Umwelt während Corona-Krise
Sauberere Luft – so sollten wir nach dem Lockdown reisen

Weil weniger Autos rumkurven, geniessen wir eine bessere Luftqualität. In Venedig sieht man Quallen in klarem Wasser schwimmen. Weil wir zu Hause bleiben, erholt sich die Umwelt. Was der Lockdown bewirkt und wie wir nachher reisen sollten.
Publiziert: 02.05.2020 um 12:14 Uhr
|
Aktualisiert: 04.05.2020 um 15:13 Uhr
Barbara Ehrensperger

Ein Mensch atmet pro Tag etwa 15'000 Liter oder umgerechnet gut 15 Kilogramm Luft ein. Damit ist die Umgebungsluft unser wichtigstes Lebensmittel. Und das ist dank des Lockdowns sauberer als zuvor.

«Beim Stickstoffdioxid NO2, dessen grösste Quelle der Verkehr ist, zeigt sich, dass sich das verminderte Verkehrsaufkommen auch in einer besseren Luftqualität an strassennahen Standorten manifestiert. Besonders ausgeprägt ist dies im Tessin, das auch die reduzierte Belastung in Italien registriert», schreibt das Bundesamt für Umwelt.

In Zahlen sieht das unter anderem so aus: Am Mittwoch, 17. April 2019, bretterten 20'517 Autos und Lastwagen bei der Gotthard-Zählstelle durch. Ein Jahr später, am Freitag, 17. April 2020, waren es nur 1047 Fahrzeuge.

19. April 2019: Stau an Ostern auf der Gotthard-Autobahn.
Foto: imago
1/8

«Auch wenn wir in einem Monat nur die Hälfte der Schadstoffe ausstossen, so ist das dann 1/24 fürs ganze Jahr», rechnet Andrea Burkhardt (51), Leiterin Abteilung Klima beim Bundesamt für Umwelt, gegenüber BLICK vor.

Treibhausgase werden ausgerechnet

Wie viel weniger CO2 wird denn aktuell ausgestossen? «Das wissen wir erst Ende Jahr. Denn wir rechnen sämtliche Erdölimporte zusammen und multiplizieren diese mit dem Emissionsfaktor – bei Benzin ist der beispielsweise 2,32 – und so sehen wir dann, wie sich die CO2-Bilanz verändert, erklärt Burkhardt.

Die Treibhausgasemissionen in der Schweiz werden von 32 Prozent durch den Verkehr (allerdings ohne internationalen Flugverkehr!), 24 Prozent durch Gebäude und 22 Prozent durch die Industrie verursacht. 22 Prozent fallen auf Landwirtschaft und Abfallbehandlung. Aufgrund der Corona-Krise sind somit nur durch den Verkehr merkliche Veränderungen betreffend Treibhausgasen spürbar.

Warum Deutschland, aber wir nicht?

In Deutschland hingegen heisst es, dass man dank des Lockdowns eventuell noch die Klimaziele für 2020 erreichen könne. Warum geht das hier nicht?

«In der Schweiz haben wir keine grosse Schwerindustrie mehr – wir sind eine Dienstleistungsgesellschaft. Im Gegensatz zum Beispiel zu China: Da haben die zwei Monate Lockdown zu einem Viertel weniger Emissionen geführt. Und in Deutschland ist es zwar nicht so sichtbar wie in China, aber eben doch viel deutlicher als bei uns», erklärt Burkhardt.

Lockdown bringt nichts

So bringt uns also der Lockdown hier in der Schweiz gar nichts auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele? «Der Lockdown wird höchstens einen kurzfristigen Einfluss haben. Für die Klimaziele wichtig ist aber ein langfristiger Strukturwandel», sagt die Leiterin der Abteilung Klima.

Ob sich das Mobilitätsverhalten verändern wird, kann Burkhardt nicht sagen. «Das lässt sich nicht prognostizieren», sagt sie. Möglicherweise werden gewisse Sachen erhalten bleiben, wie das mobile Arbeiten. Das würde die Pendlerströme vielleicht etwas verteilen und den Druck nehmen, die Infrastruktur immer weiter ausbauen zu müssen.

Aber vielleicht passiere gerade das Gegenteil: Dass die Menschen finden, wenn ich schon unterwegs sein muss, dann nur in meinem eigenen Auto, um so wenig wie möglich Kontakt mit anderen Menschen zu haben.

Wie sollten wir reisen?

Das wird den meisten von uns einfach fallen: weniger Businessclass fliegen, mehr Economy. Denn je mehr Menschen und Güter in einem Flugzeug, desto weniger CO2 pro Person.

Bei den Klimazielen ist der internationale Flugverkehr jedoch ausgeklammert. Sprich, weniger Fliegen ist zwar gut fürs Klima, kann aber nicht an das Ziel angerechnet werden. Denn die Staaten konnten sich nicht einigen, welches Land wie für den Flugverkehr verantwortlich gemacht werden sollte.

Tipps fürs zukünftige Reisen: Lieber an den Strand am Neuenburgersee als den in Mexiko. Weniger Kreuzfahrten: Die Wasserstrassen in Venedig scheinen sauberer zu sein, da der touristische Schiffsverkehr drastisch zurückgegangen ist. Am Zielort nicht einfach ein Auto mieten und lieber eine längere Reise pro Jahr als sechs Kurztrips.

Coronavirus

Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

Mehr
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?