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Zigaretten-Alternativen boomen
«Eishockey-Droge» Snus: Experten machen sich Sorgen

Der Konsum von Kautabak in der Schweiz hat zugenommen. Der sogenannte Snus ist eine von zahlreichen vermeintlich gesünderen Alternativen zu herkömmlichen Zigaretten. Und gilt für die Präventionsarbeit als grosse Herausforderung.
Publiziert: 27.03.2023 um 10:08 Uhr
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Aktualisiert: 22.01.2024 um 11:37 Uhr
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Valentin RubinRedaktor Service

Snus

Snus wird in kleinen Tabak-Beuteln verkauft und kommt aus Skandinavien. Diese werden unter die Oberlippe geklemmt, wo sie Nikotin über die Schleimhäute ins Blut abgeben. Diese orale Einnahme schadet den Zähnen und begünstigt Mund- und Speiseröhrenkrebs. Snus ist vor allem im Profi-Eishockey beliebt, da die Tabakbeutel aufgrund des hohen Nikotingehalts leistungssteigernd wirken. In der EU ist Snus überall ausser in Schweden verboten. In der Schweiz ist es legal erhältlich. Gemäss einer Studie von Sucht Schweiz haben im Jahr 2022 doppelt so viele männliche 15-Jährige Snus konsumiert als im Jahr 2018.

Inhaltsstoffe: Dem Tabak werden Wasser, Salze und Aromen beigefügt. Da der Tabak nicht verbrennt, entstehen keine Schadstoffe wie Kohlenmonoxid oder Teer. Das Deutsche Krebsforschungszentrum hat jedoch 28 andere krebserregende Stoffe in Snus nachgewiesen, darunter Formaldehyd und Blei.

Expertenmeinung: Die grösste Herausforderung für die Präventionsarbeit sieht Auer im Konsum von Snus-Produkten. «Sie sind weniger schädlich als Tabakerhitzer, aber schädlicher als Vapes.» Nur wisse man über den Konsum zu wenig. «Nehmen es eher Menschen, die früher geraucht haben? Oder solche, die gar nie geraucht hätten, nun aber eine Nikotin-Abhängigkeit haben?» Untersuchungen im Aargau und in St. Gallen haben zeigten, dass Jugendliche häufiger regelmässig Snus verwenden als Vapes oder Tabakerhitzer. Auer: «Snus ist günstig und kann fast unbemerkt konsumiert werden, weil dabei kein Rauch oder Dampf entsteht.»

Kleine Beutel mit tabakhaltigem Snus werden unter die Lippen geklemmt. So gelangt Nikotin über die Mundschleimhäute ins Blut. Gemäss Schweizer Sucht-Monitoring konsumierten 2022 zehn Prozent aller Männer zwischen 15 und 34 rauchfreie Tabakprodukte wie Snus.
Foto: Shutterstock

Vapes

Vapes sind eine Art von E-Zigaretten. Sie enthalten keinen Tabak, dafür werden Flüssigkeiten (Liquids) verdampft. Deswegen gelten sie als gesünder als Zigaretten. Einweg-Vapes (vor allem Produkte der Marken Elfbar, Puffbar oder Geekbar) kosten pro Stück nur gut fünf Franken, halten so lange wie 50 Zigaretten und sind bei Jugendlichen beliebt. Influencer bewerben sie, der österreichische Rapper Yung Hurn (28) widmete den Elfbars sogar einen Song. Trotz des geringeren Gesundheitsrisikos sind sie nicht unbedenklich.

Inhaltsstoffe: Hauptbestandteil ist ein mit Nikotin angereichertes Liquid. Oft werden süsse Aromen wie «Watermelon» oder «Pink Lemonade» beigefügt. Daneben enthalten Vapes pflanzliches Glycerin und krebserregende Stoffe wie Formaldehyd. Ausserdem wird dem Nikotin in den meisten Fällen Benzoesäure beigefügt. Dadurch wird Nikotin zu Nikotinsalz, was den Konsum angenehmer macht. Nebenwirkungen wie Husten oder ein kratziger Hals bleiben aus.

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Expertenmeinung: «Vapes und E-Zigaretten sind die bessere Wahl als Zigaretten», sagt Reto Auer (45), Leiter Substanzkonsum an der Uni Bern. Aber: Dass Nikotinsalz fast keinen Husten auslöse, mache es gerade für Einsteiger einfacher, grosse Mengen an Nikotin zu sich zu nehmen. Das führe zu Abhängigkeiten, die ein Leben lang anhalten können. Für Menschen, die sich das Rauchen abgewöhnen wollen, seien Vapes aber geeignet, sagt Auer. «Sie konsumieren weiterhin Nikotin, ohne ihrer Gesundheit zu sehr zu schaden.» Allerdings würden noch Langzeitstudien fehlen, die zeigen, wie viel weniger schädlich Vapes im Vergleich zu Zigaretten wirklich seien.

Bunt, aromatisch, günstig: Einweg-Vapes sind vor allem bei Jugendlichen beliebt. 2022 konsumierten gemäss Bundesamt für Gesundheit sechs Prozent aller 15- bis 24-Jährigen regelmässig E-Zigaretten. Tendenz steigend.
Foto: Shutterstock
Nikotinforscher, Ex-Raucher

Reto Auer (45) ist Professor für Hausarztmedizin und Leiter Substanzkonsum an der Universität Bern. Er untersucht in seiner Forschungsarbeit, welche Effekte Zigaretten, E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Snus auf unsere Gesundheit und unser Suchtverhalten haben. Auer stammt aus einer Raucherfamilie und hat früher selbst geraucht.

Reto Auer (45) ist Professor für Hausarztmedizin und Leiter Substanzkonsum an der Universität Bern. Er untersucht in seiner Forschungsarbeit, welche Effekte Zigaretten, E-Zigaretten, Tabakerhitzer und Snus auf unsere Gesundheit und unser Suchtverhalten haben. Auer stammt aus einer Raucherfamilie und hat früher selbst geraucht.

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Tabakerhitzer

Auch die Tabakindustrie entwickelt Alternativen in Form von E-Zigaretten. Am bekanntesten ist das Iqos-System von Philipp Morris, das mit tabakhaltigen Sticks, sogenannten Heets, funktioniert. Diese sehen aus wie kurze Zigaretten und werden in einem Gerät mit einem Akku auf 300 Grad erhitzt. Philip Morris bewirbt das Produkt mit dem Versprechen einer «rauchfreien Zukunft». Forscher, darunter auch Reto Auer, haben aber nachgewiesen, dass manche Sticks Tabak nicht nur erhitzen, sondern Teile davon auch verbrennen. Dadurch entsteht – wie bei der herkömmlichen Zigarette – Rauch, der Teer und Kohlenmonoxid enthält. Tabakerhitzer können folglich ähnlich schädlich sein wie Zigaretten.

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Inhaltsstoffe: Wie normale Zigaretten beinhalten auch Systeme wie Iqos natürliches Nikotin, das durch hohe Temperaturen aus Tabakblättern extrahiert wird. Auch die krebserregenden Inhaltsstoffe von herkömmlichen Zigaretten – darunter Teer, Formaldehyd, und Acetaldehyd – sind in ihnen zu finden. Sie kommen aber in 30 bis 90 Prozent geringerer Dosis vor.

Expertenmeinung: Auch wenn die Tabakerhitzer weniger Kohlenmonoxid und Teer produzieren als normale Zigaretten, seien Systeme wie Iqos riskant, sagt Auer. Insbesondere sogenannte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die durch eine unvollständige Verbrennung entstehen, sind schon in geringen Mengen problematisch. «Sie entstehen in Tabakerhitzern genauso wie in Zigaretten und sind krebserregend.» Der Iqos-Hersteller Philip Morris bestätigt, dass die Produkte nicht risikofrei sind. Er betont auf Anfrage aber: «Im Aerosol, das bei Iqos-Produkten entsteht, sind weniger und geringere Mengen an schädlichen Chemikalien enthalten.»

Bei Iqos-Systemen werden Tabakblätter nur erhitzt, nicht verbrannt. 2022 betrug der Marktanteil von Iqos gemäss Firmenangaben zehn Prozent.
Foto: Keystone

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