Deutschland erhöht Cannabis-Grenzwert
Hohe Bussen für Autofahrer bleiben

Seit 1. April 2024 ist in Deutschland das umstrittene Cannabis-Gesetz in Kraft. Konsum und Besitz von Marihuana und Haschisch sind damit legal. Wer sich nach dem Kiffen allerdings ans Steuer setzt, wird nach wie vor hart bestraft – trotz nun gestiegener THC-Grenzwerte.
Publiziert: 24.08.2024 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2024 um 11:11 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Seit 1. April darf in Deutschland legal gekifft werden. Nach dem Parlament gab Ende März auch der Bundesrat grünes Licht für die Legalisierung des grünen Krauts. Die deutsche Kiffer-Community jubelt: Laut neuem Cannabis-Gesetz dürfen Erwachsene ab 18 Jahren bis zu 25 Gramm Marihuana (Blüten) oder Haschisch (Harz) straffrei besitzen und bis zu drei Cannabis-Pflanzen für den Eigengebrauch zu Hause anbauen.

Doch was bedeutet die neue Rechtslage für Autofahrerinnen und Autofahrer auf deutschen Strassen? Darf ich einen Joint rauchen und mich danach hinters Steuer setzen? Bloss nicht! Denn wie Alkohol beeinträchtigt auch der Konsum von Cannabis die Fahrfähigkeiten. So haben zahlreiche Studien gezeigt, dass unter Cannabis-Einfluss häufig langsamer gefahren wird, es zu Problemen beim Spurhalten kommt und sich die Reaktionszeit verlangsamt. Kiffen und sich nachher hinters Steuer klemmen, bleibt praktisch deshalb weiterhin illegal.

Klare Grenzwerte

Institutionen wie der Gesamtverband der deutschen Versicherungsgesellschaft (GDV) forderten allerdings gleich nach der Einführung des neuen Gesetzes die Bundesregierung in Berlin auf, möglichst rasch klare Regeln für den Cannabiskonsum im Strassenverkehr zu schaffen. «Wir brauchen einen THC-Grenzwert, der gelegentlich kiffende, aber fahrtaugliche Autofahrer nicht kriminalisiert», äusserte sich GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen gegenüber dem Portal Motor1. Er plädierte für einen Grenzwert, der in etwa der 0,5-Promille-Grenze beim Alkohol entspricht – laut einer Studie der Uni Basel bewegt sich dieser Wert in etwa zwischen 3,0 und 4,1 ng/mL THC.

Die deutsche Kiffer-Community jubelt: Seit 1. April darf in Deutschland legal gekifft werden.
Foto: Getty Images
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Diese Bussen drohen

Dem Wunsch nach einem klaren THC-Grenzwert ist die Politik nun nachgekommen. Bisher legten die meisten deutschen Gerichte in ihren Urteilen einen Grenzwert des psychoaktiven Wirkstoffs THC (Tetrahydrocannabinol) von 1,0 Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/mL) fest. Ab sofort wird dieser Grenzwert auf 3,5 Nanogramm angehoben. Wer mit einem höheren Wert im Blut erwischt wird, für den wird es aber weiterhin teuer: Deutsche Autofahrer zahlen beim ersten Mal eine Busse von 500 Euro, bekommen einen Punkt in Flensburg und sind für einen Monat den Fahrausweis los. Ist gleichzeitig Alkohol im Spiel, erhöht sich die Busse auf 1000 Euro. Fahranfänger zahlen 250 Euro, sollten ihnen mehr THC im Blut nachgewiesen werden als erlaubt.

Beim zweiten und dritten Mal steigt das Bussgeld auf 1000 bzw. 1500 Euro und der Ausweis ist drei Monate weg. Zudem wird eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet – im Volksmund auch Idiotentest genannt. Dabei müssen die Betroffenen nachweisen, dass sie keine Dauerkonsumenten sind. Dies ist allerdings viel schwieriger als bei Alkohol, da sich THC viel langsamer abbaut. Und: Nachweise und MPU kosten nochmals Hunderte Euro. Ein ähnliches Prozedere und noch höhere Bussgelder kommen übrigens auf Autofahrende zu, die in der Schweiz bekifft erwischt werden. Allerdings liegt hierzulande die Toleranzgrenze bei nur 1,5 ng/mL THC.

THC teils über Wochen im Blut

Was das für den Konsum genau bedeutet, lässt sich pauschal allerdings kaum einordnen. Wer nur gelegentlich – maximal einmal pro Woche – einen Joint mit 0,3 Gramm Cannabis (THC-Gehalt 10 %) raucht, überschreitet auch acht Stunden nach dem Konsum meist noch den Wert von einem Nanogramm THC im Blut – auch wenn die berauschende Wirkung längst verflogen ist. Wer regelmässiger Cannabis raucht, bei dem kann das THC sogar über Wochen im Blut und über Monate im Urin festgestellt werden. Für die Praxis heisst das trotz Cannabis-Legalisierung in Deutschland: Wer auf der sicheren Seite fahren will, muss auch in Zukunft die Finger komplett vom Joint lassen.

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