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Schöne Optik, aber biologisch tot
Warum Schottergärten der Natur schaden

Schotter ist zerkleinertes, oft scharfkantiges Gestein. In Gärten ist dieser Belag sehr beliebt, weil er als pflegeleicht gilt. Die Folge sind sterile Schottergärten. Gegen sie regt sich Widerstand.
Publiziert: 03.10.2024 um 13:56 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Schottergärten sind biologisch tot und umweltschädlich
  • Sie bieten keinen Lebensraum für Tiere und Pflanzen
  • Gemeinde Langendorf verbot Schottergärten einstimmig im Jahr 2020
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
Ziel verfehlt: Schottergärten sind nicht nur unökologisch, sondern verursachen letztlich mehr Pflegeaufwand.
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Susanne Wagner

Wenn Kinder einen Garten zeichnen, malen sie eine Wiese, einen Baum, Blumen und Schmetterlinge. Heute sieht längst nicht mehr jeder Garten so aus. Vor allem sogenannte Schottergärten sind in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Sie bestehen hauptsächlich aus Steinen statt aus Blumenbeeten. Pflanzen gibt es höchstens vereinzelt, wie etwa Kakteen oder Buchsbäumchen, die verloren herumstehen.

Für Gartenbesitzer und Hauseigentümerinnen, die keine Zeit oder Lust auf Gartenarbeit haben, erscheint ein Schottergarten als ideale Lösung: Er benötigt wenig Wasser und Pflege und gefällt vielen durch die klare Linienführung und die minimalistische Gestaltung. Doch der Schottergarten hat ein Problem: Er tut der Natur keinen Gefallen. Denn diese Art von Garten ist sogar ziemlich lebensfeindlich oder gar biologisch tot.

Der Grund dafür: Schottergärten und oft auch Kiesgärten sind meistens mit einer Folie unterlegt, damit möglichst wenig wachsen kann, das man giessen, schneiden oder jäten muss. Dadurch ist der Boden versiegelt und das Regenwasser kann nicht absickern. Eine mehrere Zentimeter dicke Steinschicht sorgt dafür, dass sich der Boden schneller erwärmt und zur Hitzebildung beiträgt: Jeder Stein speichert Hitze und jede Pflanze hilft, die Luft abzukühlen und zu befeuchten.

Die Folie macht den Unterschied

Schottergärten können bis zu 50 Grad heiss werden und bieten kaum Lebensraum oder Nahrung für Vögel, Eidechsen, Bienen und andere Insekten. Die fehlende Bepflanzung verringert die biologische Vielfalt. Nicht zu verwechseln sind Schottergärten mit Steingärten, auf dem alpine und trockenheitsresistente Pflanzen blühen, die Insekten anlocken. Oder Magerwiesen mit Wildstauden. Der Unterschied: Bei Schottergärten ist der Boden versiegelt, bei Steingärten und Magerwiesen nicht.

Seit die Schottergärten an Popularität gewonnen haben, werden immer mehr kritische Stimmen dagegen laut. Schon im Februar 2017 wies eine Studie der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz darauf hin, dass «Verschotterung» Grünflächen zum Verschwinden bringt: «Schottergärten führen zu zusätzlichem Abwasser, Verlust der Bodenfruchtbarkeit, negativen Auswirkungen auf das Mikroklima und ästhetisch wertlosen Flächen in der Siedlungslandschaft.»

Gärten des Grauens

Im Netz sorgt der Trend der sterilen Schottergärten für Hohn und Spott: Der
Berliner Biologe Ulf Soltau begann 2019 auf seiner Facebookseite «Gärten des Grauens» mit sechsstelligen Followerzahlen Beiträge mit Fotos von kargen Schotter-Vorgärten und Betonwüsten ohne jegliches Grün zu posten.

Hierzulande erhitzen die Gärten des Grauens nicht nur die Temperaturen, sondern die Gemüter und sorgen für heisse Diskussionen. Bereits 2020 entschied sich die Gemeindeversammlung der Solothurner Gemeinde Langendorf einstimmig und ohne Gegenstimme, folgenden Satz ins revidierte Baureglement aufzunehmen: «Steingärten (Schottergärten), die keinen ökologischen Nutzen haben, sind nicht erlaubt.»

Weitere Gemeinden in der ganzen Schweiz sind seither gefolgt. Als erster Kanton beschloss im letzten April Solothurn, dass diese Art von Gärten im ganzen Kanton nicht mehr erlaubt sind. Auch die Kantone Zürich und Basel-Stadt haben dieses Jahr Verbote für Schottergärten erlassen.

Mehr Arbeit statt weniger

Der Glaube, dass Schottergärten kostengünstig sind und kaum Arbeit machen, erweist sich als Irrtum. Zwar sind die Kosten beim Anlegen in der Regel tiefer als für einen traditionellen Garten. Aber schon nach ein paar Jahren wirkt der Schotter unansehnlich: Organisches Material wie Laub und Moose sammeln sich an. Auf Schotter sind sie viel schwerer zu entfernen als auf normaler Erde.

Da sogenanntes Unkraut nicht nur von unten spriesst, sondern sich auch über den Luftweg durch Samen verbreitet, nützt auch die Folie unter dem Schottergarten wenig. Das Jäten zwischen Schottersteinen ist sehr mühsam und zeitraubend.

Daher haben Schottergärten auch keine ökonomischen Vorteile. Eine Rückverwandlung würde sich lohnen: Der erste Schritt ist die Entfernung der Folie unter den Steinen. Wer den Boden mit Sand und Kompost anreichert, schafft die Grundlage für eine attraktive Magerwiese mit Blumen und Wildstauden, auf der sich auch Schmetterlinge wieder wohlfühlen.

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