Internet wird ausgehebelt
So schottet sich China digital von der Welt ab

Zwar ist China das weltweite Zentrum für Gadgets und Technik. Trotzdem werden ausländische Internetdienste nach wie vor ausgebremst, wie BLICK auf einer Reise nach Shenzhen erlebt hat.
Publiziert: 15.12.2019 um 11:11 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2021 um 16:30 Uhr
Lorenz Keller aus Shenzhen

Shenzhen ist eine 20-Millionen-Metropole, liegt neben Hongkong und ist das wichtigste Technologiezentrum Chinas. Hier werden Millionen Smartphones und andere Gadgets gebaut. Hier arbeiten tausende Entwickler an Innovationen. Doch versucht man sich übers Hotel-WLAN mit der Google-Suche zu verbinden, wird das geblockt.

Die chinesischen Behörden blocken nicht einfach alle Inhalte aus dem westlichen Internet. Stattdessen ist es eine subtile Kontrolle und Sperre, die sich dauernd ändert und anpasst.

Als Tourist merkt man vorerst nicht viel davon. Mit ausländischen SIM-Karten und Roaming hat man wie gewohnt auf alles Zugriff. WhatsApp, Google-Suche, Apps – alles gar kein Problem. Dafür zahlt man aber auch einiges, drei GB Daten kosten 49 Franken. Das hat im Test mit der Swisscom gut geklappt, bei anderen Anbietern kann das ganz anders aussehen.

So sieht es aus, wenn man mit dem normalen Hotel-WLAN versucht, die Youtube-App zu nutzen.
Foto: Lorenz Keller
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Und spätestens wenn man mit Google Maps navigieren will, merkt man, dass eben doch nicht alles so läuft wie in Europa oder den USA. Das GPS ist deutlich weniger präzis. Die Satelliten-Ansicht der Karte ist zudem total unbrauchbar, weil sie rund einen Kilometer verschoben ist. Es empfehlen sich Kartenanbieter wie Maps.me, die auf China ausgerichtet sind.

YouTube oder Mail sind total gesperrt

Im Hotel-WLAN dann ist man endgültig in der digitalen Realität von China angelangt. Praktisch alle gewohnten Apps und Dienste funktionieren nicht mehr oder nur eingeschränkt. Vor allem die Google Produkte wie YouTube oder Mail sind total gesperrt. Die Google-Suche läuft ebenfalls nicht mehr, während der direkte Zugriff auf einige Webseiten noch funktioniert. Blick.ch etwa liess sich auch hinter der chinesischen Firewall aufrufen.

Bei Twitter und Instagram kommen zwar die Benachrichtigungen noch durch, die Inhalte lassen sich auf dem Handy aber nicht laden. Dass es nicht am Smartphone oder an der Verbindung liegt, merkt man spätestens, wenn man TikTok aufstartet. In dieser Social Media App laden Inhalte schnell und problemlos. Kein Wunder, die weltweit vor allem bei Jugendlichen sehr beliebte App stammt aus China.

Die digitale Mauer ist aber immer wieder durchlässig. So funktionieren einige Nachrichten-Apps wie beispielsweise ZDF oder auch BLICK, viele andere laden nicht wie etwa «New York Times» oder «Spiegel». Auch auf Diskussionsforen wie Reddit oder US-Plattformen wie Facebook kann man nicht zugreifen.

Vieles wirkt willkürlich: Der Google-Browser Chrome läuft nicht, Safari von Apple schon. Aber auch hier sind nicht alle Seiten aufrufbar. Der «Spiegel» etwa ist via Webrowser genauso gesperrt wie in der App.

Konsequent ist das nicht. So kann man etwa den «Tagesanzeiger» über die App nicht lesen, über den Safari-Browser schon. Manchmal ändert sich das auch von Tag zu Tag. Eines Abends waren fast alle Verbindungen zum Ausland übers Hotelnetzwerk ganz oder teilweise unterbunden. Da funktioniert auch Blick.ch nicht mehr.

VPN als Lösung, aber in einer rechtlichen Grauzone

Als Ausländer hat man in China immerhin noch die Möglichkeit über ein Virtual Private Network (VPN) eine direkte Verbindung in ein anderes Land aufzubauen und so Zugriff zum weltweiten Internet zu erhalten. Im Test gut funktioniert hat der firmeninterne Zugang. Die meiste Zeit liess sich so das Internet auf dem Laptop nutzen wie zu Hause. Aber auch hier ist es passiert, dass für ein paar Stunden gar keine Verbindung mehr möglich war.

Wer von seinem Anbieter her keine solche Möglichkeit hat, muss auf kommerzielle VPN-Dienste zurückgreifen. Diese gibts auch als Apps, sie sind aber meistens nicht kostenlos. Die chinesische Regierung geht aber aktiv gegen nicht genehme VPN vor und sperrt immer wieder Anbieter. NordVPN und ExpressVPN haben sich aber generell bewährt.

Grundsätzlich sind nicht von der Regierung zugelassene private Netzwerke verboten. Das gilt aber vor allem für Unternehmen und chinesische Bürger, wer als Tourist einen VPN-Dienst nutzt, sollte nichts zu befürchten haben. Allerdings bewegt man sich in einer Grauzone.

Es geht um Kontrolle

Insgesamt zeigt sich, dass China tatsächlich den Internetzugang zu ausländischen Diensten massiv stört. Primär für die eigenen Einwohner. Touristen und Geschäftsleute können die Sperren mit ausländischen SIM-Karten und VPN-Diensten umgehen. Am Beispiel von TikTok zeigt sich aber auch gut, dass es primär um Kontrolle geht und nicht um eine kulturelle Abschottung. Modernste Kommunikationsmittel ja, aber nur unter dem wachsamen Auge der Regierung.

Die Chinesen sollen einheimische Dienste und Apps nutzen. Daher gibts auch für alle bei uns beliebte Apps Alternativen. Statt WhatsApp etwa nutzen die Chinesen WeChat. Der Messenger ist auch gleichzeitig das beliebteste moderne Zahlungsmittel, das neben Bargeld an jedem kleinen Kiosk akzeptiert wird.

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