Stinger GT mit V6 und 366 PS im Blick-Test
Der letzte Kia für echte Petrolheads

Der Stinger GT ist das wohl emotionalste Fahrzeug, das Kia je auf den Asphalt gestellt hat. Zum würdigen Abschied der Baureihe haben wir mit der Sportlimousine mit kraftvollem V6-Benziner nochmals eine ausgiebige Testrunde gedreht.
Publiziert: 11.12.2023 um 13:30 Uhr
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Aktualisiert: 13.12.2023 um 10:57 Uhr
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Der mächtige Kia-Konzern, zusammen mit Mutter Hyundai Nummer 3 der Welt hinter Toyota und VW, baut sich zum Elektroauto-Hersteller um. Gerade erst hat Kias oberster Produktplaner Spencer Cho einen Ausblick auf die künftige Modellpalette gegeben: vom Einstiegsmodell EV2 (ab 2026) bis zum soeben lancierten mächtigen Familienstromer EV9. Ein Auto wie der Stinger (zu deutsch: Stachel) passt da nicht mehr so recht ins Konzept: Die viertürige Sportlimousine ist ein reinrassiger GT ohne Elektrounterstützung – für Dampf sorgt ein V6-Turbobenziner mit 366 PS und satten 510 Nm Drehmoment. Blick konnte den letzten wirklich echten Kia für Petrolheads als finale «Tribute Edition» einem ausgiebigen Test unterziehen.

Vor der Fahrt

Im Vergleich zum Vorgänger hat Kia den Stinger optisch nochmals nachgeschärft. Das bleibt nicht unbemerkt: Selbst Jugendliche drehen sich verdutzt um, und tuscheln: «Was, das ist ein Kia? Echt cool!» Unter dem sportlich gezeichneten Blech wirds allerdings eng: Trotz seiner Länge von 4,83 Meter ist der Kofferraum mit rund 400 Litern nur Durchschnitt – vorausgesetzt, die sehr flach angebrachte Gepäckraumabdeckung wurde vorher entfernt. Ansonsten schrumpft das Volumen auf mickrige 335 Liter – zu wenig für einen Langstrecken-Cruiser. Auf der Rückbank hingegen räkeln sich auch grössere Passagiere bequem. Einzig am Scheitel kitzelt das nach hinten abfallende Dach.

Auf der Strasse

Gleich vorneweg: Der Stinger ist kein reinrassiger Sportwagen, sondern ein echter Gran Turismo für Geniesser. Der sonor und kraftvoll brummelnde 3,3-Liter-Sechszylinder hängt toll am Gas und sorgt für einen fulminanten Antritt – besonders beim Zwischenspurt auf der deutschen Autobahn kann der V6 mit viel Dampf überzeugen. Im Sportmodus legt der Stinger die Sitzwangen an und macht dank heckbetontem Allradantrieb und feinfühliger Lenkung auf kurvigen Landstrassen so richtig Laune. Doch sein bevorzugtes Revier ist die Langstrecke, wo das relativ straffe, aber bestens austarierte Adaptivfahrwerk auch gröbere Unebenheiten souverän wegbügelt.

Blick konnte den letzten wirklich echten Kia für Petrolheads als finale «Tribute Edition» einem ausgiebigen Test unterziehen.
Foto: Lorenzo Fulvi
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Kia Stinger 3.3 T-GDI Tribute Edition

Antrieb 3,3-Liter-V6-Turbobenziner, 366 PS (269 kW), 510 Nm@4500/min, 8-Gang-Automatik, Allradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 5,4 s, Spitze 270 km/h
Masse L/B/H 4,83/1,87/1,40 m, Leergewicht 1980 kg, Kofferraum 406–1114 l
Umwelt Verbrauch Werk/Test 10,9/11,5 l/100 km, 247/258 g/km CO₂, Energieeffizienz G
Preis ab 67'500 Franken

Antrieb 3,3-Liter-V6-Turbobenziner, 366 PS (269 kW), 510 Nm@4500/min, 8-Gang-Automatik, Allradantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 5,4 s, Spitze 270 km/h
Masse L/B/H 4,83/1,87/1,40 m, Leergewicht 1980 kg, Kofferraum 406–1114 l
Umwelt Verbrauch Werk/Test 10,9/11,5 l/100 km, 247/258 g/km CO₂, Energieeffizienz G
Preis ab 67'500 Franken

Mehr

Das war gut

67'500 Franken stehen beim Stinger im Preisblatt. Das hört sich – insbesondere für einen Kia – erst einmal nach viel an. Bei genauerer Betrachtung mutiert der Gran Turismo aber zum echten Schnäppchen. Aufpreispflichtige Extras sucht man in der Preisliste (fast) vergeblich. Egal, ob Premium-Soundsystem, beheiz- und belüftbare Vordersitze, 10,25-Zoll-Infotainmentsystem, Head-up-Display, Nappaleder-Sitzbezüge, 360-Grad-Kamera oder die neuesten Assistenzsysteme – beim Stinger ist alles serienmässig an Bord inklusive sieben Jahre Werksgarantie. Einzig die sportlich-edle Wildlederausstattung des «GT Packs» für 900 Franken kostet extra. Bei der Premium-Konkurrenz wie Alfa Giulia, Audi S5 Sportback, BMW 4er Gran Coupé oder Mercedes-AMG C43 wird für ein ähnliches Paket deutlich mehr fällig.

Das war schlecht

In Zeiten, in denen die Klimaerwärmung Tatsache ist und die Menschheit den Verbrauch fossiler Energieträger schleunigst zurückfahren sollte, wirkt der Stinger antiquiert. Bei gleichmässiger Fahrt auf der deutschen Autobahn kamen wir im Test auf durchschnittlich 10,3 l/100 km – und haben damit den Werksverbrauch von 10,9 l/100 km sogar noch unterboten. Wer aber öfter die üppige Leistung des Kia Stinger ausnutzt, wird mit Verbräuchen deutlich über 12 Liter abgestraft.

Das bleibt

Wer den Stinger GT kauft, fährt exotisch. Gerade einmal 66 Fahrzeuge konnte Kia Schweiz bis Ende Oktober aus den Showrooms rollen. Zum Vergleich: Lamborghini hat im selben Zeitraum vom bald auslaufenden Supersportler Huracán fast gleich viele Modelle ausgeliefert (58) – und dies zum mindestens dreifachen Preis. Schade, denn Kia hat den Spagat zwischen sportlichem Handling und hohem Reisekomfort äusserst überzeugend hinbekommen und darf den Stinger mit gutem Gewissen als echten Gran Turismo feiern. Doch dessen Tage sind längst gezählt und die Produktion ist bereits eingestellt. Letzte Chance für alle Interessenten, eines der letzten erhältlichen Exemplare unter dem Weihnachtsbaum zu parken.

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