Wegen Smartphone, Tablets & Co.
Unsere Kinder werden kurzsichtig!

Zu viel Bildschirm und zu wenig Aufenthalt im Freien. In zehn Jahren werden weltweit bereits 2,5 Milliarden Menschen kurzsichtig sein – eine Auswirkung der Digitalisierung.
Publiziert: 02.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 15:30 Uhr
Franca Siegfried

Smartphone, Tablet und Computer bestimmen die Freizeit der Jugendlichen in der Schweiz. Die aktuelle James-Studie ergab: 97 Prozent der 12- bis 19-Jährigen besitzen ein Smartphone – und 94 Prozent der Befragten bei dieser repräsentativen Erhebung der Swisscom zu Mediennutzung und Freizeitverhalten nutzen täglich das Internet.

«Mit dieser Faszination droht vielen jungen Menschen eine Epidemie der Kurzsichtigkeit», sagt Professor David Goldblum. Er ist Leitender Arzt der Augenklinik des Universitätsspitals Basel. Gefährdet sind laut Goldblum vor allem Kinder, die fast nur noch in der Stube hocken und sich nicht mehr genügend im Freien aufhalten.

Seine drastische Prognose stützt er auf internationale Studien: So haben Kinder in China schon jetzt ein 39-prozentiges Risiko für Kurzsichtigkeit. Forscher untersuchten die Augen von 2000 Primarschülern im Alter von sieben Jahren. Die Hälfte bewegte sich in den ersten drei Schuljahren jeweils 40 Minuten pro Schultag im Freien. Ihr Risiko für Kurzsichtigkeit sank nach drei Jahren auf 30 Prozent.

Chats und Apps: Kinder brauchen Begleitung und Schutz.
Foto: zvg

Kurzsichtigkeit bei Kindern entwickelt sich schleichend und bleibt in vielen Fällen von den Eltern unbemerkt – bis die Schülerinnen und Schüler selber merken, dass sie die Wörter an der Wandtafel nur noch verschwommen wahrnehmen.

Genetische Faktoren können die Kurzsichtigkeit fördern. Eine grössere Rolle jedoch spielt der Lebensstil, da sich die Sehschwäche von Kindern durch ungebremstes Wachsen des Augapfels entwickelt. Dopamin, ein Botenstoff des Nervensystems, kann dieses Wachstum auf natürliche Weise stoppen. Dafür aber müssen Mädchen und Jungen Zeit im Freien verbringen, denn Tageslicht fördert die Dopamin-Ausschüttung im Körper. Ständiges Starren auf Bildschirme hingegen führt zu einer Ermüdung der sogenannten Akkommodationsmuskulatur, was die Kurzsichtigkeit zusätzlich fördert.

Auch eine Studie von Jeremy Guggenheim (48) unterstreicht, wie wichtig für Kinder die tägliche Zeit im Freien ist. Der Augenexperte an der Cardiff University in Grossbritannien hat die Sehkraft von 90000 erwachsenen Briten untersucht – und sich bei der Auswertung der Daten sehr gewundert.

Erstgeborene haben heute ein 20 Prozent höheres Risiko, stark kurzsichtig zu sein als ihre jüngeren Geschwister. Ein seltsamer Befund. Erklärungen fand Guggenheim erst, als er den Faktor Bildung unter die Lupe nahm.

Das Resultat? Erstgeborene mit Sehschwäche sind höher gebildet als ihre Geschwister. Der Forscher ist überzeugt, dass die Probanden ihre Freizeit häufiger drinnen vor Büchern und beim Büffeln verbrachten, während ihre Geschwister draussen herumtobten. Und egal, ob ein Kind nur vor dem Bildschirm oder einem Buch sitzt: Es läuft Gefahr, schneller kurzsichtig zu werden.

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