Willkür bei Polizeikontrollen?
Auch viele Blick-Leser fühlen sich zu Unrecht bestraft

Letzte Woche machte Blick den Fall einer Verkehrskontrolle publik, bei der Autoredaktor Andreas Engel für ein Vergehen gebüsst wurde, das er laut eigener Aussage nicht begangen hat. Viele Blick-Leserinnen berichten nun von ähnlichen Fällen möglicher Polizei-Willkür.
Publiziert: 21.07.2021 um 01:32 Uhr
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Aktualisiert: 21.07.2021 um 08:32 Uhr
Andreas Engel

Die Reaktionen der Blick-Leserinnen und -Leser auf den Beitrag «Vor der Polizei sind Autofahrer machtlos» fielen teils heftig aus. «Bananenrepublik!», «Polizeistaat!», «Das ist ja schlimmer als in Nordkorea!» – dies sind nur einige Beispiele aus den fast 300 Kommentaren, die zum Artikel eingegangen sind.

Die Vorgeschichte: Autoredaktor Andreas Engel (36) bekam in Zürich eine Busse wegen Nichttragens des Sicherheitsgurts aufgebrummt. «Obwohl das nicht der Wahrheit entspricht», wie Engel versichert. Doch weil er keine Beweise vorlegen konnte, die dies hätten bezeugen können, wurde Engel zur Kasse gebeten. 60 Franken Busse – nicht die Welt, aber mehr als ärgerlich, wenn man den Aussagen Engels glaubt, er habe doch stets seinen Gurt getragen.

Viele ähnliche Fälle

Dass dies möglicherweise kein Einzelfall war, zeigen die Reaktionen.
«Mir ist in Zürich genau das Gleiche passiert», schreiben unabhängig voneinander Ruedi Stricker aus Heiden AR und Felix Küng aus Zürich. Peter Meyer, ebenfalls aus Zürich, berichtet: «Meine Freundin und ich hatten gerade einen Welpen abgeholt. Sie sass mit ihm auf der Rücksitzbank, natürlich angeschnallt, schliesslich waren wir vorher über eine Stunde auf der Autobahn unterwegs. An der Langstrasse wurden wir rausgewunken, weil meine Freundin angeblich nicht angeschnallt war. Wie das die Polizei durch die abgedunkelten Scheiben beim Vorbeifahren überhaupt hätte sehen sollen, ist mir ein Rätsel.»

Letzte Woche berichtete Blick-Autoredaktor Andreas Engel über eine Busse, die er laut eigener Aussage ungerechtfertigterweise von der Stadtpolizei Zürich aufgebrummt bekommen hat.
Foto: Keystone
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Viele Zuschriften betreffen Telefonieren am Steuer. Wie etwa jene von Luciano Lopalco aus Niederhasli ZH. Ihn habe die Polizei angehalten, weil er sein Handy in der Hand gehalten haben soll. Sein Einspruch habe nichts gebracht: 100 Franken Busse. «Als ich nachher beim Stadtrichteramt anrief, teilten sie mir dort mit, ich solle die Busse bezahlen, da ich keine Chance gegen die unter Eid stehenden Polizisten hätte.»

Busse nach Rücksprache verdoppelt

Besonders Unschönes berichtet Guido Marbach aus St. Erhard LU. Er sei mit seinem Lieferwagen vom Zürcher Milchbucktunnel Richtung Central unterwegs gewesen. «Am Limmatufer wurde ich von der Polizei angehalten, weil zwei Kollegen in Zivil gesehen haben wollen, wie ich während der Fahrt telefoniert habe, was aber einfach nicht stimmte!», schreibt Marbach. Er habe sich gegen die 100-Franken-Busse gewehrt und den Polizisten die Anrufliste des Handys gezeigt, das letzte Telefonat sei über eine Stunde zurückgelegen.

Nach Absprache mit den Zivilbeamten sei der kontrollierende Polizist zum Wagen zurückgekommen. «Er sagte mir, es sei eine Falschmeldung der Kollegen gewesen. Ich hätte nicht telefoniert, sondern mit dem Handy rumgespielt. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er mir dann eine 200-Franken-Busse in die Hand gedrückt. Diese Erfahrung und die Machtlosigkeit haben mir danach richtig zugesetzt.»

Einsprache via Rechtsschutz

Dass es sich manchmal aber doch lohnt, Einsprache beim Stadtrichteramt einzulegen (hier zum Beitrag «Lohnt es sich für Autofahrer, gegen Bussen vorzugehen?»), betont Markus Simmen aus Fällanden ZH. Er hätte laut eigener Aussage 600 Franken zahlen und eventuell sogar den Ausweis abgeben müssen, nachdem ihm ein einzelner Polizist vorgeworfen habe, in einer stehenden Kolonne an seinem Handy rumhantiert zu haben. «Meinem Einspruch beim Stadtrichteramt wurde stattgegeben, und ich musste am Schluss nur noch 100 Franken zahlen.»

Bei Manfred Fois aus Feuerthalen ZH sei der Fall am Schluss durch die Staatsanwaltschaft gar ganz eingestellt worden: Fois wurde wegen angeblichen Rollstopps verzeigt. «Die Videoaufnahmen der Polizei, die ich vor Ort nicht einsehen durfte, zeigten jedoch, dass ich mit dem vorderen rechten Rad auf der Linie stehen geblieben bin. Da ich dies ja wusste, habe ich anschliessend über meinen Rechtsschutz Einsprache erhoben – und recht bekommen.»

Aus 100 werden 30'000 Franken

Dass es aber auch ganz anders und extrem teuer kommen kann, sich gegen Bussen der Polizei zu wehren, berichtet Peter Stutzer aus Hünenberg ZG. Auch er habe eine Busse wegen Nichttragens des Gurts kassiert, obwohl er ihn getragen habe. «Im Gegensatz zu Andreas Engel liess ich die Busse aber nicht auf mir sitzen. Ich zog mit den Polizisten bis vors Bundesgericht.» Genützt habe es aber nichts, im Gegenteil: «Tatsächlich wird die Polizei von allen Richtern auf allen Stufen geschützt. Nach zweijährigem Prozess hat mich mein forsches Vorgehen knapp 30'000 Franken gekostet.»

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