«Ich habe über 100 Flipperkästen»
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Einige davon sind 100-jährig:«Ich habe über 100 Flipperkästen»

Hobbyraum voller Schätze
Flipper-Faszination: Ivo Vasella öffnet Türen zu seiner privaten Sammlung

Wenn es blinkt, leuchten seine Augen. Seit über 40 Jahren repariert Ivo Vasella alte Flipperkästen und besitzt eine grosse Sammlung in Zürich-Altstetten. Sein Wissen über die Geräte und die Entwicklung der Zürcher Spielsalons will er nun in einem Buch teilen.
Publiziert: 03.10.2024 um 12:24 Uhr
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Aktualisiert: 03.10.2024 um 12:56 Uhr
Ivo Vasella (57) sammelt Flipperkästen und Arcade-Automaten. Insgesamt hat er rund 200.
Foto: Thomas Meier
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Dennis Baumann

Die Lämpchen der Automaten tünchen den Raum in Gelb und Orange. Im schummrigen Licht im Stile alter Spielsalons blinken und klingeln die Flipperkästen und Spielautomaten aus allen Ecken. Neonschriften und Vintage-Poster an den Wänden ergänzen den nostalgischen Charme des Hobbyraums, der sich unscheinbar in einer Tiefgarage in Zürich-Altstetten versteckt.

Zwischen den Spielautomaten und Retro-Dekor wie Jukeboxen und Süssigkeitenspender leuchtet ein rotes Neonschild mit der Aufschrift «Bar». Hinter dem Tresen steht Ivo Vasella (57) inmitten seines Lebenswerks – seiner Sammlung von Flipperautomaten, die er in über 40 Jahren zusammengetragen hat. 

Seine 25 Lieblingsstücke stehen in seinem Hobbyraum in Altstetten, rund 75 weitere lagert er an zwei weiteren Standorten. Seine Flipperkästen hat er selbst restauriert. Die Technik und die Logik der mechanischen Abläufe faszinieren ihn: Alte Sachen zu flicken und wieder zum Laufen zu bringen, ist sehr befriedigend. Man findet einen kaputten Automaten, und am Schluss glänzt und blinkt alles wieder wie neu.» 

Keine Flipperkästen zu Hause

Vasella hat sogar Kasten von 1947, dem Jahr, in dem der Flipper erfunden wurde. Selbst die Vorgängerversionen, die ohne Flipperhebel auskamen, stehen im Hobbyraum.

Sein Lieblingsstück ist der Indiana-Jones-Flipper aus dem Jahr 1993, der optisch an die Filmreihe angelehnt ist. Steinruinen, Propellerflugzeuge und goldene Totenschädel verzieren den Kasten. «Der ist natürlich moderner als die alten mechanischen Modelle. Die Bahnen verlaufen auf mehreren Ebenen und erlauben mehr Spieltiefe», sagt er und demonstriert es. 

Er drückt den Abzug eines Revolvers, der am Flipper befestigt wie ein Schalter funktioniert, und lässt die Kugel nach oben schiessen. Im Kasten klirrt und knallt es, während er mit den Flipperhebeln die Kugel im Spiel hält und punktgenau auf die richtige Bahn schickt. «Dieser Flipper macht mehr Spass, ist aber auch schwieriger. Je neuer ein Flipper, desto mehr Übung braucht man. Zudem sollte man die Regeln kennen», sagt Vasella. 

Sein Lieblingsflipper ist gleichzeitig auch einer der wertvollsten in seiner Sammlung. Vor 20 Jahren im kaputten Zustand für rund 1500 Franken gekauft und anschliessend restauriert, ist er heute etwa 9000 Franken wert. Sein Hobby ist also gar nicht so teuer, wie viele denken würden. Aus Platzgründen verkauft er einen Teil seiner Flipper an andere Sammler, um wieder Geld für andere Geräte zu haben. 

In seiner Wohnung, nur zehn Minuten von seinem Hobbyraum entfernt, steht übrigens kein einziger Flipperkasten. «Ich habe mit meiner Frau einen Deal. Ich darf so viele haben, wie ich will, solange ich sie nicht in die Wohnung schleppe», sagt er. Kein Problem für Vasella, denn in Sachen Flipper habe er kaum mehr Wünsche mehr offen: «Fast jeden Flipperkasten, den ich mal haben wollte, durfte ich schon besitzen.»

Er lernte alles selbst

Ivo Vasella erinnert sich noch gut daran, wie er zum ersten Mal vor einem Flipper stand: «Ich sah dieses riesige, blinkende und krachende Ding. Und die Männer, die voller Emotionen darauf spielten und schrien. Das war ein Wow-Erlebnis als Kind», erzählt der Sammler. 

Mit 13 Jahren reparierte er seinen ersten Flipperkasten. Der stand verstaubt und ohne Scheibe im Keller seiner Schwester. Vasella nahm ihn mit nach Hause und schraubte jeden Abend an ihm herum: «Anleitungen gab es keine. Ich habe mir alles selbst beigebracht.» Ein Jahr später funktionierte der Kasten wieder. 

«Das war ein riesiges Erfolgserlebnis. Von da an wusste ich, dass ich weitere Flipper restaurieren möchte», sagt Vasella. Auf Flipper-Suche ging er damals über Inseratezeitschriften. Heute findet er die Flipper im Internet. 

Die Leidenschaft fürs Flippern teilte er anfangs mit Freunden. Vor 26 Jahren entstand daraus der Hobbyraum in Altstetten, wo er mit seinen Kollegen die Kasten reparierte, auf ihnen spielte und fachsimpeln konnte. Heute pflegt er seine Sammlung allein. Seine Begeisterung ist seit seiner Kindheit ungebrochen. Eines hat sich allerdings geändert: Auf seinen Flippern spiele er nur noch selten. Die meiste Zeit verbringe er damit, sie zu putzen und zu warten. Ab und zu lädt er Freunde in seinem Hobbyraum ein oder vermietet ihn für private Anlässe. 

Buch statt Museum

Eigentlich wollte Vasella ein richtiges Museum für die Öffentlichkeit eröffnen. Doch die Umsetzung scheiterte bisher. Auf der Suche nach einem geeigneten Standort ist er noch nicht fündig geworden. «Ein solches Museum würde sich nicht rentieren. Deshalb bräuchte ich jemanden, der mir einen Raum zur Verfügung stellt», erklärt Vasella.

Um sein Wissen dennoch zu teilen, hat er nun ein Buch über die Geschichte der Flipperkasten und der Zürcher Spielsalon-Szene geschrieben. In «Flipper und einarmige Banditen – Eine Kulturgeschichte der Zürcher Spielsalons» beschreibt er Zürichs rasanten Aufstieg zum Spielsalon-Mekka in den 70er-Jahren und verrät, wieso die Flipper heute nirgends mehr anzutreffen sind. 

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