Repräsentation der Geschlechter
Sechs Dinge über Frauen in den Medien, die du wissen solltest

Wie ungleich der Anteil von Männern und Frauen in der Medienberichterstattung ist, wie Algorithmen dafür sorgen, dass Redaktionen Expertinnen befragen – und was das mit Sex-Inseraten zu tun hat.
Publiziert: 04.12.2023 um 23:59 Uhr
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Karen SchärerTeamlead Gesellschaft

Das Medienhaus Ringier, zu dem auch Blick gehört, arbeitet seit vier Jahren intensiv daran, eine angemessene Repräsentation von Frauen zu schaffen und generell mehr Diversität abzubilden. EqualVoice nennt sich die Initiative. Das Buch dazu feiert am Dienstag Vernissage. Sechs Erkenntnisse daraus.

77 Prozent der Medienbeiträge sind über Männer

Seit 1981 ist die Gleichstellung der Geschlechter in der Bundesverfassung verankert. Doch in der Öffentlichkeit und in den Medien ist diese Gleichstellung auch 2023 noch nicht erreicht. Wie im Buch «Das EqualVoice Mindset» zu lesen ist, handeln 77 Prozent der Medienbeiträge in der Schweiz von Männern. Die zitierte Studie vom Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (FÖG) der Universität Zürich untersuchte Medienberichte zwischen 2015 und 2021.

Weltweit ist das Ungleichgewicht noch ausgeprägter: Der Anteil von Männern in der Berichterstattung liegt laut Global Media Monitoring Project bei 82 Prozent. Dieses Ungleichgewicht in der Sichtbarkeit wird als Gender Visibility Gap bezeichnet. «Der Gender Visibility Gap scheint festzustecken und nicht auf die Zunahme von Frauen in öffentlichen Ämtern und Führungsrollen zu reagieren», schreiben «Handelszeitung»-Journalist Stefan Mair und EqualVoice-Initiantin Annabella Bassler, CFO der Ringier-Gruppe, im Buch.

Annabella Bassler, Gründerin der EqualVoice-Initiative und Finanzchefin der Ringier AG, hat gemeinsam mit Journalist Stefan Mair ein Buch darüber geschrieben.
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Das Buch zu EqualVoice

Wie lässt sich die Sichtbarkeit von Frauen steigern? Das Buch «Das EqualVoice Mindset. Wie man jede Stimme hört» erzählt die Geschichte einer Bewegung, die zu einem Standard für mehr Diversität geworden ist. Im Buch finden sich:

  • Die wichtigsten Schritte gegen den Gender Visibility Gap
  • Einfache Instrumente für den redaktionellen Alltag
  • Tipps für Newsrooms und Erfahrungen aus zwölf Ressorts

Geschrieben haben das Buch Annabella Bassler, CFO der Ringier-Gruppe und Initiantin der EqualVoice Initiative, und «Handelszeitung»-Journalist Stefan Mair, der Newsrooms bei der Implementierung von EqualVoice im redaktionellen Alltag unterstützt.

«Das EqualVoice Mindset. Wie man jede Stimme hört», Stefan Mair & Annabella Bassler, EqualVoice / Ringier 2023

Wie lässt sich die Sichtbarkeit von Frauen steigern? Das Buch «Das EqualVoice Mindset. Wie man jede Stimme hört» erzählt die Geschichte einer Bewegung, die zu einem Standard für mehr Diversität geworden ist. Im Buch finden sich:

  • Die wichtigsten Schritte gegen den Gender Visibility Gap
  • Einfache Instrumente für den redaktionellen Alltag
  • Tipps für Newsrooms und Erfahrungen aus zwölf Ressorts

Geschrieben haben das Buch Annabella Bassler, CFO der Ringier-Gruppe und Initiantin der EqualVoice Initiative, und «Handelszeitung»-Journalist Stefan Mair, der Newsrooms bei der Implementierung von EqualVoice im redaktionellen Alltag unterstützt.

«Das EqualVoice Mindset. Wie man jede Stimme hört», Stefan Mair & Annabella Bassler, EqualVoice / Ringier 2023

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Ein Fünftel der Medienunternehmen unternimmt nichts in Sachen Diversität

Erhebungen des Reuters Institute an der University of Oxford ergeben, dass Medienunternehmen Genderdiversität als drängendstes Thema in Newsrooms und Chefredaktionen anerkennen. Allerdings geben 21 Prozent der Medienmarken an, diesbezüglich noch gar nichts zu tun. Andere legen den Fokus primär auf ein gleichberechtigteres Genderverhältnis innerhalb ihrer Teams. 42 Prozent der Medienmarken haben eine Person, die für Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration zuständig ist.

32 Newsrooms messen den Anteil Frauenstimmen

Im November 2019 startete die Initiative EqualVoice im Pressehaus von Ringier in Zürich. Vier Jahre später wenden 32 Medienmarken in sieben europäischen Ländern die EqualVoice-Technologie an. Diese – ein KI-Tool – hilft Medien, den Frauenanteil in ihren Artikeln und die Repräsentation von Frauen in ihrem Bild- und Videocontent zu messen. So wissen Redaktionen, welchen Anteil Frauen in ihrer Berichterstattung haben. Die beteiligten Newsrooms erreichen 50 Millionen Menschen. Die Initiative soll wachsen – nächstes Ziel ist es, die Schallmauer von 100 Millionen Unique Clients zu durchbrechen.

Eigene Datenbanken für Expertinnen

Expertinnen reagieren häufig zurückhaltender auf Medienanfragen als Experten. Dies unter anderem, weil auf Auftritte häufig abwertende und sexistische Kommentare auf Social Media und in Kommentarspalten folgen. Entsprechend wertvoll sind Datenbanken, in die sich Expertinnen aktiv eintragen. Beispiele sind sheknows.ch und femdat.ch. Ringier Medien Schweiz baut im Rahmen der EqualVoice-Initiative eine Expertinnenliste auf, die aktuell über 400 Namen beinhaltet. Sämtliche Journalistinnen und Journalisten der Mediengruppe können hier Expertinnen nach Fachgebieten abrufen.

Bilder sind meist stereotyp

Die visuelle Darstellung von Frauen und Männern ist von Stereotypen geprägt. In Fotodatenbanken, aus denen Redaktionen Sujets zur Illustration eines Themas auswählen, sind Frauen häufig in fürsorglichen, betreuenden Rollen abgebildet. Sucht man hingegen nach thematischen Bildern aus dem Businesskontext, sind Frauen nur spärlich repräsentiert, dafür gibt es eine Fülle von Sujets mit Männern. Aktuell wird ein Tool entwickelt, das Redaktionen ermöglichen wird, gezielt nach Bildmaterial zu suchen, das nicht von Stereotypen geprägt ist.

Sex-Inserate sind nicht EqualVoice

Über Jahrzehnte gehörten Sex-Inserate zum Blick. Doch kann man das Engagement eines Verlags für mehr Gleichstellung ernst nehmen, solange solche Inserate in einem seiner Medien erscheinen? «Zu klären war die Frage, wie mit klar sexistischer Werbung umzugehen sei, die pro Jahr etwa eine Million Franken einbrachte, und gleichzeitig glaubwürdig Diversität und die Gleichstellung der Geschlechter beim Blick voranzubringen», schreiben Annabella Bassler und Stefan Mair in ihrem EqualVoice-Buch. Das Resultat der Diskussionen, die in die Führungsetage des Verlags getragen wurde: Die Inserate wurden abgeschafft. Zuerst online, schliesslich auch in der gedruckten Ausgabe. Inzwischen habe die wegfallende Million Franken durch andere Werbepartner ersetzt werden können, die sich für das Thema Diversität engagieren.

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