometer breite Insel hat ein eigenständiges Stromnetz. Das afrikanische Festland liegt über 700 Kilometer im Osten, und auch zum 42 Kilometer südlich gelegenen Madeira gibts keine Stromleitung. «Dadurch eignet sich die Insel ideal als Versuchslabor», erklärt Feunteun. «Es reagiert schnell auf kleinste Veränderungen, und wir sehen sofort, welche Auswirkung ein höherer Anteil Elektroautos hat.»

Stabilität dank Diesel

Beim Kraftwerk laufen laut nagelnd zwei Dieselgeneratoren. Sie decken 85 Prozent des täglichen Energiebedarfs ab. «Die Generatoren brauchts heute noch für einen konstanten Energiefluss im Netz», erklärt Feunteun. «Bei einem Ungleichgewicht von Produktion und Verbrauch droht ein Stromausfall.» Und das ist bei Sonnen- und Windenergie möglich, sind sie doch wetterabhängig und deshalb nicht vorhersehbar. Mit der lokalen Regierung, dem Elektrizitätswerk und der deutschen Firma Mobility House will Renault diese Unberechenbarkeit auf Porto Santo ausgleichen.

Für ein Versuchsprojekt zur Energieversorgung der Zukunft auf der portugiesischen Insel Porto Santo hat Renault 14 elektrische Zoe zur Verfügung gestellt.
Foto: Werk
1/19

Sonnenenergie speichern

Feunteun fährt mich auf eine Anhöhe zu einer Solaranlage mit über 11'000 Zellen. Über Mittag und am frühen Nachmittag könnten sie fast den gesamten Strombedarf der Insel decken. Doch nur die Hälfte wird genutzt. «Weil schon eine Wolke die Stromproduktion der Solarzellen einbrechen lassen kann, muss der Dieselgenerator weiterlaufen. Er könnte sonst nicht schnell genug einspringen.» Aber was wird aus dem überschüssig produzierten Solarstrom?», frage ich. «Da kommen unsere Elektroautos zum Zug», antwortet Feunteun schmunzelnd und fährt zurück in den Ort. «Die Software von Mobility House überwacht Stromproduktion sowie -verbrauch und lädt die E-Autos nur, wenn zu viel erneuerbare Energie produziert wird.» Wir halten vor einem unscheinbaren Betongebäude mit Palme drauf. Hinter einer Metalltür stehen drei ausgediente Zoe-Akkus. «Sie dienen als Stromspeicher für überschüssige Sonnenenergie von umliegenden privaten Photovoltaikanlagen», erklärt Feunteun. Fürs Auto sind diese Akkus zwar nicht mehr geeignet, aber so lassen sie sich nochmals 10 bis 15 Jahre nutzen.

Nur der Anfang

«Alleine durch das bessere Management all dieser Systeme durch Mobility House können wir dieses Jahr den Anteil erneuerbarer Energien von 15 auf 25 Prozent erhöhen», ist Feunteun überzeugt. Nächstes Jahr soll schon 35 Prozent des Stromverbrauchs grün sein. Hierfür wird bis Ende Sommer eine hausgrosse Batterie mit vier Megawatt Kapazität gebaut, um die Sonnen- und Windenergie speichern zu können. Sie soll später die Generatoren ersetzen und den konstanten Energiefluss im Netz garantieren. Hierbei sollen auch bidirektionale Elektroautos helfen, die Strom auch wieder ins Netz einspeisen können. Das erfordert allerdings, dass die Autos immer an einer ebenfalls bidirektionalen Ladesäule oder Wallbox hängen, hält Feunteun fest und ergänzt. «Die Besitzer müssen umdenken. Sie haben nicht mehr die Kontrolle, wann ihr Auto geladen wird. Das entscheidet der Strombetreiber.» Per App können die Besitzer festlegen, wann das Auto abfahrbereit sein soll, wobei die Akkus immer zu mindestens 30 Prozent geladen sein sollen, um den Eigentümern eine gewisse Flexibilität zu garantieren.

Zwei bidirektionale Prototypen testet Renault derzeit in Porto Santo. Bis im nächsten Jahr sollen 100 Stromer auf der Insel verkehren – 10 Prozent aller Fahrzeuge. Gleichzeitig startet Renault weitere Versuchsprojekte auf den französischen Inseln Belle-Île-en-Mer und La Réunion. Das Fernziel: das Stromnetz einer ganzen Stadt intelligent machen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?