«Stinkstiefel!» – «Würdelos in Socken»
Sollen Gäste ihre Strassenschuhe ausziehen?

Jetzt über die Festtage kommen Gäste oder man geht zu Besuch. Unter der Türe stellt sich immer wieder die dieselbe Frage: Wie hältst du es mit den Schuhen? Müssen die draussen bleiben? Ein Pro und Contra.
Publiziert: 20.12.2023 um 20:33 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2023 um 21:35 Uhr
Der Schmutz von draussen bleibt häufig an Strassenschuhen haften.
Foto: pixabay
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Pro: Weg mit den Stinkstiefeln!

Daniel Arnet
Foto: Thomas Meier

Drinnen und draussen: Spätestens seit Menschen Höhlen bewohnen, machen sie diese Unterscheidung. Und seit sie Häuser bauen, richten sie sich auch unterschiedlich ein – da die Küche mit Kochtopf, dort die Gasse mit Gosse; da das samtweiche Sofa, dort die wetterfeste Holzbank; da Finken, dort Stiefel. Die Türschwelle ist die Grenze: Leicht erhöht sorgt sie seit jeher dafür, dass Abwässer nicht überschwappen, dass Stinkstiefel stolpern und nicht reinzutrampeln.

Gewiss, mittlerweile schütten wir den Nachttopf nicht mehr auf die Strasse, wir haben dafür eine Kanalisation. Und vor der Tür ist es bei Regen nicht mehr zwangsläufig morastig, weil der Boden gepflastert ist. Dennoch ist eine Trennung von Strassen- und Hausschuhen weiterhin sinnvoll. Kaugummis, Menschenspucke, Hundekacke und Katzenpisse verunreinigen den Asphalt nach wie vor und bleiben in der einen oder anderen Form an der Sohle haften.

Und jetzt das: Dingdong! Verwandte und Bekannte kommen über die Festtage zu Besuch und latschen mit ihren Schuhen in die gute Stube. Schuhe, mit denen sie eben noch durch braune Pfützen wateten oder durch grauen Matsch stakten. Zwei, dreimal haben sie die Sohlen über den Schuhabstreifer vor der Tür gezogen. Im besten Fall bleiben danach lediglich weisse Ränder vom eingetrockneten Streusalz auf dem Parkett, im schlechtesten braune Flecken auf dem Teppich.

Warum soll ich tagein, tagaus versuchen, meine Wohnung rein zu halten und dem Besuch nur aus Höflichkeit erlauben, sie zu verunreinigen? Wenn Benimmregeln von mir verlangen, dass sich Gäste bei mir wie Neandertaler verhalten dürfen, dann bin ich gerne unhöflich. Strassenschuhe gehören vor der Tür abgezogen, basta! Schliesslich hängt man den Wintermantel oder die Skijacke auch an die Garderobe im Eingangsbereich.

Solche, die Schuhe nicht ausziehen wollen, haben etwas zu verbergen: Entweder haben sie ein Loch im Socken oder ihre Füsse nicht gewaschen. Und sollten sie Schweissfüsse haben, trocknet Frischluft eh besser; eingeengt im Lederstiefel schmoren sie nur weiter vor sich hin. Gäste sollen sich aber wohl und frei fühlen – nur so gibt es einen schönen Abend.

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Contra: Meine Pumps sollen nicht im Treppenhaus verkümmern!

Katja Richard
Foto: Thomas Meier

Nicht alle haben schöne Füsse. Oder solche, die nach Blümchen statt Käse duften. Insbesondere, wenn sie von der Kälte draussen aus warmen Stiefeln steigen und wie ein Fondue dampfen. Und mal ehrlich, wer will schon die Socken oder die wo möglich behaarten Zehen seiner Gäste sehen? Füsse haben was Intimes und Privates.

Zudem erinnert mich die Aufforderung, die Schuhe als Gast draussen vor der Tür zu lassen, an meine Kindergartenzeit. In der Garderobe hingen unsere Finken in den Turnsäckli. Erst mit dem Eintritt in die Schule durften wir mit Strassenschuhen das Klassenzimmer betreten. Schliesslich würden wir jetzt nicht mehr auf dem Boden und Teppichen sitzen, sondern hinter der Schulbank. Das machte uns schon ein bisschen erwachsen.

Bei einem Abendessen sitzen wir ja auch zu Tisch und nicht am Boden. Zudem sind meine Schuhe Teil meines Outfits. Ganz besonders, wenn ich für eine Party extra elegante Pumps anziehe, habe ich keine Lust, die im Treppenhaus verkümmern zu lassen. Und um acht Zentimeter zu schrumpfen und auf Nylonstrümpfen rumrutschen – das ist irgendwie würdelos. Peinliche Plüschfinken zum Cocktail-Kleid sind auch keine Alternative. Und zu grosse Wollsocken gegen die kalten Füsse, das kann man bei sich daheim auf dem Sofa machen.

Natürlich gebietet es die Höflichkeit, nicht mit nassen Stiefeln auf hellen Teppichen oder Parkettboden rumzustampfen. Einzige Alternative ist, die Schuhe (nein, keine Finken!) selber mitzubringen. Nämliche jene schön gehegten und gepflegten Paare, die man nicht dem nassen Matsch aussetzen möchte. Samt, Velour und Glitzer! Schliesslich ist Weihnachten. Für Herren eignen sich dafür Slippers, für die Dame sind Ballerinas ebenfalls eine bequeme Alternative.

Es gibt nur drei Ausnahmen, seine Schuhe als Gast ausziehen. Erstens, wenn man zu Besuch in Japan oder bei Japanern ist, dort hat dies Tradition und man bekommt entsprechendes Schuhwerk zur Verfügung gestellt. Zweitens, auf einer Yacht. Drittens, nachdem man mindestens zwei Stunden auf acht Zentimeter getanzt hat und es nach Mitternacht ist – dann dürfen gewisse Konventionen fallen.

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