Siebenplätzer-Hybrid-SUV im Test: Lexus RX 450h L
Ich will nach Hause!

Die neue Langversion des Lexus RX bietet sieben Plätze sowie Platz und Luxus satt. Aber in Zeiten der Digitalisierung patzt er dort, wo die Konkurrenz verwöhnt.
Publiziert: 26.09.2018 um 05:01 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2018 um 09:10 Uhr
Dank 11 Zentimetern mehr Länge wird der Lexus RX zum RX L ...
Foto: Jürg A. Stettler
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Timothy Pfannkuchen

Freitagabend, sieben Uhr: Die Sitzung in Zürich ist zu Ende. Zwar weiss ich nicht, wie ich hier wegfinde. Aber fahre schon mal los, der RX 450h L hat ja eine Sprachsteuerung fürs Navi. Ich sage «Rämismühle», meinen Wohnort. «Wie bitte?», fragt der RX. «Rä-mis-müh-le!», betone ich. «Wie bitte?», kommt zurück. Ich versuche statt meines Ortsteils die Gemeinde. «Zell!» Der Lexus listet nur Zell LU auf, nicht Zell ZH. Andere Ortsteile sind ebenfalls unbekannt, das Tösstal ist für den RX sehr weit weg: «Rikon», «Kollbrunn», «Oberlangenhard»? Nichts.

Lexus RX 450h L «Excellence»

MotorHybrid (3,5-V6-Benziner + 2 E-Motoren), 313 PS, 335+474 Nm, CVT-Automatik, 4x4
Fahrleistungen0-100 km/h in 8,0 s, 180 km/h Spitze
Masse5,00 m Länge, 1,90 m Breite, 1,70 m Höhe, Gewicht 2350 kg, Laderaum 7-/5-/2-sitzig 211/652/1656 l
VerbrauchWerk/Test 6,0/9,0 l/100 km, 138/209 g/km CO2, Energie D
Listenpreisab 98'000 Fr. (Basis: RX 450h L «Comfort», ab 84'000 Fr.)
PlusEnormes Platzangebot, edles Cockpit, viel Power, sehr komfortables Fahrwerk.
MinusNervige Akustik beim Beschleunigen, wenig Dynamik, umständliche Bedienung.

 

Schönes Cockpit, unschönes Navi

Wäre ich ein potenzieller Kunde auf Probefahrt, wärs jetzt vorbei: In der Edelauto-Welt geben die Kunden gerne sehr viel Geld aus – wenns perfekt funktioniert. «Turbenthal»? Hurra, es klappt! Zwar wohne ich da nicht, aber egal. Entspannen. Rushhour meistert der RX souverän. Trotz fünf Metern Länge des L (zum «normalen» RX 11 cm mehr) noch handlich, meist superleise und wirklich höchst komfortabel. Edles Cockpit, Sitzheizung und -belüftung, kabelloses Handyladen, viel Assistenz wie Rundumkamera, Querverkehrswarner oder Headup-Display – klassengemäss, passt. Etwas später gehts über Land und über den Berg. Der Hybrid hat Power, die lineare Beschleunigung gefällt. Nur: Trotz Verbesserungen heult der Benziner wegen des stufenlosen Automaten nervig auf, gibt man viel Gas. Ebenfalls schade: Im E-Modus setzt schon beim Gedanken ans Gasgeben der Benziner mit ein.

Schön komfortabel, wenig E-Fahrt

In der ersten Kurve quietschen die Vorderpneus um Mässigung. Der RX fährt die weiche Welle. Muss man nicht mögen, kann man aber: Die Konkurrenz ist oft zu pseudosportlich poltrig, obwohl solche Schwergewichte ja eh nicht zum Kurvenfetzen taugen. Andererseits: Oft fährt man hierzulande halt so Kurvensträsschen, da wäre eine verbindliche Lenkung besser.

Das «Maus»-System lenkt eher ab

Kurz vor zuhause will ich das Navi stoppen – ich will ja gar nicht bis nach Turbenthal. Touchscreen hat der RX nicht, sondern eine Art Computermaus. Das wirkt im Vergleich zu neueren Audi, BMW oder Mercedes angestaubt wie ein Nokia 6150 neben dem iPhone. Mit der Maus zu treffen, ist heikel, dazu kommen unnötige Untermenüs. Nur ein Beispiel: Den Verkehrsfunk abzustellen geht nicht einfach per Klick darauf – sondern erst über ein neu öffnendes Fenster mit Buttons, die man erst wieder mit der Maus finden muss. Egal: Ich will doch nur das Navi stoppen. Bodenwelle, die Maus verrutscht. Ich gebs auf.

Raum ohne Ende für sieben

Als Raumriese beeindruckt der Lexus dafür. Als Fünfplätzer lässt uns der lange RX im Fond relaxt lümmeln und die Beine ausstrecken wie in einer Luxuslimo. Wird Reihe drei genutzt, muss Reihe zwei zwar vorrutschen (15 cm längs verschiebbar), hat aber immer noch viel Platz. In der elektrisch (!) klappbaren Reihe drei ist wie üblich nur Platz für Kids. Nur: Deren Fenster sind echt winzig – Gequengel programmiert. Toll dafür: Sogar als Siebensitzer gibts hier noch Raum für Gepäck, und selten haben wir nach Umlegen aller Fondsitze so locker ein Velo eingepackt (siehe Bildergalerie).

Verbrauch keine Sensation

Trotz hybridbewusster Fahrweise genehmigt sich der RX L neun Liter im Schnitt. Das ist okay für einen 313 PS starken 2,3-Tönner-Allradler – aber fürs Label Hybrid gefühlt doch viel. Das Testauto «Excellence» kostet mit Optionen 102'650 Franken. Tönt ebenfalls viel, ist aber ausstattungsbereinigt für diese Liga sehr fair – und Siebensitzer-Luxus-SUV sind ohnehin rar. Als solcher und Raumriese punktet der RX L. Beim Infotainment sollte Lexus sehr bald nachbessern.

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