Auch Elektroauto-Fahrer werden geschröpft
Strom ist nur daheim günstiger als Sprit

Der Strom fürs Elektroauto ist günstiger als Benzin oder Diesel an der Zapfsäule: Damit soll Autofahrern das Stromern schmackhaft gemacht werden. An Schnelllade-Stationen kann ein voller Akku aber so teuer werden wie ein voller Tank.
Publiziert: 08.08.2022 um 05:00 Uhr
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Aktualisiert: 08.08.2022 um 09:52 Uhr
Martin A. Bartholdi

Einmal volltanken kostet weniger als eine Pizza vom Kurier. Wer Benziner oder Diesel fährt, schüttelt über eine solche Behauptung ungläubig den Kopf. Doch wer ein Elektroauto hat, schmunzelt wissend: Lädt man einen Stromer mit grossem Akku (z.B. 95 kWh) zu Hause voll, kostet es beim aktuellen Stromtarif (Schweizer Durchschnitt 20,48 Rp./kWh) noch nicht einmal 20 Franken.

Die Strompreise variieren jedoch je nach Region stark – von 8,59 Rappen in Zwischenbergen VS bis 27,65 Rappen in Basel. Selbst beim aktuell teuersten Tarif kostet Vollladen trotzdem unter 30 Franken. Ein Dieselauto mit 50-Liter-Tank vollzutanken, kostet bei 2.30 Franken pro Liter fast 115 Franken, das ist fast viermal mehr. Allerdings: Bei Elektroautos ist der Tarif nur so tief, wenn die Wallbox für zu Hause selbst gekauft wurde. Wer sie bei einem Elektrizitätswerk oder einem anderen Anbieter mietet, muss tiefer in die Tasche greifen.

Grosses Ladechaos

Wer statt daheim unterwegs lädt, zahlt an den öffentlichen Ladesäulen deutlich mehr für den Strom. Den Überblick zu behalten, ist dabei nicht ganz einfach, weil es zahlreiche Anbieter gibt. Hinzu kommt der Unterschied zwischen dem Laden mit Wechselstrom (AC) und Gleichstrom (DC). AC heisst: «normale» Ladegeschwindigkeit. Das dauert, ist aber günstiger. DC heisst: Nach rund 30 Minuten ist der Akku zu 80 Prozent voll, aber dafür kostet es eben mehr.

Ein Elektroauto mit grossem Akku (95 kWh) zu Hause vollzuladen, kostet nicht einmal 20 Franken.
Foto: Zvg
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Dazu machen es verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Abrechnungs-Modellen schwer, diese miteinander zu vergleichen. Während der eine etwa den Preis pro bezogenem Strom angibt, wird beim anderen wieder nach Zeit abgerechnet – und der dritte Anbieter hat sogar ein Mischmodell aus beidem.

Preise oft versteckt

Die nächste Herausforderung ist, den Tarif für die konkrete Ladesäule herauszufinden. Während Tankstellen ihre Literpreise in grossen Ziffern anschreiben, muss das Elektroauto oft erst angesteckt werden, um den Preis zu sehen. An einigen Ladesäulen findet man die Tarife gar nur in der App des Anbieters. Und selbst im Internet fehlt oft der Tarif. Wie Tankstellen berufen sich Ladesäulen-Anbieter darauf, dass der Strompreis an den jeweiligen Ladesäulen individuell bestimmt werde. Der jeweilige Preis hänge vom Standort, den Mietpreisen, den notwendigen Investitionen oder schlicht der Marktlage ab. Sprich: Bei erhöhter Nachfrage etwa in den Sommerferien können die Preise wie beim Sprit steigen.

So viel kostet Laden

Am teuersten ist aktuell Ionity. Mit 79 Rappen pro kWh kostet das Vollladen eines grossen Akkus bis zu 75 Franken. Der grösste öffentliche Schweizer Anbieter, Evpass, ist leicht günstiger: zwischen 45 und 65 Rappen pro kWh, also Vollladen von 42 bis 62 Franken. Auf den ersten Blick ist beides deutlich günstiger als 120 Franken für einen vollen Dieseltank. Allerdings kommt ein Diesel damit auch doppelt so weit wie heutige Elektroautos pro Akkuladung. Damit ist Evpass nur mit langsamer Ladeleistung und somit längerer Wartezeit wirklich günstiger.

Ein Elektroauto sollte also möglichst zu Hause geladen werden. Unterwegs kostet Laden so viel wie Sprittanken – oder ist gar teurer. Wer mit dem Elektroauto in die Ferien fährt, sollte die Route genau planen und alternative Ladestationen heraussuchen, da während der Ferienzeit auch mal alle Säulen besetzt sein könnten. Und natürlich abchecken, wie es am Zielort aussieht.

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