Tofu statt Steak
Gibt es in der Schweiz bald eine vegane Kochlehre?

Österreich lanciert im Herbst die vegetarische und vegane Kochlehre. Zieht die Schweiz nach?
Publiziert: 22.07.2024 um 18:34 Uhr
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Vanessa SadeckyRedaktorin Green Circle

Im Land des Wiener Schnitzels bahnt sich eine kulinarische Revolution an. Ab 2025 dürfen Jugendliche laut dem ORF erstmals eine Kochlehre absolvieren, die pflanzliche Proteine ins Zentrum des Tellers rückt. Bei der vegetarischen Kochlehre wird auf die Zubereitung von Fleisch und Fisch verzichtet, bei der veganen Kochlehre auch auf Rezepte mit tierischen Produkten wie Milch und Eier. 

Das Umdenken entspringt nicht nur der Umweltbewegung, sondern hat auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Gründe: 44 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen ernährten sich laut einer Befragung des Umfrageinstituts Smart Protein vegan, vegetarisch, pescetarisch oder flexitarisch.

Gerade junge Menschen sind bei der Ernährung strikter geworden: Knapp ein Viertel der Österreicherinnen zwischen 15 und 29 ernährt sich laut der Veganen Gesellschaft Österreich vegetarisch oder vegan. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Lernenden in der Gastronomie seit über zehn Jahren drastisch. Die neuen Ausbildungen sollen dem Fachkräftemangel entgegenwirken und Jugendliche für die Kochlehre motivieren, die sie bisher aus ethischen Gründen abgelehnt haben.

Österreich ermöglicht es Lernenden, ab 2025 eine vegane oder vegetarische Kochlehre zu absolvieren.
Foto: Getty Images
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Bedarf an fleischloser Kochkunst wächst in der Schweiz

Das österreichische Modell ist ein Novum im deutschsprachigen Raum. In der Schweiz und Deutschland sind Lernende nach wie vor gezwungen, in der Kochlehre Fleisch und andere Tierprodukte zuzubereiten, um das Lehrdiplom zu erhalten. Im aktuellen Schweizer Bildungsplan stehen die Worte «Fleisch» und «tierisch» über 40 Mal.

Dabei wächst auch hierzulande der Bedarf an fleischloser Kochkunst: Fünf Prozent der Bevölkerung ernähren sich vegetarisch oder vegan. Besonders in urbanen Gegenden ist die Nachfrage nach fleischlosen Gerichten hoch und viele Gastrobetriebe kämpfen darum, ihre offenen Lehrstellen zu besetzen.

Die Schweizer Spitzenköchin Lauren Wildbolz (43) freut sich über die österreichische Entwicklung. Sie wünscht sich das gleiche Modell für die Schweiz. «Eine spezialisierte Ausbildung würde die Vielfalt und Kreativität in der Küche fördern und könnte dazu beitragen, die Qualität und das Ansehen der pflanzlichen Küche weiter zu steigern und mehr Menschen zu inspirieren, sich für eine vegane, vegetarische oder flexitarische Lebensweise zu entscheiden», sagt sie zu Blick. Wildbolz gilt als Schweizer Pionierin der veganen Küche. Sie gründete 2010 das erste vegane Restaurant in Zürich.

Hiltl weicht für Fleischzubereitung auf anderen Betrieb aus

Wie läuft die Kochlehre in fleischlosen Betrieben in der Schweiz bisher ab? Hiltl, der grösste Betreiber von vegetarischen Restaurants, sagt auf Anfrage: «Die Fleischzubereitug lernen unsere Lernenden in einem Partnerbetrieb in der Nachbarschaft.» Und weiter: «Eine vegetarische oder vegane Kochlehre würde die interne Ausbildung bei Hiltl erleichtern.»

Wie stehen die Chancen, dass es in der Schweiz auch bald eine vegetarische oder vegane Kochlehre gibt? Beim Branchenverband Gastro Suisse verfolgt man einen integrativen Ansatz: «In der heutigen Kochlehre wird sowohl die vegetarische als auch die vegane Küche thematisiert und gelehrt, deshalb ist eine solche Kochlehre nicht geplant», heisst es auf Anfrage. 

An Ausbildungsrevision diskutiert

Beim Ausbildungsverband Hotel & Gastro formation wurde das Thema spezialisierte Kochlehren bei der letzten Ausbildungsrevision diskutiert und darauf verzichtet. «Hauptgegenargumente waren die Arbeitsmarktfähigkeit und die berufliche Flexibilität nach der Grundbildung. Es gibt verschiedene Weiterbildungsangebote nach der Grundbildung», sagt Vizedirektor Mike Kuhn. Ganz vom Tisch sind die vegane und vegetarische Kochlehre allerdings nicht: «Ob dies in Zukunft so bleiben wird, kann ich nicht beantworten. Unsere Branche ist in einem steten Wandel», so Kuhn.

Der integrative Ansatz ist typisch für das schweizerische Bildungssystem. Es werden selten neue Lehrberufe geschaffen. Ein rares Beispiel für eine Neuschaffung im Klimaschutzbereich ist die Lehre als Solarinstallateurin und Solarmonteur.

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