Das sind die Vorteile des Wasserstoff-SUVs von BMW
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«In wenigen Minuten getankt»:Das sind die Vorteile des Wasserstoff-SUVs von BMW

BMW iX5 Hydrogen im Blick-Test
Ist er besser als ein Batterie-Stromer?

Im Versuchsauto durch den Alltag: Ein Exemplar des iX5 Hydrogen aus der BMW-Wasserstoff-Flotte rollte bei uns eine Woche durch den Redaktionsalltag. Kann solch ein Brennstoffzellenauto eine Alternative zum E-Auto sein?
Publiziert: 16.09.2024 um 16:22 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Blick testet ein Exemplar aus der BMW-Versuchsflotte mit Wasserstoff-Brennstoffzelle
  • Der iX5 Hydrogen fährt wie ein Elektro-SUV
  • Praxisreichweite von 380 km, Verbrauch 42 Prozent höher als Werksangabe
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

BMW forscht weiter am Wasserstoffantrieb und will 2028 sein erstes Serienmodell mit Brennstoffzelle auf den Markt bringen. Keine Versuchsflotte, keine Leasing-Autos für ausgewählte Kunden – ganz normal in Grossserie zum Bestellen aus dem Katalog. Bis dahin sammelt der Autobauer gerade mit einer Testflotte von 100 iX5 Hydrogen Erfahrungen: Wie weit fahren potenzielle Kunden, wie oft tanken sie, wie hoch sind die Verbräuche.

Einer der XL-SUVs mit Brennstoffzelle und sechs Kilogramm Wasserstoff (engl. Hydrogen, chemisch H₂) fassenden Tanks schaffte es auch in die Schweiz zu uns – wir gingen mit ihm auf Testfahrt im Alltag.

Vor der Fahrt

Versuchsfahrzeuge sehen halbfertig aus und haben einen Notaus-Knopf, falls was schiefläuft? Hier nicht: Gäbe es die Beklebungen aussen nicht, würde man den iX5 Hydrogen nicht als Wasserstoffauto erkennen. Innen wie aussen wirkt er serienmässig. Keine Einschränkungen beim Platzangebot, die beiden Tanks liegen im Mitteltunnel und quer unter den Rücksitzen. Das Kofferraumvolumen ist 75 Liter kleiner als beim normalen X5 – aber noch 500 bis 1720 Liter sind weiterhin üppig. Auch die Instrumente sind an den Wasserstoffantrieb angepasst; im Interieur fühlt sich alles wie gewohnt an. Kenner merken natürlich: Es gibt noch keinen rein elektrischen X5. Wenn der SUV also nur surrt, muss er was Besonderes sein.

Irgendwie unauffällig, aber dennoch was besonderes: BMW testet gerade 100 Exemplare des iX5 Hydrogen mit Brennstoffzellenantrieb in einer Versuchsflotte.
Foto: Lorenzo Fulvi
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Auf der Strasse

Wasserstoffantrieb heisst: Der mitgeführte Wasserstoff reagiert mit Sauerstoff aus der Umgebungsluft in einer Brennstoffzelle unter der Fronthaube. Dabei entsteht elektrische Ladung – Strom für den E-Motor. Und als Abfallstoff Wasser, das aus dem Auto träufelt.

Man ist ja fast enttäuscht: Der Fünfplätzer fährt sich wie ein Elektro-SUV, was er mit seinem 401 PS (295 kW) starken E-Motor an der Hinterachse ja auch faktisch ist. Klar spürt man das üppige Gewicht, aber der Brocken spurtet flott vorwärts. Den künstlichen Fahrsound haben wir abgeschaltet – man will ja dem Antrieb lauschen. Und hört nichts, ausser Stromer-typischem Surren. In früheren Wasserstoff-Prototypen klackerte noch der Kompressor vor sich hin, der die Luft durch die Brennstoffzelle drückt. Hier herrscht Stille.

BMW iX5 Hydrogen

Antrieb Elektromotor, 401 PS (295 kW), Brennstoffzelle 170 PS (125 kW), Lithium-Ionen-Pufferbatterie 231 PS (170 kW), 1-Gang-Automat, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in < 6 s, Spitze über 180 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,94/1,86/1,97 m, Gewicht 2425 kg, Kofferraum 500–1720 Liter
Umwelt Verbrauch Werk/Test 1,19/1,7 kg/100 km (entspricht Energiegehalt von ca. 3,3/4,7 l/100 km Benzin), Tank 6 kg bei 700 bar Druck, Reichweite 504/350 km, 0 g CO₂/km, Energie k.A.
Preis keine Angabe, da Versuchsfahrzeug

Antrieb Elektromotor, 401 PS (295 kW), Brennstoffzelle 170 PS (125 kW), Lithium-Ionen-Pufferbatterie 231 PS (170 kW), 1-Gang-Automat, Hinterradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in < 6 s, Spitze über 180 km/h
Masse Länge/Breite/Höhe 4,94/1,86/1,97 m, Gewicht 2425 kg, Kofferraum 500–1720 Liter
Umwelt Verbrauch Werk/Test 1,19/1,7 kg/100 km (entspricht Energiegehalt von ca. 3,3/4,7 l/100 km Benzin), Tank 6 kg bei 700 bar Druck, Reichweite 504/350 km, 0 g CO₂/km, Energie k.A.
Preis keine Angabe, da Versuchsfahrzeug

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Das war gut

Auf den ersten Blick geht die Rechnung nicht auf: Der Motor leistet 401 PS, die Brennstoffzelle kann aber nur 170 PS mit Strom versorgen? Passt trotzdem, weil den übrigen Strom für weitere 231 PS eine Pufferbatterie liefert. Die wird mit von der Brennstoffzelle zu viel produzierten Strom – man braucht ja oft nur einen Bruchteil der Leistung – oder beim Bremsen per Rekuperation gefüllt. Und deckt dann den Strombedarf über die Brennstoffzellenleistung hinaus, zum Beispiel beim Beschleunigen. Leistungslücken oder Strommangel? Nie erlebt, die Stromquellen koordinieren sich unmerklich im Hintergrund.

Grossartig auch die souveränen Fahrleistungen, der Fahrkomfort und die Serienanmutung des Autos. Absolut vertrauenerweckend, dieser Antrieb. Auch für viele Passanten, die dem beklebten iX5 immer wieder nachschauen.

Das war schlecht

Die Stunde der Wahrheit schlägt an der Tankstelle – nicht um die Ecke, denn da gibts ja keine. Aber im 35 km entfernten St. Gallen. Nein, kein Gemecker über fehlende Infrastruktur; die wird schon noch dichter, wenn mehr H₂-Autos unterwegs sind.

Der Tank ist etwa halb leer, 183 Kilometer weit haben knapp drei Kilogramm gereicht. Tankstutzen ansetzen, die Zapfsäule gleicht den Druck zwischen H₂-Speicher und Autotank aus und dann gehts knarrend los: Mit 700 bar Druck werden 3,03 Kilogramm Wasserstoff ins Auto gedrückt. Danach wieder Druckausgleich, dann bezahlen im Tankshop. Hoppla – 62 Franken für eine halbe Tankfüllung?

Bis wir wieder fahrbereit im Auto sitzen, sind 17 Minuten vorbei. Wasserstoffautos tanken schneller, als Stromer laden? Aber nicht, wenn man sie mit modernen 800-Volt-E-Autos vergleicht. Ein solches hätte in der gleichen Zeit nicht von 50 auf 100, aber von 10 auf 80 Prozent geladen – und selbst am vergleichsweise teuren Ionity-Schnelllader (79 Rp./Kilowattstunde) für deutlich geringere Kosten.

Schliesslich: Rund 380 Kilometer zeigte die Reichweitenanzeige bei wieder gefüllten Tanks – weit weg von den versprochen 504 Kilometern. Obwohl wir oft im Sparprogramm unterwegs waren, lag der Verbrauch gut 42 Prozent über Werksangabe.

Das bleibt

Ist solch ein Brennstoffzellen-SUV wirklich eine Alternative zum Stromer? Im Prinzip ja, aber: Mit einem typischen Versuchsauto hat der BMW iX5 Hydrogen wenig zu tun – der SUV wirkt absolut serienreif, fährt proper und überzeugt beim Fahrkomfort. Aber der Tankvorgang ist im Vergleich zum E-Auto nicht so flugs, wie uns das mancher Hersteller glauben machen will – und günstiger erst recht nicht.

Beim E-Auto wird die Ladetechnik stetig weiterentwickelt und schneller. Beim Wasserstoffauto dürfte da kaum Spielraum sein. Die Weiterentwicklung konzentriert sich hier auf die Einsparung z.B. teuren Platins, um die Kosten und damit den Kaufpreis senken zu können. Von Letzterem hat BMW in Bezug auf den Start eines Serienautos 2028 übrigens noch gar nicht gesprochen.


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